Betreff
Eschweilers Klimaschutzteilkonzept Mobilität (ESKLIMO)
hier: Umsetzung der Maßnahmen
Vorlage
309/19
Art
Beschlussfassung öffentlich

1. Der Rat der Stadt Eschweiler beschließt „Eschweilers Klimaschutzteilkonzept Mobilität“ (ESKLIMO) als          Handlungsfahrplan für die Verkehrsplanung und –entwicklung der nächsten Jahre, um durch verschiedene        Maßnahmen, insbesondere die Förderung des Radverkehrs in Eschweiler, die durch den motorisierten Verkehr verursachten CO2-Emissionen deutlich zu senken und hierdurch die Attraktivität der Stadt Eschweiler          nachhaltig zu steigern.

2. Der Rat der Stadt Eschweiler beauftragt die Verwaltung, vorbehaltlich einer öffentlichen Förderung und vorbehaltlich der Beschlussfassung über den Haushalt 2020, die Maßnahmen der Tabelle 2 haushaltsverträglich umzusetzen.

3. Der Rat der Stadt Eschweiler beauftragt die Verwaltung, vorbehaltlich einer öffentlichen Förderung, für die      Organisation und Koordination der Maßnahmenumsetzung des ESKLIMO eine Personalstelle „Kommunales      Mobilitätsmanagement“ zu schaffen.

 


„Eschweilers Klimaschutzteilkonzept Mobilität“ (ESKLIMO) (vgl. VV 227/19), das unter Mitwirkung zahlreicher Akteure von Januar 2018 bis August 2019 vom Büro für Stadt- und Verkehrsplanung BSV Aachen erstellt wurde, bildet den konzeptionellen und strategischen Rahmen für die Verkehrsplanung und –entwicklung der nächsten Jahre in der Stadt Eschweiler. Ziel ist es, durch die Umsetzung des umfassenden Handlungsprogramms des ESKLIMO die verkehrsbedingten CO2-Emissionen und den Anteil des motorisierten Individualverkehrs (MIV) in der Stadt zu reduzieren und hierdurch die Attraktivität der Stadt Eschweiler nachhaltig zu steigern.

Aus Anlass eines Antrages der SPD-Fraktion für die Erstellung eines Mobilitätskonzeptes aus dem Jahr 2016 wurde nach einer weiteren Konkretisierung eine Förderung für die Erstellung eines Klimaschutzteilkonzeptes Mobilität beim Projektträger Jülich beantragt. Die Bewilligung datiert vom 20.10.2017.

Den Fördervorgaben folgend, berücksichtigt das ESKLIMO hierbei alle Handlungsfelder kommunaler Mobilität (Rad- und Fußverkehr, Motorisierter Individualverkehr (MIV), öffentlicher (und hier auch schienengebundener) Personennahverkehr (ÖPNV/SPNV) und Lieferverkehre). Schwerpunkt der Ausarbeitung ist der Radverkehr, da hier durch infrastrukturelle Maßnahmen bereits kurzfristig, und nach Umsetzung aller aufgeführten Vorhaben, eine erhebliche Verlagerung des Verkehrsaufkommens auf das umweltverträgliche Verkehrsmittel Rad erreicht wird. Eine im ESKLIMO prognostizierte Erhöhung des Anteils des Radverkehrs am Gesamtverkehrsaufkommen (Modal Split) um 11%-Punkte auf 17% (heute 6%) führt trotz steigender Einwohner- und Arbeitsplatzzahlen zu einer Reduzierung des MIV. Die Stadt, insbesondere die Innenstadt und das Stadtzentrum, können hierdurch an Aufenthaltsqualität und Attraktivität gewinnen, da sich durch die Reduktion des MIV-Anteils weniger Bedarf an Parkraum ergibt. Der Parkdruck in der Innenstadt wird sich verringern, eine Umnutzung von Flächen des ruhenden Verkehrs für höherwertige Nutzungen erscheinen möglich. Zudem wird durch die Verbesserung der Radverkehrsinfrastruktur die Sicherheit beim Radfahren, insbesondere für Schüler und Senioren, deutlich erhöht, was sich perspektivisch in der Unfallstatistik der Stadt niederschlagen wird.

