Betreff
Informationsvorlage zur Ermittlung und Zuordnung von Kompensationsmaßnahmen
Vorlage
290/21
Art
Kenntnisgabe öffentlich

Die nachstehende Sitzungsvorlage soll dem besseren Verständnis der Systematik in der Ermittlung und Zuordnung von Kompensationsmaßnahmen und somit auch des Kompensationsflächenkatasters der städtischen Liegenschaften dienen. Der dargestellte Sachverhalt wird zur Kenntnis genommen.

 


In seiner Sitzung vom 17.06.2021 hat der Planungs-, Umwelt- und Bauausschuss den aktuellen Stand des Kompensationsflächenkatasters der städt. Liegenschaften zur Kenntnis genommen. Zur näheren Erläuterung erfolgt im Folgenden ein kurzer Abriss der Verfahrensweise hinsichtlich der Ermittlung, der Zuordnung und der Finanzierung von Kompensationsmaßnahmen.

 

Eingriffe in Natur und Landschaft im Sinne des § 14 (1) des Bundesnaturschutzgesetzes (BNatSchG) sind Veränderungen der Gestalt oder Nutzung von Grundflächen oder Veränderungen des mit der belebten Bodenschicht in Verbindung stehenden Grundwasserspiegels, die die Leistungs- und Funktionsfähigkeit des Naturhaushalts oder das Landschaftsbild erheblich oder nachhaltig beeinträchtigen können (z.B. Versiegelung von Flächen, Zerstörung von Biotopstrukturen durch Nutzungsänderung).

 

In § 18 BNatSchG ist das Verhältnis zum Baurecht geregelt. Sind auf Grund der Aufstellung, Änderung, Ergänzung oder Aufhebung von Bauleitplänen oder von Satzungen nach § 34 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 des Baugesetzbuches Eingriffe in Natur und Landschaft gemäß Bundesnaturschutzgesetz zu erwarten, so ist über die Vermeidung, den Ausgleich und den Ersatz nach den Vorschriften des Baugesetzbuches zu entscheiden (§ 18 (1) BNatSchG). Als Sammelbegriff für den Ausgleich und den Ersatz steht die Kompensation. Hierbei bedeutet Ausgleich die Umsetzung gleichartiger Maßnahmen im räumlichen Zusammenhang. Als Ersatzmaßnahmen werden in der Regel nicht funktionale, aber „gleichwertige“ Maßnahmen im räumlichen Zusammenhang bzw. auch in Einzelfällen nicht im räumlichen Zusammenhang bezeichnet. Ersatzmaßnahmen sind nach dem BNatSchG zumindest im gleichen Naturraum umzusetzen in dem der Eingriff erfolgte oder geplant ist.

Das Stadtgebiet von Eschweiler liegt innerhalb von zwei naturräumlichen Großlandschaften. Der nördliche Teil des Stadtgebietes ist der naturräumlichen Großlandschaft „Niederrheinische Bucht“ mit den Haupteinheiten „Jülicher Börde“ und „Zülpicher Börde“ zuzuordnen; die Flächen etwa südlich der Bahnlinie zählen bereits zur naturräumlichen Großeinheit „Eifel und Siebengebirge“ mit den Haupteinheiten „Vennfussfläche“ und „Aachener Hügelland“. Daher ist es wichtig, auch in beiden in Eschweiler betroffenen naturräumlichen Großlandschaften geeignete Kompensationsflächen bzw. -maßnahmen vorzuhalten.

 

Die Beurteilung, ob bzw. in welchem Maße Eingriffe in Natur und Landschaft ermöglicht werden, erfolgt im Rahmen eines landschaftspflegerischen Fachbeitrages oder landschaftspflegerischen Begleitplans (Planfeststellungsverfahren). Hier wird zunächst eine Bestandsaufnahme der ökologischen und landschaftlichen Gegebenheiten durchgeführt und die ökologische Wertigkeit der vorhandenen Biotope ermittelt. Als zweiter Schritt erfolgt die Erfassung der Auswirkungen des Eingriffs und mögliche Weiterentwicklung der Planungen im Hinblick auf Verbesserungen für den Naturhaushalt und das Landschaftsbild (Berücksichtigung des Vermeidungsgebotes). Der letztendlich verbleibende Eingriff ist durch geeignete Maßnahmen der Landschaftspflege und des Naturschutzes zu kompensieren.

