Die nachstehende Sitzungsvorlage
soll dem besseren Verständnis der Systematik in der Ermittlung und Zuordnung
von Kompensationsmaßnahmen und somit auch des Kompensationsflächenkatasters der
städtischen Liegenschaften dienen. Der dargestellte Sachverhalt wird zur
Kenntnis genommen.
In seiner Sitzung vom 17.06.2021
hat der Planungs-, Umwelt- und Bauausschuss den aktuellen Stand des
Kompensationsflächenkatasters der städt. Liegenschaften zur Kenntnis genommen.
Zur näheren Erläuterung erfolgt im Folgenden ein kurzer Abriss der Verfahrensweise
hinsichtlich der Ermittlung, der Zuordnung und der Finanzierung von
Kompensationsmaßnahmen.
Eingriffe in Natur und Landschaft im Sinne des § 14 (1) des Bundesnaturschutzgesetzes (BNatSchG) sind Veränderungen der Gestalt oder Nutzung von Grundflächen oder Veränderungen des mit der belebten Bodenschicht in Verbindung stehenden Grundwasserspiegels, die die Leistungs- und Funktionsfähigkeit des Naturhaushalts oder das Landschaftsbild erheblich oder nachhaltig beeinträchtigen können (z.B. Versiegelung von Flächen, Zerstörung von Biotopstrukturen durch Nutzungsänderung).
In § 18 BNatSchG ist das Verhältnis zum Baurecht geregelt. Sind auf Grund der Aufstellung, Änderung, Ergänzung oder Aufhebung von Bauleitplänen oder von Satzungen nach § 34 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 des Baugesetzbuches Eingriffe in Natur und Landschaft gemäß Bundesnaturschutzgesetz zu erwarten, so ist über die Vermeidung, den Ausgleich und den Ersatz nach den Vorschriften des Baugesetzbuches zu entscheiden (§ 18 (1) BNatSchG). Als Sammelbegriff für den Ausgleich und den Ersatz steht die Kompensation. Hierbei bedeutet Ausgleich die Umsetzung gleichartiger Maßnahmen im räumlichen Zusammenhang. Als Ersatzmaßnahmen werden in der Regel nicht funktionale, aber „gleichwertige“ Maßnahmen im räumlichen Zusammenhang bzw. auch in Einzelfällen nicht im räumlichen Zusammenhang bezeichnet. Ersatzmaßnahmen sind nach dem BNatSchG zumindest im gleichen Naturraum umzusetzen in dem der Eingriff erfolgte oder geplant ist.
Das Stadtgebiet von Eschweiler liegt innerhalb von zwei naturräumlichen Großlandschaften. Der nördliche Teil des Stadtgebietes ist der naturräumlichen Großlandschaft „Niederrheinische Bucht“ mit den Haupteinheiten „Jülicher Börde“ und „Zülpicher Börde“ zuzuordnen; die Flächen etwa südlich der Bahnlinie zählen bereits zur naturräumlichen Großeinheit „Eifel und Siebengebirge“ mit den Haupteinheiten „Vennfussfläche“ und „Aachener Hügelland“. Daher ist es wichtig, auch in beiden in Eschweiler betroffenen naturräumlichen Großlandschaften geeignete Kompensationsflächen bzw. -maßnahmen vorzuhalten.
Die Beurteilung, ob bzw. in welchem Maße Eingriffe in Natur und Landschaft ermöglicht werden, erfolgt im Rahmen eines landschaftspflegerischen Fachbeitrages oder landschaftspflegerischen Begleitplans (Planfeststellungsverfahren). Hier wird zunächst eine Bestandsaufnahme der ökologischen und landschaftlichen Gegebenheiten durchgeführt und die ökologische Wertigkeit der vorhandenen Biotope ermittelt. Als zweiter Schritt erfolgt die Erfassung der Auswirkungen des Eingriffs und mögliche Weiterentwicklung der Planungen im Hinblick auf Verbesserungen für den Naturhaushalt und das Landschaftsbild (Berücksichtigung des Vermeidungsgebotes). Der letztendlich verbleibende Eingriff ist durch geeignete Maßnahmen der Landschaftspflege und des Naturschutzes zu kompensieren.
Die Bevorratung von möglichen Kompensationsflächen (Flächenpool) und die Umsetzung vorgezogener Kompensationsmaßnahmen auf diesen Flächen (Ökokonto) gehören aus Sicht der Stadt zu den wichtigen Instrumenten der Eingriffsregelung, da hierdurch eine gewisse Flexibilität gewährleistet ist. Auch für diese vorgezogenen Kompensationsmaßnahmen muss vorab ein landschaftspflegerischer Fachbeitrag in der oben beschriebenen Weise erarbeitet werden. Hier wird dann jedoch nicht der durch einen Eingriff verursachte ökologische Wertverlust ermittelt, sondern der durch geeignete Maßnahmen des Naturschutzes und der Landschaftspflege zu erreichende ökologische Wertgewinn nach einer Entwicklungsdauer von ca. 30 Jahren. Die geplanten Maßnahmen orientieren sich dabei an den im Umfeld der Kompensationsfläche vorhandenen landschaftstypischen Grünstrukturen und Biotopverbundelementen. Eine Abstimmung der Maßnahmen mit der Unteren Naturschutzbehörde und deren Zustimmung zum landschaftspflegerischen Fachbeitrag ist erforderlich.