Ein erster wichtiger Meilenstein bei der Bearbeitung des ESKLIMO war die Durchführung eines Workshops. Dieser fand am 24.01.2018 im Rathaus unter Beteiligung der Verwaltungsspitze, den Amts- und Abteilungsleitern und Vertretern der Politik statt. Weiterhin wurde anhand eines Zwischenergebnisses ein Meinungsbild auf der „Straße“ eingeholt. Am Rande des Stadtfestes am 02.09.2018 wurde ein Präsentationsstand durch Mitarbeiter der Stadtverwaltung und Vertretern des Planungsbüros betrieben. Hier wurden die ersten Ergebnisse vorgestellt und aus den Rückmeldungen der zahlreichen interessierten Bürger konnten verschiedene Ziele für die weitere Bearbeitung formuliert werden. Gleiches wurde nochmals im Rahmen eines weiteren Workshops am 12.09.2019 mit Vertretern aus Politik, Verwaltung und externen Akteuren aus dem Bereich Mobilität durchgeführt.

Um eine entsprechende Steigerung des Verkehrsmittelanteils von ÖPNV und SPNV zu erreichen, sind zahlreiche Maßnahmen zur Attraktivierung, wie z.B. die Erhöhung der Taktzeiten, der Ausbau bzw. die Umstrukturierung des Liniennetzes und die Verbesserung der Tarifstrukturen erforderlich. Da die Stadt selbst nicht Aufgabenträgerin für den ÖPNV/SPNV ist, ist der unmittelbare Handlungsspielraum der Stadt zur Verbesserung des ÖPNV/SPNV-Angebotes beschränkt. Im Rahmen der Fortschreibung des Nahverkehrsplans des Aachener Verkehrsverbunds AVV besteht jedoch die Möglichkeit, den aktualisierten Bedarf für die Nutzung von Bus und Bahn in die Planung einzubringen. Eine umfangreiche Analyse der bestehenden Strukturen sowie eine fundierte Prognose des zukünftigen Bedarfes war jedoch nicht Gegenstand des ESKLIMO. Auf Grund der Komplexität der ÖPNV-/SPNV-Strukturen kann hier nur ein eigenständiges ÖPNV-/SPNV-Bedarfskonzept die zur Anpassung des ÖPNV-/SPNV-Angebotes notwendigen Daten liefern. Die Einführung eines eigenständigen verbilligten City-Tarifs oder ein verbilligtes Jahresabo könnte zwar die Attraktivität steigern, eine strukturelle Verbesserung wird es aber sicherlich nur durch die Anpassung der Taktzeiten und der Linienstruktur geben. Dies kann jedoch nur durch ein entsprechendes Konzept erarbeitet werden.

 

Das ESKLIMO enthält einen umfassenden Maßnahmenkatalog, der sich über alle o.g. Handlungsfelder erstreckt. Da der Radverkehr hier einen deutlichen Schwerpunkt einnimmt, beziehen sich die detaillierten Handlungsempfehlungen auf die Verbesserung der Infrastruktur für den Radverkehr. Da alle Maßnahmen auf Grund des Kostenumfangs und der durch die Umsetzung zu bindenden personellen Ressourcen nur sukzessive über einen Zeitraum von vielen Jahren zu realisieren sind, wurden diese priorisiert und unterteilt in kurzfristig (in den nächsten 2 Jahren), mittelfristig (in den nächsten 2 bis 5 Jahren) und langfristig (Umsetzung erst nach 5 Jahren und später) umzusetzende Maßnahmen. Bei der Aufteilung wurden die Aspekte Bedeutung im Radwegenetz (Netzhierarchie), Zuständigkeit (Baulastträgerschaft), Relevanz (Qualitätspotenzial) sowie Bauprogramm (Straßen- und Kanalbau) berücksichtigt.

Das Ergebnis der Priorisierung stellt sich, wie in Tabelle 1 aufgeführt, dar.

 

 

 

Tabelle 1: Im ESKLIMO priorisierte, kurzfristig umzusetzenden Maßnahmen

Maßnahmen

ID

Bild im ESKLIMO

Anlagenband

Streckenabschnitt

Maßnahme

vorauss. Kosten (brutto)

1.0

A-86

Liebfrauenstr. – Hehlrather Str.

Fahrradstraße

40.700 €

1.1

A-86

Franz-Liszt-Str. – Hehlrather Str. –

Fahrradstraße

117.800 €

1.2, 1.3, 1.4

A-86

Peter-Paul-Str.- Eichendorffstr. - Eduard-Mörike-Str. – Oststr. – Saarstr.

Fahrradstraße

280.500 €

3.3

A-86

Uferstr. – Patternhof

Fahrradstraße

111.400 €

6.5

A-86

Dechant-Deckers-Str. – Franzstr. – Bourscheidtstr.

Fahrradstraße

117.800 €

18.1.1

A-90

Fronhover Str.

Beleuchtung

24.400 €

13.0

A-89

Radweg entlang der Halde

Verbesserung gem. Geh-/Radweg

333.800 €

19.1

A-90

Jülicher Str.

