Betreff
Zentrale Wärmeversorgung im Baugebiet - Westlich Vöckelsberg -
hier: Aktueller Sachstand zur Planung
Vorlage
046/20
Art
Kenntnisgabe öffentlich

Der Sachverhalt wird zur Kenntnis genommen.

 


Die Stadtverwaltung sieht für das im Bebauungsplan 298 – Westlich Vöckelsberg – entstehende Wohngebiet mit rund 37 Grundstücken den Anschluss der zukünftigen Gebäude an eine zentrale Nahwärmeversorgung vor. Ebenso ist hier die Umsetzung der Bauvorhaben nach dem bereits in den „Neuen Höfen Dürwiß“ erfolgreich praktizierten Faktor X-Konzept für das ressourcen- und klimaschonende Bauen geplant. Um neben der bauseitigen Einsparung von Ressourcen, Primärenergie und Treibhausgasemissionen auch die Wärmeversorgung weitestgehend klimaschonend zu gewährleisten, wurde eine Lösung favorisiert, die eine zentrale Wärmeerzeugung mit Holzpellets sowie die Wärmeverteilung über ein Nahwärmenetz vorsieht. Die Planungen und die Realisierung bzw. der Betrieb der Nahwärmeversorgung sollen von der EWV Energie- und Wasser-Versorgung GmbH übernommen werden.

Der Planungsstand sowie die wirtschaftlichen und ökologischen Vorteile des Wärmeversorgungskonzeptes wurden dem Planungs-, Umwelt- und Bauausschuss in seiner Sitzung am 23.05.2019 ausführlich präsentiert
(VV 128/19). Die Verwaltung wurde beauftragt, „ein solches Wärmeversorgungskonzept planerisch weiter zu entwickeln, die technische, ökologische, wirtschaftliche und vermarktungstechnische Umsetzbarkeit zu prüfen und eine Satzung über den Anschluss- und Benutzungszwang an eine zentrale Nahwärmeversorgung für das Plangebiet des BP 298 – Westlich Vöckelsberg – zu erarbeiten.“ Die Satzung zum Anschluss- und Benutzungszwang soll mit einer separaten Vorlage (VV 022/20) in den Sitzungen des Planungs-, Umwelt- und Bauausschusses sowie des Rates der Stadt Eschweiler behandelt werden.

 

Neben der Prüfung der „technischen, wirtschaftlichen und vermarktungstechnischen Umsetzbarkeit“ der Nahwärmeversorgung wurden auch die ökologischen Vorteile gegenüber einer konventionellen dezentralen Wärmeversorgung untersucht. Da dieses Konzept bereits in den Baugebieten „Am Weiher“ und „Am Tierpark“ in Alsdorf durch die EWV erfolgreich umgesetzt wird, liegen entsprechende Erkenntnisse zu den einzelnen Fragestellungen vor, die in die weitere Betrachtung des Sachverhaltes eingefügt werden.

Die Verwaltung nimmt daher zu den einzelnen Punkten der Prüfung, sowie zu den von der Politik im Planungs-, Umwelt- und Bauausschuss in der Sitzung am 23.05.2019 und den von Bürgern in der Informationsveranstaltung am 04.07.2019 vorgebrachten Punkten wie folgt Stellung:

 

Umsetzbarkeit

Das Nahwärmesystem setzt sich zusammen aus einer zentralen Wärmeerzeugung mit Holzpelletkessel (Heizzentrale) im Nordosten des Baugebietes, einem Nahwärmenetz, den Hausanschlüssen und den Übergabestationen in den Gebäuden. Dieses technische System ist - unabhängig vom Brennstoff - ein bereits umfassend etabliertes Wärmeversorgungssystem. Die EWV betreibt Nahwärmenetze in der Region und hat bereits Erfahrungen mit Holzpelletfeuerungsanlagen. Die erfolgreiche Entwicklung und Umsetzung der Nahwärmenetze in den beiden Baugebieten in Alsdorf-Ofden verdeutlicht die Umsetzbarkeit aus technischer, wirtschaftlicher und vermarktungstechnischer Sicht.

Derzeit laufen die Planungen für die Erschließung des Baugebietes „Westlich Vöckelsberg“. Die Planungen für das Nahwärmenetz finden in enger Abstimmung mit den übrigen Versorgungsträgern und der Stadt Eschweiler statt.

 

Schallemissionen

Die Heizzentrale sowie die Zu- und Ablufteinrichtung werden in dem Maße technisch gedämmt, dass die vom Kesselgebläse (Elektromotoren) sowie dem Abluftstrom (Rauchgasstrom) ausgehenden Schallemissionen auf ein verträgliches Minimum reduziert werden, was zu keiner zusätzlichen Belastung der Anwohner durch Lärm führen wird. Die Verbrennung der Holzpellets in der Kesselanlage ist nahezu schallemissionsfrei.

