hier: Grundsatzbeschluss
Die Verwaltung wird
beauftragt,
1. das Konzept für das ressourcen-, kreislaufgerechte und damit
klimaschutzeffiziente Bauen (Faktor X - Konzept) in Eschweiler kontinuierlich
weiter zu entwickeln,
2. bei allen neuen städtebaulichen Entwicklungen in Eschweiler auf eine
ressourcen-, kreislaufgerechte und damit klimaschutzeffiziente Entwicklung
hinzuwirken, und dabei jeweils zu prüfen, inwieweit nach wirtschaftlicher,
ökologischer und technischer Bewertung das Faktor X - Konzept als Maßstab für
eine nachhaltige Umsetzung zu Grunde gelegt und angewendet werden kann,
3. alle neuen Wohngebiete in Eschweiler auf städtischen Flächen oder
auf Flächen, bei denen die Stadt Miteigentümerin ist, nur noch nach dem Faktor
X - Konzept zu entwickeln und umzusetzen,
4. bei Planungen und Entwicklungen von neuen Wohngebieten privater
Dritter im Rahmen ihrer planungshoheitlichen Aufgaben darauf hinzuwirken, dass
auch diese, nach Abwägung aller wirtschaftlichen, ökologischen und technischen
Aspekte, nach den Kriterien des Faktor X - Konzeptes entwickelt und umgesetzt
werden sowie
5. alle neu zu errichtenden und wesentlich zu sanierenden bzw. zu
erweiternden städtischen Gebäude (auch die ihrer kommunalen Unternehmen), nach
Abwägung aller wirtschaftlichen, ökologischen und technischen Aspekte, nach dem
Faktor X - Konzept zu entwickeln und umzusetzen.
Die Stadt Eschweiler ist bereits seit 2011 maßgeblich und gemeinsam mit
der Faktor X – Agentur in der Entwicklungsgesellschaft indeland mbH an der
kontinuierlichen Entwicklung des „Faktor X – Konzeptes für das ressourcen-,
kreislaufgerechte und damit klimaschutzeffiziente Bauen“ beteiligt. Als ersten
Baustein dieses innovativen und bis dahin einzigartigen Ansatzes zur deutlichen
Reduzierung des Ressourcen- und Energieverbrauchs sowie der
Treibhausgasemissionen (THG) im Bausektor hat die Stadt gemeinsam mit ihren
Partnern das Wohngebiet „Neue Höfe Dürwiß“ erfolgreich entwickelt und
umgesetzt. Damit wurde ein wesentlicher Beitrag zum Klimaschutz geleistet. So
konnten dort mit der alternativen Bebauung nach dem Faktor X - Konzept
insgesamt rund 40.000 t nicht nachwachsende Ressourcen, ca. 70.000 MWh
Primärenergie sowie rund 12.000 t THG gegenüber einer konventionellen Bauweise
eingespart werden. Diese Bilanz verdeutlicht das enorme Potenzial zur
Einsparung von Ressourcen und Energie sowie zur Vermeidung von THG-Emissionen
im Bausektor. Dieser ist für rund ein Drittel aller THG-Emissionen, rund 40%
des Ressourcenverbrauchs und 60% des Abfallaufkommens in Deutschland, und im
annähernden Maße auch weltweit, verantwortlich.
Diese Klima- und Ressourcenschutz-Strategie der Stadt Eschweiler ist
fester Bestandteil der strategischen nachhaltigen Stadtentwicklung und basiert
auf Konzepten, die vom Rat der Stadt Eschweiler bereits beschlossen wurden. Das
sind insbesondere
-
das vom
Rat am 24.06.2014 beschlossene Integrierte Klimaschutzkonzept IKSK
(VV 338/12 und VV 080/14); hier als kommunenspezifische Maßnahme Komm1
„Klimaschutz vor Ort: als integrierte Stadtentwicklung verankern“,
-
die
erste vom Rat am 18.12.2018 beschlossene Nachhaltigkeitsstrategie der
Stadt Eschweiler (VV 162/18); hier als Maßnahme ResUmw-1.2.1 im Themenfeld
„Natürliche Ressourcen und Umwelt“ sowie
-
das vom
Rat am 06.11.2019 beschlossene „Energiepolitischen Arbeitsprogramm 2019“ des European
Energy Awards (VV 225/19); hier als Maßnahmen 2.1.5 „Ressourceneffizientes
Bauen“ und 6.4.2 „Quartierskonzepte“.