Benutzungspflicht aufhebenàNebenanlage kann als sog. Sonstiger Radweg weiterhin genutzt werden

0 €

 

 

 

 

 

    

 

Die Verwaltung hat diese Maßnahmen noch einmal hinsichtlich der derzeit verfügbaren personellen und finanziellen Ressourcen geprüft und für die erste Umsetzungsphase aus dem o.g. Katalog folgende Maßnahmen bestimmt:

 

Tabelle 2: Von der Verwaltung empfohlene, priorisierte und kurzfristig umzusetzende Maßnahmen

Maßnahmen

ID

Bild im ESKLIMO

Anlagenband

Streckenabschnitt

Maßnahme

vorauss. Kosten (brutto)

1.0

A-86

Liebfrauenstr. – Hehlrather Str.

Fahrradstraße

40.700 €

1.3

A-86

Eduard-Mörike-Str. – Oststr.

Fahrradstraße

83.500 €

1.4

A-86

Saarstr.

Fahrradstraße und sonstige Handlungsempfehlung

72.800 €

3.3

A-86

Uferstr. – Patternhof

Fahrradstraße und sonstige Handlungsempfehlung

111.400 €

6.5

A-86

Dechant-Deckers-Str. – Franzstr. – Bourscheidtstr.

Fahrradstraße

117.800 €

 

 

 

Bausumme

426.200 €

 

 

 

Planungsleistungen 10%

42.620 €

 

 

 

Gesamt Finanzbedarf

468.820 €

 

 

Die in Tabelle 2 aufgeführten Maßnahmen sind ausschließlich Umgestaltungsmaßnahmen der genannten Straßen(-abschnitte) zu Fahrradstraßen. Auf diesen Strecken abseits der Hauptrouten ist auf Grund der Anbindung der Ortsteile an das Zentrum und die Anbindung der weiterführenden Schulen an das priorisierte Radwegenetz bereits heute ein verstärkter Radverkehr, und in Zukunft nach Umgestaltung mit einem hohen Fahrradverkehrsaufkommen zu rechnen. Weitere Ausführungen dazu sind dem Abschlussbericht des ESKLIMO (vgl. VV 227/19) zu entnehmen.

 

Für die o.g. Maßnahmen sind insgesamt Kosten in Höhe von rund 470.000 € (brutto) inkl. Planungskosten kalkuliert. 

Aktuell können diese Maßnahmen über die Nationale Klimaschutzinitiative (NKI) und dort über die Kommunalrichtlinie gefördert werden. Der für Antragsteller aus den vier Braunkohlerevieren um 15% erhöhte Fördersatz beträgt für die Maßnahmen „Fahrradstraßen“ und „Neuanlage- bzw. Umgestaltung von Fahrradwegen“ maximal 55% bei einem maximalen Investitionszuschuss von 500.000 € je Antrag.

Die Richtlinie zur Förderung der Nahmobilitat in den Städten, Gemeinden und Kreisen des Landes NRW (FöRi-Nah), die bisher eine Förderung von bis zu 80% für Fahrradstraßen vorsah, endet 2019. Da zwar eine Weiterführung dieses Landesförderprogramms von Seiten der Bezirksregierung Köln in Aussicht gestellt wird, bisher aber dazu keine offizielle Richtlinie verabschiedet wurde, kann diese derzeit auch in der haushaltsrechtlichen Betrachtung nicht berücksichtigt werden.   

Weitere Fördermöglichkeiten bzw. hier zu kombinierende Förderungen sowie deren tatsächliche Förderhöhen können erst bei konkreter Maßnahmenplanung abgefragt werden. In naher Zukunft ist aber zu erwarten, dass die Förderung im Bereich der umweltverträglichen Mobilität weiter ausgebaut wird.

 

Unter Ansatz der o.g. Förderquoten ergibt sich folgende Finanzierungsübersicht:

 

Tabelle 3: Finanzierungsplan

Maßnahmen

Kostenansatz (brutto)

Förderquote max.

max. Zuschuss

verbleibender Eigenanteil

Fahrradstraßen

468.820 €

55 %

257.851 €

210.969 €

 

Nach überschlägiger Kalkulation verbleibt derzeit ein Finanzierungseigenanteil für die Stadt in Höhe von rund 211.000 €.

Diese kurzfristig zu realisierenden Maßnahmen sind ein erster wichtiger Schritt, die Mobilität in Eschweiler nachhaltiger zu gestalten und ein erstes wichtiges Zeichen, dem Radverkehr mehr Bedeutung zukommen zu lassen. Weitere wichtige Maßnahmen auf dem Weg zur Umsetzung des ESKLIMO müssen dem folgen.

