Betreff
Verbesserungen im Radwegenetz
hier: Antrag der SPD-Fraktion und der Fraktion Bündnis90/Die Grünen vom 10.11.2021
Vorlage
109/22
Art
Beschlussfassung öffentlich

 

1.         Das Ergebnis der Betrachtung aller lichtsignalisierten Kontenpunkte hinsichtlich der Möglichkeit zur Schaffung von Fahrradaufstellflächen wird zur Kenntnis genommen.

 

2          Die Ausführungen bzgl. der Identifizierung potentiell gefährlicher Kreuzungen werden zur Kenntnis           genommen.

 

3.         Die Verwaltung wird beauftragt, eine alternative Radwegeführung über Kochsgasse und Englerthstraße hinsichtlich der hiervon zu erwartenden Verbesserung der Sicherheit für Radfahrer zu überprüfen.

 

4.         Die Verwaltung wird beauftragt, die in Anlage 5 dargestellte Trasse C als Radwegeverbindung zwischen Stolberg-Werth und Eschweiler-Hastenrath planerisch weiter zu verfolgen und hierzu Fördermittel zu beantragen.

 


 

Ausgangslage

 

Im gemeinsamen Antrag der Fraktionen SPD und Bündnis90/Die Grünen vom 10.11.2021 (vgl. Anlage 1) wurden diverse Aspekte zur Erzielung von Verbesserungen im Radwegenetz aufgeführt. Ziel des Antrags ist es sowohl die Sicherheit als auch die Attraktivität des Radverkehrs zu steigern. Hierzu wurden vier Themenfelder benannt, zu jedem Themenfeld wurde bereits eine Beschlussempfehlung formuliert:

 

  1. Die Verwaltung wird beauftragt, gemeinsam mit eventuell zu beteiligenden Straßenbau-lastträgern, Kreuzungen mit Ampelanlagen zu identifizieren, an denen sogenannte Fahrradaufstellflächen geeignet und sinnvoll erscheinen, um Radfahren in Eschweiler attraktiver und sicherer zu machen.

 

Im Gebiet der Stadt Eschweiler existieren momentan 45 signalisierte Knotenpunkte (vgl. Anlage 2ff.), die Lichtsignalanlagen befinden sich entweder in der Baulast des Landesbetriebes Straßenbau Nordrhein-Westfalen (Bundes- und Landesstraßen), der StädteRegion Aachen (Kreisstraße) oder der Stadt Eschweiler (Gemeinde-straßen).

Die in Rede stehenden Aufstellflächen können bei der Führung des Radverkehrs auf der Fahrbahn Anwendung finden. Bei auf Nebenanlagen geführten, d.h. baulich durch Bordanlagen oder Grünstreifen von der Fahrbahn getrennten Radwegen sind derartige Aufstellflächen meist nicht erforderlich, da sie i.d.R. separat signalisiert sind.

Nach Auffassung des Fachamtes bedürfen insgesamt acht signalisierte Knotenpunkte einer näheren Betrachtung hinsichtlich der Schaffung von markierten Aufstellflächen im Fahrbahnbereich. Es handelt sich um die Knoten-Nrn. K 2, K 5, K 11, K 14, K 20, K 21, K 25, K 30 (vgl. Anlage 2). Von diesen Knotenpunkten sollen fünf (K 11,

K 14, K 20, K 21, K 25) ohnehin im Zuge der Umsetzung des Mobilitätskonzeptes „EsKliMo“ überplant werden, da sie sich im Verlauf einer geplanten Radroute befinden.

Nach Ansicht des Fachamtes bedürfen demnach zusätzlich drei Knotenpunkte (K 2, K 5, K 30) einer Betrachtung, inwiefern hier durch Fahrradaufstellflächen eine Verbesserung der Verkehrssicherheit erreicht werden kann. Bezüglich des Knotenpunktes K 5 – Nordstraße/Indestraße/Langwahn wird zudem auf die Ausführungen zu Punkt 3 verwiesen.

 

 

  1. Die Verwaltung wird beauftragt, potenziell besonders gefährliche Kreuzungen mit Abbiegeverkehr zu identifizieren und geeignete Maßnahmen vorzuschlagen, um den toten Winkel bei abbiegenden Fahrzeugen, vor allem Bussen und LKW, besser einsehbar zu machen. Mögliche Lösungen könnten Spiegel sein, ggf. kommen aber auch andere Verbesserungen in Kreuzungsbereichen in Betracht.

 

Der aktuellen Unfallstatistik für 2021 ist zu entnehmen, dass im letzten Jahr 10 Pedelecfahrer und 34 Fahrradfahrer in Eschweiler verunglückten.[1] Ein Rückschluss, ob es sich hierbei um Abbiegeunfälle an Kreuzungen handelt, lassen die vorliegenden Daten nicht zu. Aus den Sitzungen der Unfallkommission heraus sind aktuell keine Abbiegeunfälle mit Radfahrern bekannt. Gleichwohl wird die Angelegenheit nochmals mit der Polizei erörtert, so dass ggf. auch ohne eine Unfallhäufung etwaige Gefahrenpunkte identifiziert werden können. Dies ist mit einem erheblichen Auswertungsaufwand seitens der Polizei verbunden, so dass diese Prüfung vermutlich einige Zeit in Anspruch nehmen wird.

