Betreff
Nahwärmekonzept für den Bebauungsplan 298 - Westlich Vöckelsberg -
hier: Beschluss zur Umsetzung
Vorlage
128/19
Art
Beschlussfassung öffentlich

1. Das vorgestellte Wärmeversorgungskonzept der EWV GmbH für das Plangebiet des BP 298 - Westlich Vöckelsberg - wird zur Kenntnis genommen.

2. Die Verwaltung wird beauftragt,
- dieses Wärmeversorgungskonzept planerisch weiter zu entwickeln, die technische, wirtschaftliche und vermarktungstechnische Umsetzbarkeit zu prüfen und
- eine Satzung über den Anschluss- und Benutzungszwang an eine zentrale Nahwärmeversorgung für das Plangebiet des BP 298 - Westlich Vöckelsberg – zu erarbeiten.

 


Mit der Faktor X-Strategie für lebenszyklusbasiertes, ressourcen- und klimafreundliches Bauen und dem ersten nach diesem Konzept realisierten Baugebiet „Neue Höfe Dürwiß“ hat die Stadt Eschweiler deutlich gezeigt, wie der Verbrauch von Ressourcen und Energie und damit der Ausstoß von klimaschädlichem Kohlendioxid im Bauwesen wesentlich stärker reduziert werden kann als bei der bisher üblichen Baupraxis im Neubau, bei der Klimaschutz bisher ausschließlich über die Reduzierung des Energieverbrauchs der Gebäude während der Nutzungsphase definiert wird. Die aktuell geltenden Regelungen der Energieeinsparverordnung (ENEV) fordern eine hohe Energieeffizienz von Neubauten im Sinne des Klimaschutzes, der durch zusätzliche Dämmung und den Einbau von Lüftungstechnik erreicht werden kann. Der dadurch bedingte zusätzliche Material-, Ressourcen- und Energieeinsatz und die dabei verursachten CO2-Emissionen reduzieren aber in einer Gesamtbetrachtung den vormals erzielten Klimaschutzeffekt.

Faktor X verfolgt daher einen deutlich effektiveren Ansatz im Sinne des umfassenden Klimaschutzes im Bauwesen, da sich die Einsparung von Ressourcen, Energie und CO2-Emissionen auf die gesamte „Lebensphase“ des Gebäudes bezieht („Lebenszyklusphase“), inkl. der Herstellung der Baustoffe und Technik, deren Transport, Einbau, Betrieb und Entsorgung.

 

Diese Faktor X-Strategie ist ein wesentlicher Baustein der Nachhaltigkeitsstrategie der Stadt Eschweiler und war ein Teil der Begründung zur Verleihung des Deutschen Nachhaltigkeitspreises 2019 für Städte mittlerer Größe.

Mit dem zweiten Faktor X-Baugebiet - Westliche Vöckelsberg - (BP 298) wird die Stadt diesen positiven Weg zur nachhaltigen Stadt- und Quartiersentwicklung weiter beschreiten.

 

Wurden in den Neuen Höfen Dürwiß aus Ressourcen- und Energieeffizienzgründen ausschließlich Luft-Wasser-Wärmepumpen zur dezentralen, individuellen Wärmeversorgung der Häuser installiert, soll im Baugebiet Vöckelsberg eine zentrale Wärmeerzeugung auf regenerativer Basis (Holzpellets) und eine Verteilung über ein Wärmenetz realisiert werden.

Damit möchte die Stadt ihren gesteckten Zielen zum Klimaschutz und zur nachhaltigen Entwicklung einen deutlichen Schritt näher kommen, einen ersten Baustein im Wärmesektor realisieren, um die auch dort erforderlichen Klimaschutzziele zu erreichen und eine weitere Maßnahme des Integrierten Klimaschutzkonzeptes der Stadt Eschweiler (IKSK) umsetzen. Die hier angestrebte Wärmeversorgung entspricht den Zielen und Maßnahmen des IKSK in den Punkten Komm 1 „Klimaschutz vor Ort: als integrierte Stadtentwicklung verankern“ und Komm 4 „Vorbildfunktion für nachhaltige Energieversorgung übernehmen“ (s. VV 080/14).

 

In Kooperation mit der EWV GmbH, die in der Region bereits mehrere Wärmeversorgungskonzepte geplant und umgesetzt hat, u.a. in den Baugebieten „Am Weiher“ und „Am Tierpark“ in Alsdorf, wurde ein Konzept erarbeitet, welches dem Planungs-, Umwelt- und Bauausschuss in seiner Sitzung am 23.05.2019 vorgestellt wird. Die Wärmeversorgung wird auf Basis des bisherigen Planungsstandes des BP 298 -  Westlich Vöckelsberg – konfiguriert. Die im zentralen Heizwerk durch Verbrennung von Holzpellets erzeugte Wärme soll über eine
ca. 400 m lange Wärmeleitung an die rund 35 anzuschließenden Gebäude verteilt werden. Die Pellets stammen aus regionaler Produktion und werden ausschließlich aus Sägewerksresten aus der Region hergestellt.