 

Neben Maßnahmen in die Ertüchtigung und den Ausbau oder die Umgestaltung der Fahrradinfrastruktur werden im ESKLIMO organisatorische und strukturelle Maßnahmen empfohlen, die unter kommunales Mobilitätsmanagement zu fassen sind. Hierzu zählen die Einführung einer Parkraumbewirtschaftung in Kombination mit der Einführung von Bewohnerparken innerhalb der bestehenden Umweltzone, die Förderung der Elektromobilität und die Etablierung eines Schulischen Mobilitätsmanagements. Insbesondere letztgenannte Maßnahme ist unter dem Gesichtspunkt der Bewusstseinsförderung für nachhaltige Mobilität von besonderer Bedeutung, da hier das größte Potenzial einer Mobilitätsveränderung gesehen wird. Die Beseitigung der „Eltern-Taxi“-Problematik bei gleichzeitiger Gesundheitsförderung durch die nachhaltige Sensibilisierung der Schüler und ihrer Eltern stehen hier im Fokus.

Die Umsetzung all dieser Maßnahmen, die auch eine starke Öffentlichkeitsarbeit und Partizipation der Bevölkerung voraussetzt, kann nur durch eine koordinierende Stelle in der Stadtverwaltung umgesetzt werden. Daher empfiehlt die Verwaltung, vorbehaltlich einer öffentlichen Förderung, für die Organisation und Koordination der Maßnahmenumsetzung des ESKLIMO eine Personalstelle „Kommunales Mobilitätsmanagement“ zu schaffen. Im Rahmen der Nationalen Klimaschutzinitiative NKI, dort im Bereich Nachhaltige Mobilität, kann eine solche Personalstelle für einen Zeitraum von 2 Jahren zu 65% gefördert werden. Zusätzlich dazu steht der Stadt als vom Strukturwandel betroffene Kommune ein erhöhter Fördersatz von bis zu 80% zu. Eine Anschlussfinanzierung der Personalstelle für ein weiteres Jahr mit einem reduzierten Fördersatz von 55% besteht ebenso. 


Für die Durchführung der baulichen Maßnahmen sind insgesamt 468.820 € inkl. Planungsleistungen veranschlagt. Im Finanzplan im Produkt 125410101 „Gemeindestraßen“ und dort im Sachkonto 09110002 unter der IV19AIB009 „Maßnahmen des Mobilitätskonzeptes“ sind 50.000 € für das HH-Jahr 2020 sowie eine Verpflichtungsermächtigung von 100.000 € für das Jahr 2021 veranschlagt. 50.000 € stehen darüber hinaus für das aktuell laufende Haushaltsjahr 2019, und damit insgesamt 200.000 € für die Jahre 2019-2021  zur Verfügung. Hierbei bedarf es noch einer Prüfung der Zuordnung der diversen Maßnahmen inwiefern es sich dabei um investive oder konsumtive Ausgaben handelt. Eine gegebenenfalls erforderliche Anpassung der Haushaltsanmeldungen wird haushaltsverträglich im Rahmen der Haushaltsplanberatungen erfolgen.

Den aktuell gültigen Fördersatz der Kommunalrichtlinie in Höhe von max. 55% vorausgesetzt, sind für die Durchführung der ersten Maßnahmen Haushaltsmittel in Höhe von 468.820 € erforderlich. Da eine zeitliche Abfolge der einzelnen Maßnahmenschritte derzeit nicht kalkulierbar ist, ist eine detaillierte Kostenverteilung über die Haushaltsjahre 2019-2021 derzeit auch nicht möglich.

 

Die Einstellung eines Mobilitätsmanagers kann über die Kommunalrichtlinie für zwei Jahre bis zu 80% gefördert werden. Eine Anschlussfinanzierung für ein Jahr mit einer Förderquote von 55% ist möglich. Für die ersten beiden Jahre sind Kosten von ca. 200.000 € inkl. Sachmittel zu veranschlagen. Bei einem Fördersatz von 80% kann ein Zuschuss von 160.000 € erwartet werden. 40.000 € Eigenmittel sind auf zwei Jahre verteilt anzusetzen. Eine Deckung der Eigenmittel kann über die Haushaltsansätze im Produkt 095110101 „Nachhaltige Stadtentwicklung Eschweiler 2030“ sichergestellt werden.

 


Die Umsetzung der baulichen und der sonstigen Maßnahmen des ESKLIMO bindet personelle Kapazitäten im Amt 66 bzw. in der Stabsstelle Nachhaltige Entwicklung.