Da auf dieser Ebene momentan nicht ausreichend detaillierte Daten zur Verfügung stehen, musste auf Zahlen aus dem Jahr 2019 für die Bundesrepublik Deutschland zurückgegriffen werden. Im Jahr 2019 kamen im Straßenverkehr in Deutschland 3.046 Menschen ums Leben, über 65.000 wurden schwer und fast 319.000 leicht verletzt. [2] Rund die Hälfte der Unfälle mit Personenschaden geschieht an Kreuzungen, Einmündungen und Grundstückszufahrten, innerorts sogar 58%. Nur etwa 28% dieser Unfälle geschehen an Knotenpunkten mit Lichtsignalanlagen. Der überwiegende Anteil der Unfälle an Kreuzungen/Einmündungen/Zufahrten sind Unfälle beim Abbiegen (25%) und Unfälle beim Einbiegen/Kreuzen (42%). Diese Unfälle machen rund ein Drittel aller Unfälle mit Personenschaden in Deutschland aus und ereignen sich zu 80% innerorts.[3]

Die Hauptursache dieser Unfälle ist das Nichtbeachten von Vorfahrt regelnden Verkehrszeichen, allerdings weist auch die Infrastruktur immer wieder Mängel auf, die unfallrelevantes Fehlverhalten fördern kann. Hierzu gehören u.a. große Abbiegeradien die hohe Geschwindigkeiten beim Abbiegen fördern und insbesondere schlechte Sichtverhältnisse zwischen Kraftfahrzeugen und Radverkehr.

An dieser Stelle können ggf. Spiegel oder auch andere Kreuzungsgeometrien zu einer Verbesserung der Verkehrssicherheit führen. Ein möglicher Lösungsansatz könnte die so genannte „Niederländische Kreuzung (Geschützte Kreuzung)“ sein (vgl. Anlage 3). Dieser Kreuzungsentwurf soll die Sichtbeziehungen zwischen den Verkehrsteilnehmer verbessern und durch enge Radien die Geschwindigkeiten der abbiegenden Fahrzeuge reduzieren. Momentan liegen allerdings noch keine belastbaren Daten vor, ob durch diesen Kreuzungsentwurf ein erhöhtes Maß an Sicherheit erreicht werden kann. Die „Niederländische Kreuzung“ wird indes sehr unterschiedlich bewertet, während der ADFC diese Entwicklung ausdrücklich begrüßt (ADFC - Kreuzungsdesign aus den Niederlanden) äußert sich der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft hierzu deutlich skeptischer (Kreuzungen nach niederländischem Vorbild verschlechtert Sicht für LKW (udv.de).). Die Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen (FGSV) hingegen hat sich noch keine abschließende Meinung hierzu gebildet und lediglich ein Ad-Hoc-Arbeitspapier zu sogenannten „geschützten Kreuzungen“ veröffentlicht. Diese auch als „Wissensdokumente“ bezeichneten Veröffentlichungen sind als Informations- und Arbeitshilfen zu verstehen. Es wurde, meist aufgrund fehlender Erfahrungen oder Daten, noch keine abschließende Beurteilung zum Thema vorgenommen.

Auch wenn sich zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht abschließend beurteilen lässt, ob die „Niederländische Kreuzung“ tatsächlich zu einer Erhöhung der Verkehrssicherheit führen kann, so ist doch bereits anhand der Systemskizzen erkennbar, dass der Flächenbedarf dieser Kreuzungsform sehr hoch ist. Diese Flächen stehen jedoch meist im Bestand gar nicht zur Verfügung, so dass sie eher im Neubau oder beim Umbau von überdimensionierten Knotenpunkten zum Einsatz kommen könnte.

 

 

3         Die Verwaltung wird beauftragt, mit dem Landesbetrieb Straßenbau Nordrhein-Westfalen Gespräche über die Einrichtung von Fahrradaufstellflächen insbesondere an der Kreuzung Indestraße / Langwahn / Nordstraße sowie der Einmündung Indestraße / Kochsgasse aufzunehmen und eine zügige Umsetzung der Maßnahme anzuregen.

