Der Sachverhalt wird zur Kenntnis genommen.
Der Jugendhilfeausschuss wurde in seiner Sitzung am 18.11.2015 über die neuen gesetzlichen Regelungen im Gesetz zur Verbesserung der Unterbringung, Versorgung und Betreuung ausländischer Kinder und Jugendlicher informiert. Das Gesetz wurde am 15.10.2015 im Bundestag verabschiedet und trat am 01.11.2015 in Kraft.
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Die Ausgangslage ist dabei bekannt: belastete Jugendämter und Kommunen an den Einreiseknotenpunkten von jungen Flüchtlingen und eine massive Zunahme insbesondere in den letzten Monaten sowie prognostisch auch in der Zukunft. Das Gesetz versucht nun durch ein bundesweites Verteilungsverfahren, die Problemlage in den Grenzregionen zu entschärfen und in die „Fläche“ zu verteilen. Das Primat der Jugendhilfe bleibt dabei bestehen. Weitere Bestandteile des Gesetzentwurfes sind zudem eine Verbesserung der Datenlage in Bezug auf unbegleitete minderjährige Flüchtlinge, die nun endlich vollzogene Anhebung der Altersgrenze zur Verfahrenshandlung nach dem Aufenthalts- und Asylverfahrensgesetz von 16 auf 18 Jahren und eine Klarstellung der Inanspruchnahmevoraussetzungen von Leistungen der Kinder- und Jugendhilfe durch ausländische Kinder und Jugendliche.
Besonders relevant für die Stadt Eschweiler sind die Regelungen des neu eingefügten § 42 a SGB VIII; die sogenannte „Vorläufige Inobhutnahme von ausländischen Kindern und Jugendlichen nach unbegleiteter Einreise“ (siehe auch Anlage 1- Gesetzessynopse des Deutschen Instituts für Jugend und Familienhilfe). Durch den Dienstsitz der Bundespolizei im Stadtgebiet wird das Jugendamt Eschweiler für diese Aufgabe zuständig; die Stadt Eschweiler ist ein sogenannter Einreiseknotenpunkt.
Was bedeutet das konkret?
In einem Zeitraum von 7 Werktagen muss durch das
Jugendamt ein sogenanntes Screeningverfahren durchgeführt werden, in dem u.a.
folgendes geklärt wird (vgl. Anlage 2, Arbeitshilfe des Bundesfachverbandes
unbegleitete minderjährige Flüchtlinge e.V. zur vorläufigen Inobhutnahme):
·
Würde das
Wohl des Minderjährigen durch die Durchführung des Verteilungsverfahrens
gefährdet, im Hinblick sowohl auf die physische als auch auf die psychische
Belastung?
·
Halten
sich verwandte Personen im Inland oder im Ausland auf?
·
Erfordert
das Wohl des Minderjährigen eine gemeinsame Inobhutnahme mit Geschwistern oder
anderen unbegleiteten ausländischen Kindern oder Jugendlichen?
·
Schließt
der Gesundheitszustand des Minderjährigen die Durchführung des
Verteilungsverfahrens innerhalb von 14 Werktagen nach Beginn der vorläufigen
Inobhutnahme aus? Hierzu soll eine ärztliche Stellungnahme eingeholt werden.
Auf der Grundlage der Ergebnisse dieser
Einschätzung entscheidet dann das Jugendamt über die Anmeldung des Kindes oder
des Jugendlichen zur Verteilung oder den Ausschluss der Verteilung.
Grundsätzlich sind zudem u.a. die
Alterseinschätzung und natürlich die Unterbringung in einer passenden
Einrichtung durchzuführen. Zudem ist während der vorläufigen Inobhutnahme die
rechtliche Vertretung sicherzustellen. Diese soll organisatorisch und personell
eigenständig sein und wird daher durch die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen des
Bereiches Vormundschaften ausgeübt. Das Gesetz sieht zudem vor, dass die jungen
Flüchtlinge nach dem Abschluss des Verteilungsverfahrens zum neu zuständigen
Jugendamt durch eine insofern geeignete Person begleitet und der Fachkraft des
Jugendamtes dort übergeben werden.
Das Verteilverfahren selbst soll dann spätestens
nach einem Monat abgeschlossen sein; danach ist auch keine Umverteilung mehr
möglich. Das Jugendamt der vorläufigen Inobhutnahme bleibt dann dauerhaft
zuständig.