 

Feinstaub

Die Pelletkessel werden mit Elektrofiltern ausgestattet, die eine Feinstaubrückhaltung von >75% gewährleisten. Die gesetzlichen Anforderungen, hier die 1. BImSchV Stufe 2, werden eingehalten. Durch den geplanten Standort der Heizzentrale am nordöstlichen Rand des Baugebiets ist die ausreichende Verdünnung und Vermischung der Emissionen mit Frischluft gewährleistet. Da die Hauptwindrichtung in Eschweiler Süd-West ist, werden die Emissionen in der überwiegenden Zeit vom Baugebiet weggeweht. Dies ist in den Wintermonaten in rund 80% der Zeit der Fall. Lediglich im Frühling und Sommer erhöht sich der Anteil an Nord-Ost-Windlagen. In dieser Zeit aber sind die Leistung der Anlage und die damit verbundenen Emissionen deutlich reduziert, so dass selbst bei ungünstiger Windrichtung keine Beeinträchtigungen, auch auf Grund der Vermischung und Entfernung der Heizzentrale zum nächsten Wohngebäude, zu erwarten sind.

 


Anliefer-Verkehr

Auf Grund des Leistungsbedarfs der Anlage von ca. 260 kW und des Heizenergiebedarfs von rund 400 MWh/a für das geplante Baugebiet beträgt der jährliche Verbrauch von Holzpellets ca. 80-100 t. Bei einer Lagerkapazität von rund 20 t entspricht dies rund 8-10 LKW-Anlieferungen pro Jahr. Die bei der Befüllung des Lagers entstehenden Staubemissionen werden durch entsprechende Absaugvorrichtung und Rückführung weitestgehend vermieden.

 

Nachhaltigkeit der Holzpellets

Die Holzpellets sollen nach Auskunft des zukünftigen Betreibers EWV überwiegend von der Westpellets GmbH in Titz bezogen werden, die diese ausschließlich aus Nebenprodukten (Sägespäne) der holzverarbeitenden Industrie in der StädteRegion bzw. der Eifel presst. Die Trocknung der Sägespäne bzw. der Pellets erfolgt mit Abwärme einer unmittelbar angrenzenden Biogasanlage. Die Sägespäne entstehen als „Abfallprodukt“ bei der Verarbeitung von Frischholz, das aus FSC- und PEFC-zertifizierten Wäldern der Region stammt. Es werden weder "Kahlschlag-Holz" noch Hölzer aus nicht zertifizierten Wäldern, bspw. aus Osteuropa oder Kanada, verarbeitet. Um den Bezug von nachhaltig produzierten Pellets dauerhaft zu gewährleisten, schließt die EWV entsprechende Lieferverträge mit der Westpellets GmbH oder anderen Lieferanten ab, deren Produkte den Anforderungen nachhaltiger Produktion entsprechen.

 

Klimaschutzeffekte der Nahwärmeversorgung

Die durch die Bereitstellung der Wärme in diesem System verursachten CO2-Emissionen sind gegenüber alternativen Wärmesystemen deutlich, um bis zum Faktor 10 (gegenüber Gasbrennwerttherme mit Solarthermie), reduziert.

 

Preisentwicklung der Holzpellets

In den letzten 10 Jahren ist der Holzpellet-Preis um insgesamt rund 12% gestiegen. Das ist wenig mehr als 1% pro Jahr. Der Durchschnittspreis pro kWh liegt seit über 10 Jahren mind. 20% unter dem Gaspreis.

 

Weitere Vorteile gegenüber konventionellen Wärmesystemen

-          Mit der Nutzung dieser regenerativ erzeugten Nahwärme erzielen die Gebäude einen Primärenergiefaktor <0,4, womit deutlich einfacher der KfW 40 – Standard erreicht werden kann. Damit verbunden ist im Rahmen einer möglichen KfW-Finanzierung ein Tilgungszuschuss von 15% (max. 15.000 €), ohne dass ein erhöhter (bau-) technischer Aufwand und damit Verbrauch von Ressourcen und Kapital erforderlich ist.

-          Die für die Nahwärmenutzung erforderliche Haustechnik beschränkt sich neben dem Hausnetz (Leitung, Fußbodenheizung, o.a.) auf die Hausübergabestation, die wandhängend weder Stellplatz noch eine Abgasleitung bzw. einen Schornstein benötigt. Die Anbindung der Gebäude erfolgt über den Hausanschluss an das Wärmenetz im angrenzenden Straßenraum.

-          Die bei der Luft-Wasser-Wärmepumpe in der Regel vorhandene Außeneinheit entfällt. Neben der Einsparung von Fläche bedingt dies auch einen optischen Vorteil sowie die Vermeidung von Schallemissionen.

-          Da die Wartung des Nahwärmenetzes der zukünftige Betreiber übernimmt, reduziert sich der Wartungsaufwand für die Hausbesitzer auf die Hausübergabestation und das hausinterne Wärmesystem. Das gesamte Wärmesystem (ohne Hausübergabestation) wird mittels Fernüberwachung im Rahmen eines Vollwartungsvertrages kontrolliert. Störungen werden so direkt erkannt und innerhalb kürzester Zeit behoben. Im Falle eines unwahrscheinlichen Totalausfalls der Heizzentrale kann das System bis zur Reparatur mit einem mobilen Heizaggregat versorgt werden.