 

Die L 223 - Indestraße verfügt auf dem Abschnitt zwischen den Einmündungen Langwahn und Kochsgasse über eine Fahrbahnbreite von ca. 17,50 m, diese teilt sich in fünf Fahrstreifen zu jeweils ca 3,00 m für den motorisierten Individualverkehr sowie zwei „Radschutzstreifen“ an den Fahrbahnrändern mit jeweils einer Breite von unter 1,25 m auf. Die vorhandene Breite der Radschutzstreifen ist unzureichend, hier ist eine Breite von mindestens 1,50 m anzustreben, zumal das heutige Maß von 1,25 m die Rinne und die Straßenabläufe beinhaltet. Die Schaffung von Fahrradaufstellflächen sowie ausreichend dimensionierter Radschutzstreifen ist demnach nur zu Lasten des MiV möglich, d.h. es müsste eine Reduzierung von fünf auf vier Fahrstreifen erfolgen.

Der Landesbetrieb Straßenbau Nordrhein-Westfalen wurde im letzten Jahr seitens der Stadt Eschweiler im Zuge der momentan ausgesetzten Planungen zur Indepromenade auch bzgl. des in Rede stehenden Bereichs beteiligt. Die vorliegende Planung der Planungsgruppe MWM-Gietemann sieht hier momentan eine alternative Radwegeführung vor. Diese wurde bereits im Planungs-, Umwelt- und Bauausschuss am 04.03.2021 präsentiert. Die Führung des Radverkehrs erfolgt nicht auf der zz. fünfstreifigen Landesstraße (vgl. Anlage 4, Route A), sondern über die Brücke Kochsgasse in die Englerthstraße und von dort in Richtung Langwahn bzw. Dechant-Deckers-Straße (Route B).

Nach Auffassung des Fachamtes sollte diese Alternative, auch unabhängig von einer etwaigen Realisierung der Indepromenade, in die weiteren Betrachtungen zur möglichen Verbesserungen des Radverkehrs am o.a. Knotenpunkt einbezogen werden.

 

  1. Die Verwaltung wird beauftragt, die Planung eines Radweges von der Kreuzung „Vier Wege“ in Stolberg-Werth bis zu den Ortseingängen von Hastenrath oder Scherpenseel zu forcieren und für die Umsetzung Fördermittel beim Bund bzw. beim Land zu beantragen.

 

Radwege entlang von Landesstraßen (vgl. Anlage 5, Route A) fallen in die Zuständigkeit des Landesbetriebs Straßenbau Nordrhein-Westfalen, hierzu kann seitens der Stadt Eschweiler weder eine Planung noch die Beantragung von Fördermitteln erfolgen. In Anbetracht der Geländetopographie, der Linienführung der Landesstraße und der Geometrie des Straßenraums am Ortseingang Hastenrath ist diese Radwegeführung hinsichtlich der Verkehrssicherheit problematisch. Von Stolberg kommend verschwenkt die Fahrbahn der Landesstraße nach links, zudem weist die Straße unmittelbar zum Ortseingang Hastenrath hin ein stärkeres Gefälle auf, dies führt zu eingeschränkten Sichtverhältnissen. Schließlich ist unmittelbar am Ortseingang eine Engstelle, der eine Führung des Radwegs auf die Fahrbahn zusätzlich erschwert.

Eine Radwegeführung entlang der Scherpenseeler Straße in Richtung des Ortseingangs Scherpenseel (Route B) erscheint mit Blick auf die geringe Verkehrsbelastung dieser Straße nicht erforderlich

Im letzten Jahr gab es auf der Ebene der Tiefbauämter der Städte Stolberg und Eschweiler bereits eine Vorabstimmung hinsichtlich einer, die Stadtgrenze übergreifende, Radwegeplanung zwischen Werth und Hastenrath. Auslöser dieser Gespräche war eine Planung der Stadt Stolberg bzgl. eines Radweges zwischen Gressenich und Werth. Aufbauend auf dieser in Anlage 5 rot dargestellten Trasse wird seitens des Fachamtes die Trasse C zwischen Werth und Hastenrath favorisiert. Diese Trasse verläuft abseits der Landesstraße 11 über bereits vorhandene Wirtschaftswege in Richtung Albertstraße und bietet somit eine sichere Verkehrsführung der kfz-belasteten Straßen und schließt an einem im EsKliMo ausgewiesenen Streckenabschnitt an.

 



[1] Quelle: Eschweiler Nachrichten (Unfallstatistik für Eschweiler und Stolberg, 15.03.2022)

[2] Quelle: Verkehrsunfälle 2019, DESTATIS

[3] Quelle: Unfallforschung der Versicherer


Für die Umsetzung des EsKliMo stehen bei dem bei Produkt 125410101 – Gemeindestraßen geführten Sachkonto 09110002, IV 19AIB009 Finanzmittel zur Verfügung. Vorbehaltlich der Beschlussfassung zu Punkt 4: „Radweg zwischen Stolberg-Werth und Eschweiler-Hastenrath“ erfolgt seitens des Fachamtes eine Veranschlagung von Finanzmitteln zur Realisierung dieser Verbindung für die Haushaltsjahre 2023ff.

 


Die Umsetzung des Mobilitätskonzeptes „EsKliMo“ bindet Arbeitskraft bei der Abteilung für Straßenbau und Verkehr.