Betreff
Allgemeine Entwicklung der Obdachlosigkeit in Deutschland - aktuelle Situation in Eschweiler
Vorlage
346/19
Art
Kenntnisgabe öffentlich

Der Sachverhalt wird zur Kenntnis genommen.

 


Wohnungslosigkeit und der drohende Verlust der eigenen Wohnung ist neben Problemen wie der Wohnraumverknappung und Mietpreissteigerungen, besonders in urbanen Ballungsgebieten, eines der drängendsten sozialen Themen auf kommunaler, wie auch bundesweiter Ebene.  

 

Bundesweit gibt es bis heute keine einheitliche staatliche Statistik über die Anzahl von Wohnungslosen Personen, wie auch über die Anzahl von Menschen, die akut vom Verlust ihrer Wohnung bedroht sind. Die Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe e.V. (BAG W) präsentierte in ihrer Pressekonferenz am 30.07.2019 in Berlin die aktuellsten Zahlen für das Jahr 2017 zu diesem Thema. Auf der Basis eines präzisen Schätzmodells sind laut der Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungshilfe e.V. bundesweit rund 650.000 Menschen wohnungslos. Die überwiegende Mehrheit ist in kommunalen Notunterkünften, wie sie auch von der Stadt Eschweiler unterhalten werden, untergebracht. Besonders besorgniserregend ist dabei, dass von diesen 650.000 wohnungslosen Bürgern ca. 48.000 gänzlich auf der Straße leben und nicht in Notunterkünften untergebracht sind. Erwähnenswert hierbei ist ebenfalls, dass eine hohe Anzahl anerkannter Flüchtlinge, ca. 375.000 Menschen, in der o.g. statistischen Erhebung eingeschlossen sind. Diese sind bundesweit zumeist in separaten Flüchtlingsunterkünften untergebracht. Würde man die Anzahl der wohnungslosen anerkannten Flüchtlinge herausrechnen, ergibt sich dennoch ein äußerst hoher Wert von insgesamt bundesweit ca. 275.000 wohnungslosen Menschen.       

 

Alleine diese Schätzung veranschaulicht, dass das Thema Obdachlosigkeit/Wohnungslosigkeit kein gesellschaftliches Randphänomen sondern eine elementare Herausforderung für die moderne deutsche Gesellschaft darstellt. Herauszuheben ist, dass Wohnungslosigkeit keine ethnische Dimension hat, somit deutsche, wie auch nicht deutsche Bürger gleichermaßen bei ähnlichen sozialen und wirtschaftlichen Faktoren bedroht. Sie bedroht ebenfalls al-leinstehende und allein erziehende Frauen und Männer, ebenso wie Familien mit Kindern.

Der Bund, die Länder und die Kommunen müssen diesem besorgniserregenden Trend mit klugen politischen       Gegenmaßnahmen entschieden entgegentreten. Politische Themen wie bezahlbarer Wohnraum, sozialer           Wohnungsbau, Verhinderung ungebremster Mietsteigerungen und der Ausbau sowie die Förderung sozialer        Beratungsangebote auf kommunaler Ebene zur Prävention von Wohnungslosigkeit müssen folglich zukünftig große Relevanz beigemessen werden.

 

Entwicklung von Wohnungslosigkeit innerhalb der Stadt Eschweiler:

 

Als Kommune ist die Stadt Eschweiler ebenfalls von denselben sozialen Phänomenen und Entwicklungen, die sich bundesweit abzeichnen betroffen. Bedauerlicherweise ist innerhalb des Stadtgebiets ein Anstieg der von Wohnungslosigkeit betroffenen Personen, die zur Vermeidung von Obdachlosigkeit durch das hiesige Sozialamt in städtischen Notunterkünften untergebracht wurden, auch hier statistisch festzustellen.

 

Die hier aufgeführt graphische Darstellung veranschaulicht die Entwicklung der Unterbringungszahlen von Obdachlosen in den Jahren 2015 bis August 2019:

 

Ausführliche Erläuterung des Balkendiagramms:

 

Im Jahr 2015 waren insgesamt 24 Personen (19 Männer, 5 Frauen) in Notunterkünften untergebracht. Im Vergleich mit dem Jahr 2016 stieg die Anzahl der Unterbringungen auf insgesamt 29 Personen (19 Männer,

10 Frauen). Die ansteigende Tendenz setzte sich im Folgejahr fort. Im Jahr 2017 wurden insgesamt 41 Personen (28 Männer, 13 Frauen) in städtischen Notunterkünften untergebracht. Im Zeitraum von 2015 - 2017 ergibt dies einen Anstieg um 70,83 %.

 

Im Folgejahr ist ein sprunghafter Anstieg der Unterbringungen zu verzeichnen. Im Jahr 2018 wurden insgesamt 68 Personen (43 Männer, 25 Frauen) durch das zuständige Sozialamt der Stadt Eschweiler untergebracht. Im Jahr 2019 schwankte die Anzahl der Unterbringungen zwischen dem bisher niedrigsten Wert von 57 (Stand 18.10.2019) und dem bisherigen Jahreshoch von 69 Unterbringungen (Stand 05.07.2019).