 

Die Bevorratung von möglichen Kompensationsflächen (Flächenpool) und die Umsetzung vorgezogener Kompensationsmaßnahmen auf diesen Flächen (Ökokonto) gehören aus Sicht der Stadt zu den wichtigen Instrumenten der Eingriffsregelung, da hierdurch eine gewisse Flexibilität gewährleistet ist. Auch für diese vorgezogenen Kompensationsmaßnahmen muss vorab ein landschaftspflegerischer Fachbeitrag in der oben beschriebenen Weise erarbeitet werden. Hier wird dann jedoch nicht der durch einen Eingriff verursachte ökologische Wertverlust ermittelt, sondern der durch geeignete Maßnahmen des Naturschutzes und der Landschaftspflege zu erreichende ökologische Wertgewinn nach einer Entwicklungsdauer von ca. 30 Jahren. Die geplanten Maßnahmen orientieren sich dabei an den im Umfeld der Kompensationsfläche vorhandenen landschaftstypischen Grünstrukturen und Biotopverbundelementen. Eine Abstimmung der Maßnahmen mit der Unteren Naturschutzbehörde und deren Zustimmung zum landschaftspflegerischen Fachbeitrag ist erforderlich.

 

Zur Vergleichbarkeit der Eingriffs- und Kompensationsbilanzen wurden verschiedene objektiv nachvollziehbare und landesweit anwendbare Standards zur Beurteilung von Eingriffen und deren Kompensation entwickelt. In Abstimmung mit der Unteren Naturschutzbehörde der StädteRegion hat sich die Stadt Eschweiler bei der Einrichtung des Ökokontos auf das standardisierte Bewertungsverfahren von Dankwart Ludwig/Holger Meinig „Methode zur ökologischen Bewertung von Biotoptypen“ festgelegt. Das hier vorgegebene Punktesystem für die ökologisch bedeutsamen Kriterien orientiert sich zunächst einmal an den verschiedenen Naturräumen und kann durch eine Feinjustierung auf den tatsächlich vorhandenen Zustand bzw. die örtlichen Gegebenheiten abgestimmt werden. Eine Vergleichbarkeit der letztendlich aus der Bewertung resultierenden „Ökopunkte“ mit den vorhandenen Punkten des Ökokontos ist daher jederzeit möglich.

 

Grundsätzlich werden jedoch über das Ökokonto keine Punkte, sondern einzelne Maßnahmen zugeordnet. Sobald der Kompensationsbedarf für einen verursachten oder planerisch vorbereiteten (z.B. Bauleitplanung, konkrete Baumaßnahme) Eingriff in Natur und Landschaft feststeht, wird bei städtischen Maßnahmen eine Zuordnung zu bereits umgesetzten Kompensationsmaßnahmen geprüft. Hierbei werden bevorzugt Maßnahmen herangezogen, die zumindest annähernd einen Ausgleich darstellen könnten. Da die potentiellen Kompensationsflächen der Stadt begrenzt sind, ist das Ökokonto auch in erster Linie zur Kompensation der seitens der Stadt verursachten Eingriffe in Natur und Landschaft vorgesehen. Bei Planungen Dritter sind zunächst seitens des Vorhabenträgers geeignete Kompensationsflächen bzw. -maßnahmen zu prüfen. Eine Abwicklung über das Ökokonto der Stadt Eschweiler kommt nur dann in Betracht, wenn nachweislich keine Umsetzung der erforderlichen Kompensationsmaßnahmen auf geeigneten Flächen Dritter möglich ist.

 

Zur Abrechnung der zugeordneten Maßnahmen mit Dritten werden die Vorgaben der „Satzung der Stadt Eschweiler zur Erhebung von Kostenerstattungsbeträgen nach §§ 135a-135c BauGB“ vom 21.11.2002 herangezogen. Diese Satzung legt den Umfang und die Ermittlung der erstattungsfähigen Kosten fest. Dabei setzen sich die Kosten aus der erstmaligen Herstellung, einer je nach Maßnahme erforderlichen unterschiedlich langen Entwicklungspflege und nicht zuletzt dem Aufwand für den Grunderwerb zusammen. Da diese Kosten periodisch variieren und auch einer allgemeinen Preissteigerung unterworfen sind, ist die Festlegung eines Durchschnittspreises sehr schwierig und deren Gültigkeit ggfls. nur von kurzer Dauer. Daher stellen die letztendlich für den Eingriffsverursacher entstehenden Kosten keine feste Summe je Ökopunkt dar, sondern werden anhand des tatsächlich für die zugordnete Maßnahme entstandenen Aufwands berechnet. Die Refinanzierung der entstandenen Kosten erfolgt dann entweder unmittelbar über einen Bescheid nach der angeführten Satzung oder über einen städtebaulichen Vertrag.

 


Die über die Refinanzierung der Kompensationsmaßnahmen zu vereinnahmenden Mittel werden unter dem Produkt 135540101, Sachkonto 4487000 „Erstattung private Unternehmen“ verbucht. Die Mittel sind zweckgebunden und werden über das Sachkonto 52419650 „Ausgleichsmaßnahmen“ im Produkt 135540101 wiederum zur Umsetzung von Ausgleichsmaßnahmen eingesetzt.

 


Die Ermittlung, Planung, Umsetzung und Überwachung von Kompensationsmaßnahmen binden personelle Kapazitäten in der Abteilung 662 Freiraum und Grünordnung.