-          Die Investitionen für die Wärmebereitstellung sind im Vergleich zu individuellen Lösungen sehr gering und beschränken sich auf den Hausanschluss und die Übergabestation.

 

Wirtschaftlichkeit

Die Wirtschaftlichkeit der pelletbasierten Nahwärmeversorgung ergibt sich aus der Gegenüberstellung der Gesamtkostenberechnung für diese und die beiden alternativen Wärmelösungen „Wärmepumpe Luft“ und „Erdgastherme mit Solarthermie“. Unter Ansatz der Vollkostenberechnung – Einrechnung der Kapital-, Grund- und Verbrauchskosten über die Laufzeit von 20 Jahren – schneidet die Nahwärmelösung als wirtschaftlichste Versorgung ab. Unberücksichtigt bleiben zudem bei dieser Betrachtung:

-          die eingesparten Baukosten für die Erreichung des KfW-40-Haus-Standards und

-          den dadurch erzielbaren Tilgungszuschuss (max. 15.000 €) auf einen möglichen KfW-Kredit,

-          der geringere Raumbedarf,

-          die eingesparten Rücklagen für die Erneuerung der Heizungsanlage und

-          die möglicherweise zukünftig eingesparten CO2-Kosten auf konventionelle Energieträger im Rahmen der Novellierung des Brennstoffemissionshandelsgesetzes.

 

Unter Berücksichtigung dieser monetären Vorteile erhöht sich die Wirtschaftlichkeit der pelletbasierten Nahwärmeversorgung noch einmal deutlich.

Um den maximalen Klimaschutzeffekt und die Wirtschaftlichkeit dieser zentralen pelletbasierten Wärmeversorgung sicher zu stellen, müssen alle Grundstücke bzw. Gebäude im Baugebiet „Westlich Vöckelsberg“ an das System angeschlossen werden. Die entsprechende Satzung zum Anschluss- und Benutzungszwang (VV 022/20) ist daher unerlässlich.

 

Alternative Wärmebereitstellung für das Nahwärmenetz

Eine mögliche Versorgung des Nahwärmesystems mit Abwärme aus einem gasbetriebenen BHKW hätte deutliche negative Effekte auf die Klimabilanz des Systems (fossiler Brennstoff) und damit auf den anzurechnenden Primärenergiefaktor für die Gebäude. Dies würde der hier skizzierten Zielrichtung widersprechen, und wird daher nicht weiter verfolgt.

Auf Grund des begrenzten Flächenangebotes im Baugebiet ist der Bau einer Holzhackschnitzelanlage problematisch, zumal die Beschickung und Unterhaltung der Anlage nicht vollautomatisiert geführt werden kann und daher erheblich höheren Aufwand bedeuten würde.

 

Kombination mit Solarthermie und Photovoltaik

Eine ausschließliche Bereitstellung von Heiz- und Brauchwärme über solarthermische Anlagen ist im Wohngebiet „Westlich Vöckelsberg“ wie im gesamten mitteleuropäischen Raum ohne ein weiteres Heizsystem und/oder ausreichend dimensionierte Speicher nahezu unmöglich, da die in der Heizperiode verfügbare Strahlungsleistung der Sonne sehr gering ist und die Leistung in den Sommermonaten nicht gebraucht bzw. aufwändig in den Winter „gerettet“ werden müsste. Um das System der pelletbasierten Nahwärmeversorgung solidarisch und wirtschaftlich zu fahren, wäre die Kombination mit konkurrierenden Systemen, wie z.B. dezentrale Solarthermieanlagen zur Heizwärme- und Brauchwassererzeugung kontraproduktiv und insgesamt auf Grund der zusätzlichen Investitionen für die Bauherren unwirtschaftlich. Daher wird die Nutzung solarthermischer Anlagen in der Satzung zum Anschluss- und Benutzungszwang ausgeschlossen.

Dahingegen sind Photovoltaikanlagen ausdrücklich erwünscht und werden daher grundsätzlich zugelassen. Diese müssen jedoch auf den begrünten Flachdächern der Gebäude so aufgeständert werden, dass eine extensive Vegetation unterhalb bzw. zwischen den Modulen möglich ist.

 

Vertragliche Regelungen

Zwischen der Stadt Eschweiler und dem Betreiber der Nahwärmeversorgung wird ein Gestattungsvertrag abgeschlossen, in dem die Nutzung des öffentlichen Raumes zur Verlegung der Nahwärmeleitungen sowie grundsätzlich die Verpflichtung zur Belieferung des Gebietes mit Nahwärme geregelt wird.

Zwischen dem Betreiber der Nahwärmeversorgung und den Hauseigentümern wird ein Wärmeliefervertrag abgeschlossen, der die gegenseitigen Rechte und Pflichten sowie die Preisgestaltung regelt.

 


Das Nahwärmeversorgungsnetz wird durch den Betreiber unterhalten. Der Stadt Eschweiler entstehen diesbezüglich keine Kosten.

 


Die planerische Umsetzung des Wärmeversorgungskonzeptes bindet im geringen Maße personelle Ressourcen im Amt 61.