Zur Vergleichbarkeit der
Eingriffs- und Kompensationsbilanzen wurden verschiedene objektiv
nachvollziehbare und landesweit anwendbare Standards zur Beurteilung von
Eingriffen und deren Kompensation entwickelt. In Abstimmung mit der Unteren
Naturschutzbehörde der StädteRegion hat sich die Stadt Eschweiler bei der
Einrichtung des Ökokontos auf das standardisierte Bewertungsverfahren von
Dankwart Ludwig/Holger Meinig „Methode
zur ökologischen Bewertung von Biotoptypen“ festgelegt. Das hier vorgegebene
Punktesystem für die ökologisch bedeutsamen Kriterien orientiert sich zunächst
einmal an den verschiedenen Naturräumen und kann durch eine Feinjustierung auf
den tatsächlich vorhandenen Zustand bzw. die örtlichen Gegebenheiten abgestimmt
werden. Eine Vergleichbarkeit der letztendlich aus der Bewertung resultierenden
„Ökopunkte“ mit den vorhandenen Punkten des Ökokontos ist daher jederzeit
möglich.
Grundsätzlich werden jedoch über das Ökokonto keine Punkte, sondern
einzelne Maßnahmen zugeordnet. Sobald der Kompensationsbedarf für einen
verursachten oder planerisch vorbereiteten (z.B. Bauleitplanung, konkrete
Baumaßnahme) Eingriff in Natur und Landschaft feststeht, wird bei städtischen
Maßnahmen eine Zuordnung zu bereits umgesetzten Kompensationsmaßnahmen geprüft.
Hierbei werden bevorzugt Maßnahmen herangezogen, die zumindest annähernd einen
Ausgleich darstellen könnten. Da die potentiellen Kompensationsflächen der
Stadt begrenzt sind, ist das Ökokonto auch in erster Linie zur Kompensation der
seitens der Stadt verursachten Eingriffe in Natur und Landschaft vorgesehen.
Bei Planungen Dritter sind zunächst seitens des Vorhabenträgers geeignete
Kompensationsflächen bzw. -maßnahmen zu prüfen. Eine Abwicklung über das Ökokonto
der Stadt Eschweiler kommt nur dann in Betracht, wenn nachweislich keine
Umsetzung der erforderlichen Kompensationsmaßnahmen auf geeigneten Flächen
Dritter möglich ist.
Zur Abrechnung der zugeordneten Maßnahmen mit Dritten werden die
Vorgaben der „Satzung der Stadt Eschweiler zur Erhebung von
Kostenerstattungsbeträgen nach §§ 135a-135c BauGB“ vom 21.11.2002 herangezogen.
Diese Satzung legt den Umfang und die Ermittlung der erstattungsfähigen Kosten
fest. Dabei setzen sich die Kosten aus der erstmaligen Herstellung, einer je
nach Maßnahme erforderlichen unterschiedlich langen Entwicklungspflege und
nicht zuletzt dem Aufwand für den Grunderwerb zusammen. Da diese Kosten
periodisch variieren und auch einer allgemeinen Preissteigerung unterworfen
sind, ist die Festlegung eines Durchschnittspreises sehr schwierig und deren
Gültigkeit ggfls. nur von kurzer Dauer. Daher stellen die letztendlich für den
Eingriffsverursacher entstehenden Kosten keine feste Summe je Ökopunkt dar,
sondern werden anhand des tatsächlich für die zugordnete Maßnahme entstandenen
Aufwands berechnet. Die Refinanzierung der entstandenen Kosten erfolgt dann
entweder unmittelbar über einen Bescheid nach der angeführten Satzung oder über
einen städtebaulichen Vertrag.
Die über die Refinanzierung der Kompensationsmaßnahmen zu
vereinnahmenden Mittel werden unter dem Produkt 135540101, Sachkonto 4487000
„Erstattung private Unternehmen“ verbucht. Die Mittel sind zweckgebunden und
werden über das Sachkonto 52419650 „Ausgleichsmaßnahmen“ im Produkt 135540101
wiederum zur Umsetzung von Ausgleichsmaßnahmen eingesetzt.
Die Ermittlung,
Planung, Umsetzung und Überwachung von Kompensationsmaßnahmen binden personelle
Kapazitäten in der Abteilung 662 Freiraum und Grünordnung.