Betreff
Neuberechnung der Abwasserbeseitigungsgebühren für die Jahre 2019 bis 2022 aufgrund des Urteils des Oberverwaltungsgerichts Münster vom 17.05.2022
hier: 6. Nachtragssatzung zur Gebührensatzung zur Entwässerungssatzung der StadtEschweiler vom 13.12.2017
Vorlage
464/23
Art
Beschlussfassung öffentlich

Die als Anlage 1 beigefügte 6. Nachtragssatzung zur Gebührensatzung zur Entwässerungssatzung der Stadt Eschweiler vom 13.12.2017 wird beschlossen.

 


 

Das Oberverwaltungsgericht (OVG) Münster hat mit Urteil vom 17.05.2022 (Az.: 9 A 1019/20) die seit dem Jahr 1994 geltende, ständige Rechtsprechung zur kalkulatorischen Abschreibung und Verzinsung von langlebigen Anlagegütern im Rahmen der Kalkulation der Benutzungsgebühren aufgegeben und geändert.

Für die ausführliche Darstellung dieser geänderten Rechtsprechung wird ergänzend auf die als Anlage 2 beigefügte Verwaltungsvorlage 365/22 aus der Ratssitzung vom 26.10.2022 verwiesen. Dieses Urteil wurde zwischenzeitlich infolge der Einstellung des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens beim Bundesverwaltungsgericht rechtskräftig.

 

Das Land Nordrhein-Westfalen hat diesem Urteil mit dem am 15.12.2022 in Kraft getretenen zweiten Gesetz zur Änderung kommunalrechtlicher Vorschriften und dem hierin geänderten § 6 KAG NRW Rechnung getragen. Die Kalkulation der Abwassergebühren für das Jahr 2023 erfolgte bereits unter Berücksichtigung dieser neuen Rechtslage.

 

Für die jedoch noch nicht bestandskräftig gewordenen Gebührenbescheide vor 2023 ist eine Anwendung der geänderten KAG-Gesetzgebung nicht möglich, da die Gebühren bereits zum 01.01. des jeweiligen Jahres entstanden sind und somit vor Inkrafttreten der Neufassung des KAG.

 

Innerhalb des gesetzlich vorgeschriebenen Festsetzungszeitraumes von 4 Jahren (2019 bis 2022) wurde daher eine Neuberechnung der Gebührensätze -entsprechend den Vorgaben des o.a. OVG-Urteils- für die jeweiligen Veranlagungsjahre vorgenommen.

 

Analog zum o.a. OVG-Urteil wurde folgende Verfahrensweise bei der Neuberechnung für die Jahre 2019 bis 2022 angewendet:

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Für die Gebührenjahre 2019 bis 2022 liegen bereits entsprechende Betriebsergebnisse und damit Echt-Zahlen vor. Die Berechnung der korrigierten Gebührensätze ist daher auf der Grundlage der tatsächlichen IST-Zahlen vorzunehmen.

 

Gemäß dem OVG-Urteil besteht weiterhin ein Wahlrecht der Kommune, die kalkulatorische Abschreibung entweder auf Basis der Anschaffungs-/Herstellungswerte oder aber auf Basis der Wiederbeschaffungswerte zu berechnen. Die Stadt Eschweiler hat dieses Wahlrecht bereits vor Jahren ausgeübt und sich für die Abschreibung auf Grundlage der Wiederbeschaffungswerte entschieden.

 

Demzufolge ist nur der gleichzeitige Ansatz einer kalkulatorischen Verzinsung des Anlagevermögens zum „Realzinssatz“ (= Nominalzinssatz abzgl. Inflationsrate) zulässig. Bei der Berechnung einer einheitlichen Verzinsung von Eigen- und Fremdkapital –wie bei der Stadt Eschweiler praktiziert-  ist dann als Zinsgrundlage der 10-jährige Durchschnitt der „Emissionsrenditen für festverzinsliche Wertpapiere inländischer öffentlicher Emittenten“, bereinigt um die Inflationsrate, zulässig.

 

Die Erhebung eines –bisher zulässigen- Zinszuschlags von 0,5 % ist ausgeschlossen, wurde aber bisher von der Stadt Eschweiler ohnehin nicht erhoben.

 

Aus diesen Vorgaben ergeben sich für die Kalkulationsjahre 2019 bis 2022 die folgenden Zinssätze:

 

 

neuer Zinssatz

bisheriger Zinssatz

2019

0,35 %

5,60 %

2020

0,10 %

5,40 %

2021

-0,33 %

5,30 %

2022

-0,54 %

5,10 %

 

(Die für die Jahre 2021 und 2022 berechneten Minusprozentsätze führen zu einer Verzinsung von 0,00 €).

 

 

Die auf dieser Grundlage neuberechneten Gebührensätze haben Auswirkungen auf 47 Abgabenbescheide gegen die Widerspruch erhoben wurde sowie auf 406 Abgabenbescheide, die seit Oktober 2022 -entsprechend der Empfehlung des Städte- und Gemeindebundes- unter dem Vorbehalt der Nachprüfung (vorläufig) erlassen wurden.

Bei allen diesen noch nicht bestandskräftig gewordenen Bescheiden ist jeweils nur der Bereich der Abwasserbeseitigungsgebühren (Schmutz- und Niederschlagswasser) betroffen.

 

Bereits bestandskräftig gewordene Veranlagungen bleiben durch diese satzungsrechtliche Änderung unberührt und sie werden nicht mehr geändert. Die Rechtslage und die Rechtsprechung sind hierzu eindeutig.  In diesen Fällen entsteht kein Anspruch auf Reduzierung der Gebühren der Jahre 2019 bis 2022.

 

Wie den als Anlage 3 bis 6 beigefügten Neukalkulationen zu entnehmen ist, ergeben sich folgende neuen Gebührensätze bei den Abwasserbeseitigungsgebühren:

 

 

Gebühr SW

bisher

Gebühr SW

neu

Gebühr NW

bisher

Gebühr NW

neu

2019

2,40 €/ cbm

1,97 €/cbm

1,18 €/qm

0,84 €/qm

2020

2,42 €/cbm

1,93 €/cbm

1,17 €/qm

0,83 €/qm

2021

2,65 €/cbm

2,05 €/cbm

1,19 €/qm

0,79 €/qm

2022

2,86 €/cbm

2,28 €/cbm

1,32 €/qm

0,94 €/qm

 

SW = Schmutzwasser         NW = Niederschlagswasser

 


Die Abwasserbeseitigungsgebühren werden beim Sachkonto 43211100 -Abwasserbeseitigungsgebühren und ähnliche Entgelte- im Produkt 115380201-Entwässerung und Abwasserbeseitigung- verbucht.

Die sich durch die Korrektur der Gebührensätze ergebenden Erstattungen an die Gebührenpflichtigen bzw. die Reduzierungen der Gebührenforderungen gehen zu Lasten des allgemeinen Haushaltes und können nicht im Rahmen des Ausgleichs von Über-/Unterdeckungen nach § 6 Abs. 4 KAG NRW refinanziert werden. Die genaue Höhe dieser Belastung lässt sich erst nach Erstellung der Änderungsbescheide auswerten.

 


Die Korrektur der Berechnungen und der Grundbesitzabgabenbescheide bindet Personal im Bereich der Finanzbuchhaltung.