1) Aktuelle Belegungssituation
2) Neues Gebäude zur Unterbringung von Flüchtlingen "Stich 30"
Der Sachverhaltsdarstellung wird zur Kenntnis genommen.
1)
Aktuelle Belegungssituation der städtischen
Unterkünfte
Die Stadt Eschweiler hält Wohnungskapazitäten im Rahmen ihrer kommunalen
Pflichtaufgabe zur Unterbringung von wohnungslosen Menschen, ausländischen
Flüchtlingen und Spätaussiedlern bereit.
Die städtischen Gebäude sind:
- Grachtstraße
14-24
- Grachtstraße
25
- Grachtstraße
27
- Hüttenstraße
28 und 30
- Hüttenstraße
29-47a
- Severinstraße
12
- Severinstraße
14
Insgesamt sind dort 234 Personen (Stand 07.01.2015) untergebracht,
während im Vergleich zu 2013 „nur“ 133 Personen (Stand 06.02.2013)
untergebracht waren. Dies entspricht einer Steigerung von 43,1 %.
Insgesamt sind derzeit 513 Personen leistungsberechtigt nach dem
AsylbLG. Der weitaus größte Teil der in Eschweiler wohnenden Flüchtlinge (305
Personen) hat unter Vermittlung des städt. Sozialamtes Wohnraum in Wohnungen
auf dem freien Wohnungsmarkt gefunden.
Neben wohnungslosen deutschen Staatsbürgern (28 Personen) sind in diesen
Unterkünften auch ausländische Flüchtlinge aus 32 verschiedenen Ländern (206
Personen) untergebracht:
• Afghanistan
• Ägypten
• Albanien
• Angola
• Aserbaidschan
• Bangladesch
• China
• Elfenbeinküste
• Eritrea
• Georgien
• Ghana
• Guinea
• Indien
• Irak
• Iran
• Kirgistan
• Kongo
• Kosovo
• Kroatien
• Libanon
• Mazedonien
• Nigeria
• Pakistan
• Russland
• Serbien
• Somalia
• Spanien
• Sri Lanka
• Sudan
• Syrien
• Türkei
• Vietnam
Diese teilen sich auf in:
99 Einzelpersonen, davon 16 weiblich und 83 männlich, sowie 40 Familien
mit insgesamt 61 Kindern.
Vor allem die Anzahl der Familien ist spürbar von 24 Familien im Jahr
2013 auf 40 Familien im Jahr 2015 angestiegen, dies entspricht einer Zunahme
von 40,0 %.
Die Unterbringung von Familien gestaltet sich hierbei häufig besonders
schwierig, da Familien selbstverständlich zusammen untergebracht werden müssen
und nicht wie Einzelpersonen flexibel verlegt werden können.
Grundsätzlich ist festzustellen, dass der überwiegende Teil der
untergebrachten Personen von Transferleistungen[1]abhängig ist, d.h. die Kosten der Unterkunft
werden durch einen Leistungsträger übernommen.
Einzelne Personen beziehen Rente bzw. verdienen ihren Unterhalt durch
sozialversicherungspflichtige Beschäftigung.
Diese letzte genannte Gruppe trägt als Selbstzahler die Gebühren der
Unterbringung.
Der in der Grachtstraße 25 und 27 untergebrachte
Personenkreis muss überwiegend als „Mehrfachdefizitär“ (Stichwort: Zwangsräumung,
Überschuldung, Alkohol, Drogen, Kriminalität, Gewalt etc.) und nicht in ein
geregeltes Wohnumfeld vermittelbar charakterisiert werden.
Bei Einzelpersonen ist die Belegung der städtischen Unterkünfte durch
einen hohen Fluktuationsgrad gekennzeichnet. Für Familien wird Grachtstraße
14-24 zur Kurzzeitunterbringung genutzt, im Vergleich hierzu leben in der Hüttenstraße
29-47a hingegen viele Familien schon seit Jahren in der
Obdachlosenunterbringung.