Für dieses Engagement wurde die Stadt 2016 mit dem European Energy Award (EEA), 2018 mit dem „Deutschen Nachhaltigkeitspreis für Städte und Gemeinden in der
Kategorie der mittelgroßen Städte“ sowie 2019 als „Klimaaktive Kommune 2019“ ausgezeichnet. Mit diesen Auszeichnungen
verbindet sich die Verpflichtung der Stadt, ihre Aktivitäten im Bereich der
nachhaltigen Entwicklung im Allgemeinen sowie im Bereich des Ressourcen- und
Klimaschutzes im Speziellen ambitioniert und zielgerichtet fortzuführen. Mit
der Umsetzung des zweiten Faktor X – Wohngebietes - „Westlich Vöckelsberg“ -
(VV 212/19, VV 022/20, VV 046/20, VV 148/20, u.a.) knüpft die Stadt zusammen
mit ihren Projektpartnern an dieser Erfolgsgeschichte an. Zudem sind weitere
Faktor X – Projekte in Planung, u.a. der Bau von Mehrfamilienhäusern mit
sozialer Wohnraumbindung im Baugebiet Südlich Patternhof, Kindergärten sowie
die Entwicklung eines „ressourcenschonenden, umweltfreundlichen, klimawandel-
und strukturwandelsicheren Gewerbe-/Industriegebietes“ (VV 019/20) am Kraftwerk
Weisweiler, bei denen das Faktor X – Konzept angewendet werden soll.
Letztgenanntes Projekt wurde als Kooperationsprojekt mit mehreren Partnern
unter Beteiligung der Stadt Eschweiler im Rahmen des
Strukturwandel-„Sofortprogramms Plus“ bei der ZRR (Zukunftsagentur Rheinisches
Revier GmbH) eingereicht. Mittlerweile wurde es bereits mit dem sogenannten
„zweiten Stern“ ausgezeichnet sowie ein direkter Förderzugang zu Landes- und
Bundesmittel in Aussicht gestellt.
Zudem plant die Stadt mit der „Change Factory Eschweiler“ ein
Innovationszentrum auf dem ehemaligen Schlachthof am Drieschplatz, welches mit
der Ansiedlung von Kompetenzzentren und Unternehmen die politisch und
gesellschaftlich geforderte Ressourcenwende im Rheinischen Revier im Zuge des
Strukturwandels maßgeblich verorten soll. Konsequenterweise wird auch das dazu
notwendige Gebäude nach dem Faktor X – Konzept geplant und realisiert, wobei
insbesondere hier die kreislaufgerechte Ausführung von Gebäude und
Infrastruktur angestrebt wird.
Die Erfahrungen zu den bisher realisierten Faktor X – Bauprojekten in
Eschweiler und auch in Inden können die anfängliche Skepsis von Kritikern
widerlegen. Weder sank die Nachfrage nach den Grundstücken noch konnten
Planungen der Interessenten nicht realisiert werden. Vergleiche zeigten auch,
dass die Baukosten durch das Faktor X – Bauen nicht wesentlich anstiegen.
Ursache dafür ist, dass durch die im Faktor X – Konzept bewusst offen gehaltene
Umsetzung der Faktor X – Kriterien eine weitestgehend freie Wahl von
Baukonstruktion und Baumaterialien gegeben war. Dies ermöglichte auch – im
Rahmen der Vorgaben des Bebauungsplanes - eine weitestgehend freie Entscheidung
der Bauherren über die äußere wie innere Gestaltung der Gebäude.