Die an das Wärmenetz angeschlossenen Gebäude benötigen lediglich eine Wärmeübergabestation, um die Wärme in das Hausverteilnetz einzuspeisen. Im Vergleich zu klassischen Heizungssystemen wird dafür kaum Fläche benötigt. Auf Grund der vollständig regenerativen Wärmeversorgung erreichen die angeschlossenen Gebäude zudem einen sehr günstigen Primärenergiefaktor, was weitere Maßnahmen zur Erfüllung des Erneuerbare-Energien-Wärmegesetzes (EEWärmeG) überflüssig macht und den Bauwilligen viele gestalterische Möglichkeiten zur Einhaltung der ENEV ermöglicht.

Durch die Reduzierung der Heiztechnik auf die Wärmeübergabestation und den sehr günstigen Primärenergiefaktor - zusätzliche technische und bauliche Maßnahmen zur Einhaltung der ENEV und EEWärmeG entfallen - können die Investitionskosten für die Bauwilligen deutlich reduziert werden.

Betrieb und Wartung der Heizzentrale und des Wärmenetzes verbleiben beim Betreiber, der EWV GmbH, die eine kontinuierliche Wärmeversorgung der angeschlossenen Gebäude garantiert. Trotz des höheren Grundpreises und der etwas höheren Verbrauchskosten, die sich aus der anteiligen Umlage der Investitionskosten für Heizzentrale und Netz ergeben, ist die regenerative Wärmeversorgung über ein Wärmenetz wegen der geringen Kapitalkosten insgesamt günstiger als die sonst übliche Wärmepumpen-Heizung oder die Gasbrennwerttherme mit Solarthermischer Anlage und Lüftungsanlage. Letztgenannte Heizungstechnik ist zudem nach aktueller Regelung der ENEV im Neubau kaum noch zu realisieren bzw. erfordert einen zusätzlichen hohen Aufwand zur Isolierung der Gebäudehülle.

Da Wartung, Instandsetzung und evtl. Erneuerung der Heizzentrale und des Wärmenetzes beim Betreiber liegen, reduziert sich der organisatorische Aufwand und das finanzielle Risiko für die Bauwilligen deutlich. Zudem ermöglicht die erzeugungsunabhängige Wärmeversorgung über ein Wärmenetz eine Anpassung der Wärmebereitstellung an zukünftige technische und wirtschaftliche Rahmenbedingungen. So könnte beispielsweise das bestehende Wärmenetz („Nahwärme“) im Baugebiet Vöckelsberg in Zukunft auch an das Fernwärmenetz des Kraftwerksstandortes Weisweiler angeschlossen werden, wenn dies im Zuge eines Weiterbetriebes bzw. eines Ausbaus der Fernwärmeversorgung, evtl. mit kombinierter Erzeugung aus Gaskraftwerk, Müllverbrennung und Geothermie, technisch und wirtschaftlich ermöglicht werden kann.

 

Mit der hier skizzierten regenerativen Wärmeversorgung im Baugebiet Vöckelsberg möchte die Stadt neue Wege im Klimaschutz und in der nachhaltigen Stadtentwicklung beschreiten und die Werthaltigkeit und Attraktivität des Baugebietes „Vöckelsberg“ weiter steigern. Durch die Zusammenarbeit mit dem regionalen Energieversorger EWV als zukünftigen Betreiber der Wärmeversorgung kann ein sicherer, zuverlässiger und dauerhafter Betrieb sichergestellt werden. Zwischen der EWV und der Stadt Eschweiler wird ein Gestattungsvertrag zur Regelung des Leitungsrechts in der öffentlichen Straßenverkehrsfläche geschlossen.

 

Für die Umsetzbarkeit und den wirtschaftlichen Betrieb der regenerativen Wärmeversorgung ist ein verbindlicher Anschluss der zukünftigen Gebäude an das Wärmenetz und eine verpflichtende Benutzung der Wärmeversorgung (Anschluss- und Benutzungszwang) unbedingt erforderlich. Nur über einen Anschluss aller Gebäude kann die wirtschaftliche Vorteilhaftigkeit der Wärmeversorgung und die Nachhaltigkeit des Systems garantiert werden.

Der Anschluss an das Wärmenetz und die Benutzung dieser Wärmeversorgung kann eine Satzung gemäß § 9 Gemeindeordnung für das Land Nordrhein-Westfalen für den gesamten Geltungsbereich des Bebauungsplanes BP 298 -  Westlich Vöckelsberg - regeln. Zudem kann durch die Satzung bestimmt werden, ob zusätzlich Solarthermische Anlagen und/oder Kaminfeuerstellen in den Gebäuden zulässig sein sollen.

 

Die Verwaltung empfiehlt die Weiterentwicklung, Prüfung und Umsetzung des Wärmeversorgungskonzeptes sowie die Erarbeitung einer Satzung zum Anschluss- und Benutzungszwang für die Wärmeversorgung im Geltungsbereich des Bebauungsplanes BP 298 -  Westlich Vöckelsberg.

 

 


Keine

 


Die planerische Umsetzung des Wärmeversorgungskonzeptes bindet im geringen Maße personelle Ressourcen im Amt 61.