Die gesamte Belegungssituation der einzelnen Unterkünfte stellt sich wie
folgt dar: (Stand 07.01.2015)
Severinstraße |
||||||
|
Flüchtlinge |
Obdachlose |
||||
Familien |
11 |
Einzelpersonen |
Familien |
0 |
Einzelpersonen |
|
Hausnummer |
Erwachsene |
Kinder |
Erwachsene |
Kinder |
||
12 |
8 |
2 |
27 |
0 |
0 |
0 |
14 |
12 |
7 |
33 |
0 |
0 |
0 |
Differenziert |
20 |
9 |
60 |
0 |
0 |
0 |
Gesamt |
89 |
0 |
Grachtstraße |
||||||
|
Flüchtlinge |
Obdachlose |
||||
Familien |
8 |
Einzelpersonen |
Familien |
1 |
Einzelpersonen |
|
Hausnummer |
Erwachsene |
Kinder |
Erwachsene |
Kinder |
||
14-24 |
20 |
10 |
0 |
0 |
0 |
0 |
25 |
0 |
0 |
6 |
0 |
0 |
13 |
27 |
0 |
0 |
2 |
2 |
0 |
7 |
Differenziert |
20 |
10 |
8 |
2 |
0 |
20 |
Gesamt |
38 |
22 |
Hüttenstraße |
||||||
|
Flüchtlinge |
Obdachlose |
||||
Familien |
19 |
Einzelpersonen |
Familien |
1 |
Einzelpersonen |
|
Hausnummer |
Erwachsene |
Kinder |
Erwachsene |
Kinder |
||
28 |
1 |
1 |
4 |
0 |
0 |
3 |
30 |
3 |
4 |
1 |
0 |
0 |
0 |
29-47a |
30 |
31 |
1 |
2 |
1 |
2 |
Differenziert |
34 |
41 |
6 |
2 |
1 |
5 |
Gesamt |
81 |
8 |
Weiterhin werden im sog.
„Bereitschaftszimmer“ (Grachstr.25; je ein Zimmer für allein stehende Männer
und Frauen) Möglichkeiten für die Unterbringung durch den städt.
Bereitschaftsdienst vorgehalten. Hier können Personen bei Notfällen
(ausgebrannte Wohnung etc.) kurzfristig für wenige Übernachtungen untergebracht
werden.
Im Rahmen der Hilfe bei Wohnungsnotfällen stehen die zuständigen
Mitarbeiter der Amt 50/Fachstelle Wohnungshilfe für alle Fragen und
Probleme bei drohendem Wohnungsverlust zur Verfügung. Dies kann der Fall sein
bei Kündigung der aktuellen Wohnung durch den Vermieter, bei Eingang einer
Räumungsklage oder bei der Terminierung der Räumung durch einen
Gerichtsvollzieher. Die Hilfestellung umfasst zunächst die Beratung
und Hilfestellung bei Versuchen, den Wohnungsverlust nach Möglichkeit zu
verhindern. Falls erforderlich erhalten Hilfesuchende aber auch
Unterstützung bei ihren Bemühungen, eine neue Wohnung auf dem freien
Wohnungsmarkt zu finden.
Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass die Unterkünfte maximal
belegt sind und Unterbringungen nur noch unter Verwendung von
Doppeletagenbetten möglich sind, welche hierfür mit zusätzlichem Aufwand
angeschafft werden mussten.
Die derzeitige Belegungssituation, ein notwendiger Vorhalt von freiem
Wohnraum zu weiterer Unterbringung und der bauliche Zustand der genannten
städtischen Liegenschaften bedingt eine konzeptionelle Neuüberlegung der Unterbringung des o.g. Personenkreises. Bei einer
kontinuierlichen weiteren Dauerbelegung aller derzeit genutzten Objekte muss im
Rahmen von Bauunterhaltung und Renovierung finanziell nicht unerheblich
investiert werden.