Faktor X ist somit eine einfach zu realisierende, nahezu kostenneutrale
und effektive Methodik, große Ressourcen- und Klimaschutzpotenziale auf
kommunaler Ebene zu erschließen. Damit können die Klimaschutzziele deutlich
schneller und kostengünstiger erreicht werden als beispielsweise mit
kostenintensiven technischen Maßnahmen im Gebäudesektor.
Zudem bieten das Faktor X – Konzept sowie die weitergehende thematische
Ausrichtung auf die kreislaufgerechte Ausführung von Gebäuden und
Infrastrukturen – z.B. durch Einsatz von Sekundärbaustoffen, 100% hochwertig
wiederverwendbaren bzw. wiederverwertbaren Baustoffen und Bauteilen, Vermeidung
von untrennbaren Materialmischungen – die einmalige Chance, die auf Grund
schwindender Ressourcen unabdingbare Transformation der Bauwirtschaft hier im
Rheinischen Revier maßgeblich mitzugestalten und so vor Ort neue Arbeitsplätze
in Forschung, Entwicklung, Gewerbe und Industrie zu schaffen.
Um die bereits politisch beschlossenen Zielvorgaben für die Umsetzung des
Faktor X – Konzeptes im Bausektor (s.o.), eine noch breitere Akzeptanz für das
Thema Faktor X in der Öffentlichkeit sowie die Umsetzung der enormen
Klimaschutzpotenziale im Eschweiler Stadtgebiet konsequent und effizient zu
erreichen, beabsichtigt die Verwaltung, die bereits in den genannten Projekten
angesetzten Zielverpflichtungen nunmehr konsequent auf alle städtebaulichen
Entwicklungen und vor allem auf die konkreten städtischen Hochbauprojekte
anzuwenden. Durch einen entsprechenden Grundsatzbeschluss kann dieses Prinzip
zukünftig fest in der städtebaulichen Planung und Entwicklung verankert werden.
Alle neuen Baugebietsentwicklungen für das Wohnen und alle neuen
Bauprojekte (Neubau, Umbau, Erweiterung) der Stadt oder der kommunalen Gesellschaften
(Strukturförderungsgesellschaft, Blaustein-See GmbH, u.a.) sollen unter
Berücksichtigung einer ökonomischen, ökologischen und technischen Bewertung
(Realisierbarkeit) nach dem Faktor X – Konzept realisiert werden.
Im o.g. Projekt zur Entwicklung eines „ressourcenschonenden,
umweltfreundlichen, klimawandel- und strukturwandelsicheren
Gewerbe-/Industriegebietes“ am Kraftwerk Weisweiler sollen Faktor X – Kriterien
für Gewerbe- und Industriegebiete entwickelt und exemplarisch angewendet
werden. Diese könnten dann zukünftig auch für alle neuen Gewerbe- und
Industriegebiete in Eschweiler gelten. Nach Abschluss des Projektes soll dann
eine entsprechende Beschlussvorlage dem Planungs-, Umwelt- und Bauausschuss zur
Vorberatung sowie dem Rat der Stadt Eschweiler zum Beschluss vorgelegt werden.
Die Verwaltung empfiehlt, den hier formulierten Grundsatzbeschluss zur
konsequenten Anwendung des Faktor-X Konzeptes zum ressourcenschonenden,
kreislaufgerechten und klimaschutzeffizienten Bauen in Eschweiler zu beschließen.
Bisher nicht bezifferbar.
Die Anwendung des Grundsatzbeschlusses bindet anteilig personelle
Kapazitäten in den Ämtern 23, 61, 65, 66 und in der Stabsstelle nachhaltige
Entwicklung. Bei der Entwicklung der einzelnen Projekte bis hin zur konkreten
Prüfung einzelner Bauprojekte kann die Unterstützung und Zuarbeit der Faktor X
- Agentur in der Entwicklungsgesellschaft indeland mbH beansprucht werden.
Perspektivisch könnten Entwicklungs- und Beratungsleistungen für Eschweiler und
das gesamte Rheinische Revier durch das geplante Kompetenzzentrum für die
Ressourcenwende im Rheinischen Revier in der Change Factory Eschweiler
übernommen werden.