 

Im Vergleich zum Jahr 2015 ist bis zum Jahrestief 2019 ein Anstieg um 141,67 % zu verzeichnen, respektive zum Jahreshoch 2019 ein Anstieg um 187,50 %. Aktuell (Stand 18.10.2019) sind 57 Personen in städtischen Notunterkünften untergebracht. Hinzu kommen 128 Personen, die als anerkannte Flüchtlinge im Raum Eschweiler aktuell als wohnungslos einzustufen sind und dementsprechend zurzeit in städtischen Notunterkünften per Ordnungsverfügung untergebracht sind. Insgesamt werden demnach 185 Personen in Eschweiler aufgrund von Wohnungslosigkeit durch das hiesige Sozialamt vorläufig zur Gefahrenabwehr mit Wohnraum versorgt. 

 

Die ansteigenden statistischen Werte der Gesamtunterbringungen unterstreichen die zukünftigen Herausforderungen durch das Phänomen der Wohnungslosigkeit für die Stadt Eschweiler.

 

Die besondere Situation von Frauen im Rahmen der Wohnungslosigkeit:

 

Die prekäre Situation wohnungsloser Frauen ist ebenfalls ein Aspekt der gesonderter Würdigung bedarf. Frauen leben oft in sogenannter „verdeckter Wohnungslosigkeit“. Dies bedeutet, dass ihre persönliche Lebenssituation von keiner offiziellen Statistik erfasst wird, bzw. die Lebenswirklichkeit daher folglich keine offiziellen oder zivilgesellschaftlichen Institution bekannt ist.

Oft begeben sich betroffene Frauen in Abhängigkeitsverhältnisse welche im Fachvokabular oftmals als „Wohnungsprostitution“ benannt wird. In so einem Abhängigkeitsverhältnis zum Wohnungsgeber sind diese Frauen häufig schutzlos und können ihre Rechte kaum wahrnehmen. Viele Frauen ziehen dennoch vielfach aus Scham ein solches Abhängigkeitsverhältnis vor, als offiziell als „Wohnungslos“ im hiesigen Sozialamt vorstellig zu werden. Sie melden sich ebenfalls tendenziell weitaus später offiziell Obdachlos als Männer.

 

Der Verein Wabe e.V., Netzwerk Frauen & Wohnen hat zu diesem Zweck ein Projekt, gefördert durch den           Europäischen Hilfefonds (EHAP), für die Städte Eschweiler und Stolberg ausgearbeitet. Die Wabe e.V. schätzt, dass im Großraum Stolberg – Eschweiler – Aachen ca. 360 Frauen von Obdachlosigkeit betroffen sein könnten (geschätzt 140 wohnungslose Frauen, 220 von Wohnungslosigkeit bedrohte Frauen). Diese Anlaufstelle bietet eine soziale und fachliche Beratung an und unterstützt diesen Personenkreis bei der Wohnungssuche. Im vergangenen Sozial- und Seniorenausschuss vom 22.05.2019 stellte die Wabe e.V. ihr Projekt offiziell vor und erfuhr breite Unterstützung für ihr speziell auf eine besonders verletzliche Gruppe abgestimmtes Beratungsangebot.  

 

Schaffung einer Schnittstelle für Wohnraumvermittlung in der städtischen Verwaltung:

 

Die Stadtverwaltung hat seit dem 01.10.2019 eine neue Stelle zur Wohnraumvermittlung geschaffen. Aufgrund der angespannten Situation auf dem Wohnungsmarkt in Eschweiler wurde die Notwendigkeit gesehen, eine Schnittstelle bzw. Koordinationsstelle zwischen der hiesigen Verwaltung, Immobiliengesellschaften, Immobiliengenossenschaften, privaten Immobilienbesitzern und wohnungssuchenden Menschen einzurichten. Hier sollen Informationen zwischen den genannten verschiedenen Akteuren zusammenlaufen und ausgetauscht werden. Die Stelle der Wohnraumvermittlung ist im hiesigen Sozialamt, der Abteilung Allgemeine Soziale Dienste, Wohnungsprävention und Sozialwohnungswesen (501) angegliedert. Das Beratungsangebot richtet sich an untergebrachten Personen in städtischen Notunterkünften, an geflüchtete Menschen sowie allgemein an Personen, die im Raum Eschweiler leben. Auf der Basis des gegenseitigen Informationsaustauschs sollen Menschen in schwierigen Lebenslagen Informationen über etwaige Ansprechpartner im Immobiliensegment erhalten und Unterstützung bei der Kontaktaufnahme erfahren. Geflüchtete Menschen, bei denen ein Rechtskreiswechsel vom Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) hin zum SGB II vollzogen wurde, erhalten ebenfalls Unterstützung. Hier sollen notwendige Informationen und Anleitungen zur erfolgreichen, selbstständigen Suche einer Wohnung auf dem freien Wohnungsmarkt vermittelt werden. Aufgrund der Sprachbarriere und kulturellen Verständnisdefiziten hat dieser Personenkreis es oftmals deutlich schwerer erfolgreich eine Wohnung auf dem privaten Wohnungsmarkt zu finden.

Zu diesem Zweck  erarbeiten und führen die zuständigen Mitarbeiter eine Wohnungssuchenden-Datei und eine Datei mit freien Wohnungen im Raum Eschweiler. Zudem erstellt das hiesige Sozialamt wöchentlich eine komprimierte Wohnungsliste, die interessierte Personen donnerstags ab 14:00 Uhr an der Information im Rathaus der Stadt Eschweiler entgegennehmen können.

Ansprechpartner für das Sachgebiet der Wohnraumvermittlung sind Herr Montazeri, Sozialamt, Abteilung für Allgemeine Soziale Dienste, Wohnungsprävention und Sozialwohnungswesen (501) und im Vertretungsfall Herr Özer.

 


Keine

 


Keine