2)
Neues Gebäude „Stich 30“
a)
Ausgangssituation
Insbesondere für Flüchtlinge sind die Unterbringungsmöglichkeiten in
Eschweiler, wie unter 1) deutlich geworden, sehr begrenzt. Die derzeitige
weltpolitische Situation, gekennzeichnet durch multiple Krisenregionen mit
kriegerischen Auseinandersetzungen (Syrien, Irak, Afghanistan, Ukraine,
Gaza) und Migrationsbewegungen aus
unterwickelten Kontinenten (speziell
Afrika), hat zu einem erhöhten Flüchtlingsaufkommen in Deutschland
geführt. Nicht nur Menschen, die in Deutschland politisches Asyl suchen, kommen
zu uns, es migrieren auch große Gruppen von Schutzbedürftigen anderer Anlässe
(Krieg, Folter, Diskriminierung, religiöse Verfolgung, Hungersnot etc.). Die
Stadt Eschweiler ist wie jede Kommune verpflichtet, diese Menschen adäquat
ihres Schicksals unterzubringen. Die derzeitige Unterbringungssituation ist
zahlenmäßig angespannt, insbesondere Familien können nicht mehr angemessen
untergebracht werden, wie vorab beschrieben. Die Situation wird prognostisch
allerdings auch langfristig nicht entspannter werden. Da die Unterkünfte momentan
fast zum Maximum belegt sind, wurden verschiedenste Überlegungen angestellt, um
dieser Situation entgegen zu steuern. Hierzu bot sich an, entweder vorhandene,
stadteigene Unterkünfte zu sanieren oder neu zu bauen oder auch von Privaten zu
übernehmen. Insbesondere die Gebäude der Grachtstr. 14-24 bedürfen einer
grundlegenden Sanierung bzw. eines Ersatzes durch Neubau, da ihr baulicher Zustand,
wie auch ihre Austattung, heutigen Standards bei weitem nicht mehr genügen.
Dies wurde im Rahmen der Verwaltungsvorlage „323/13“ bereits näher
erörtert, wobei hierbei von einem Abriss und anschließendem Neubau der
betreffenden Gebäude ausgegangen worden war. Es war hierbei jedoch geplant, nur
den qualitativen Standard zu verbessern, während die Möglichkeiten der
quantitativen Unterbringung gleich bleiben sollten. Aufgrund der unverminderten
hohen Flüchtlingszuweisungen ist eine nur qualitative Aufstockung nicht mehr
zielführend, da ansonsten die Stadt Eschweiler ihren Pflichtaufgaben bezüglich
Unterbringung von Flüchtlingen binnen Jahresfrist nicht mehr nachkommen kann.
Weitere Überlegungen, im Bereich der Grachtstr. 25 neue Unterkünfte zu
errichten, um Ersatz für die Unterkünfte Grachtstr. 14-24 zu schaffen,
scheiterten an der ungeklärten Grundstückssituation. Notwendige
Grundstücksflächen Dritter konnten nicht erworben werden.
In dieser Situation wurde der Strukturförderungsgesellschaft Eschweiler
mbH & Co. KG als 100 %-ige Tochter der Stadt das Gebäude Stich 30
(ehemaliges Gebäude der Kesselfabrik Dohmen) zum Erwerb angeboten. Dieses Gebäude,
mit drei Vollgeschossen und einem auszubauenden Dachgeschoss, wurde vor ca. 11
Jahren saniert und fand in der jüngeren Vergangenheit Verwendung als Büro- und
Schulungsraum. In einer Vielzahl von Gesprächen mit Vertretern der
Strukturfördergesellschaft, eingeschalteten Architekten und der
Hochbauabteilung wurde festgestellt, dass dieses Gebäude angesichts seiner
integrierten Lage (z.B. unmittelbare ÖPNV Anbindung, Nähe zu Kindertageseinrichtungen,
Schulen und notwendigen Infrastruktureinrichtungen) sowie seiner Größe
insbesondere für die zu versorgenden Flüchtlingsfamilien ein idealer Standort
ist.
b)
Bauliche Situation
Die Planung zeigt, dass in diesem Gebäude neben drei Wohneinheiten für
Einzelpersonen im Erdgeschoss insgesamt 16 Wohnungen unterschiedlicher, mit
jeweils am unterzubringenden Personenkreis ausgerichteter Größe zwischen 40 und
77 qm zur vorübergehenden Unterbringung zur Verfügung gestellt werden könnten,
bei einer Nutzfläche von insgesamt ca. 1.200 qm. Auf die beigefügten
Planunterlagen (Lagepläne, Ansichten, Geschosspläne mit Raumaufteilung) wird
Bezug genommen.
c)
Zukünftige Belegung
Das Gebäude Stich 30 ist nach Durchführung entsprechender Umbaumaßnahmen
als Flüchtlingsunterkunft gut geeignet. Die Unterbringung von Familien aus dem
oben skizzierten Bedingungsfeld soll deshalb in dem Gebäude vorgenommen werden.