Änderungen sieht das Gesetz auch im Bereich der
Kostenerstattung vor; hier wird zukünftig für die Erstattungsansprüche nur noch
das jeweilige Bundesland zuständig sein. Bislang wurde der überörtliche
Kostenerstatter durch das Bundesverwaltungsamt bestimmt, was sehr
unterschiedliche Abrechnungsmodalitäten und damit hohen bürokratischen Aufwand
zur Folge hatte.
Die aktuelle Situation
Die Verteilung der unbegleiteten minderjährigen
Flüchtlinge erfolgt bundesweit nach dem sog. Königssteiner Schlüssel. Demnach
muss das Land Nordrhein-Westfalen mit Stand zum 05.01.2016 insgesamt 12.337
minderjährige unbegleitete Flüchtlinge aufnehmen. Die landesinterne Verteilung
richtet sich nach der Zahl der Einwohner in NRW (17.638.098) und ist durch die
Anzahl der minderjährigen unbegleiteten Flüchtlinge zu dividieren. Hieraus
ergibt sich mit Stand vom 05.01.2016 der landesweite Aufnahmeschlüssel von
1.430. Die Stadt Eschweiler müsste demnach 40 minderjährige Flüchtlinge
aufnehmen. Durch die Aufnahmen vor Inkrafttreten des Gesetzes werden allerdings
schon 68 minderjährige unbegleitete Flüchtlinge betreut.
Derzeit werden wöchentlich Jugendliche durch die
Bundespolizei aufgegriffen und dem Jugendamt Eschweiler übergeben, oft am
Wochenende im Rahmen des Bereitschaftsdienstes. Nach Betriebsaufnahme der
Bundespolizeiwache in Eschweiler im August 2015 wurden somit bereits ca. 60
unbegleitete, minderjährige Ausländer durch das Jugendamt Eschweiler Inobhut
genommen. Die Jugendlichen stammen oft aus Guinea, Eritrea, aber auch aus
Syrien und Afghanistan und reisten in Gruppen von bis zu 9 Personen ein. Die
Arbeitsbelastung im Jugendamt und insbesondere im Bereich der Abteilung 511 und
der Vormundschaften hat damit, wie zu erwarten war, stark zugenommen.
Problematisch ist zwischenzeitlich, dass keine
Unterbringungsmöglichkeiten in Jugendhilfeeinrichtungen mehr zur Verfügung
stehen. Teilweise sind daher Jugendliche in den Erstaufnahmeeinrichtungen
untergebracht und werden dort ambulant betreut.
Weitere Handlungsschritte
Schwerpunkt der derzeitigen Aktivitäten ist die
Schaffung neuer Unterbringungsplätze. Vor allem für den Aufgabenbereich der
vorläufigen Inobhutnahme wird derzeit intensiv zusammen mit dem Haus St. Josef,
Kinder- Jugend- und Familienhilfe an der Umsetzung eines entsprechenden
Konzeptes gearbeitet; weitere Betreuungsplätze sind zudem in Planung. In enger
Kooperation mit dem Landesjugendamt konnte inzwischen eine
Erstaufnahmeeinrichtung in der ehemaligen Kirche St. Michael zum 11.01.2016 in
Betrieb genommen werden. Zum Start stehen hier zunächst 10 Plätze für die
vorläufige Inobhutnahme zur Verfügung. Mittelfristig wird ein Ausbau auf 20
Plätze erfolgen.
Ergänzende Angaben zum Gesetz zur Verbesserung der Unterbringung, Versorgung und Betreuung ausländischer Kinder und Jugendlicher und weiterer Rahmenbedingungen erfolgen in der Ausschusssitzung.
Die Haushaltsmittel für diesen Aufgabenbereich sind im Produktsachkonto 063630101-53320800 (Aufwendungen unbegleitete minderjährige Flüchtlinge) veranschlagt. Im Haushaltsjahr 2016 wurden hierzu 2.500.000 Euro eingestellt.
Aufgrund der hohen Fallzahlen bei den neuen Aufgabenstellungen als Erstaufnahmejugendamt, die sogenannte „rechtlichen Vertretung“ und das „Erstscreening“, sowie bei den Tätigkeiten in der Betreuung der in dauerhafter Zuständigkeit stehenden minderjährigen unbegleiteten Kindern und Jugendlichen, ergibt sich ein Personalbedarf im Bereich der Amtsvormundschaften und des sozialpädagogischen Fachdienstes.