Flüchtlingsfamilien stellen den größten Anteil der zukünftigen Bewohner,
Möglichkeiten zur Unterbringung von Einzelpersonen gibt es nur in
untergeordneter Menge. Insbesondere wird klargestellt, dass in dem neuen Objekt
„Stich 30“ ausschließlich Flüchtlinge untergebracht werden und keine
Obdachlosenunterbringung erfolgt.
Die Maximalbelegung ist mit maximal 80 Personen anzugeben, hierbei sind
natürlich Schwankungen bezüglich der untergebrachten jeweiligen Familiengröße
zu bedenken.
Die Erfahrungen der Vergangenheit zeigen, dass der unterzubringende
Personenkreis sich unproblematisch in die Eschweiler Stadtgesellschaft
integrieren lässt. Die Akzeptanz für Flüchtlinge, das Verständnis für deren
Schicksale kennzeichnen bisher das Zusammenleben zwischen Zugewanderten und Einheimischen. Die
Unterbringung der durch das Land NRW nach Eschweiler zugewiesenen Familien,
wird jeweils zeitlich solange erfolgen, bis auf dem freien Wohnungsmarkt
adäquater Wohnraum durch die Flüchtlinge selbst angemietet werden kann. Dieses
System einer ersten Unterbringung mit vorgezeichneter Perspektive hat sich in
Eschweiler seit den 90er Jahren bewährt und soll auch mit Nachdruck weiter
verfolgt werden.
d)
Betrieb der Einrichtung
Der Ankauf des Gebäudes und der entsprechende Umbau wird durch die
Strukturförderungsgesellschaft mbH & Co. KG durchgeführt. Diese ist in der
Lage, unter Inanspruchnahme zinsgünstiger Kredite (Förderprogramm
NRW.BANK.Flüchtlingsunterkünfte) das Gebäude unmittelbar anzukaufen, es in
enger Abstimmung mit der Stadt bis Herbst 2015 um- und auszubauen und sodann
der Stadt zu dem genannten Zweck mietweise zu überlassen. Ein entsprechender Beschluss
der entsprechenden Gesellschaftsgremien liegt hierzu ebenso vor, wie die
Entscheidung des Rates zur Bürgschaftsübernahme. Die konkrete Vereinbarung
eines Mietzinses wird unter Beteiligung der Ratsgremien zu einem späteren
Zeitpunkt erfolgen.
Zur Betreuung der Einrichtung ist es geplant, neues Personal
einzusetzen, siehe hierzu „Personelle Auswirkungen“.
e)
Ausblick
Unter der Voraussetzung, dass die Zuweisungen von Asylbewerbern – und
der ungeregelte Zuzug von illegalen Flüchtlingen – sich nicht gegenüber dem
derzeitigen Niveau noch weiter verstärkt, ist davon auszugehen, dass die
Belegung des Gebäudes Stich 30 die Belegungssituation in den anderen
Flüchtlingsunterkünften entspannt. Die Aufgabe des Standortes Grachtstr. 14-24
wird aber nicht die einzige Folgemaßnahme sein. Alle anderen Unterkünfte
bedürfen einer baulichen Qualitätsverbesserung ggfs. durch
Neu-/Erweiterungsbauten. Der gesamte Bestand der städtischen Unterkünfte ist
mittelfristig auf Qualität, aber auch auf weitere Nutzung zu prüfen. Hierzu
wird derzeit ein gesondertes Konzept erarbeitet und alsdann vorgestellt.
f)
Rechtslage:
Ordnungsbehördengesetz (OBG)
Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG)
Asylverfahrensgesetz (AsylVfG)
Flüchtlingsaufnahmegesetz NRW (FlüAG)
[1] Eine Transferleistung bezeichnet in
der Wirtschaftswissenschaft eine Geld- oder Sachleistung, die
eine Person erhält, ohne dafür eine
direkte Gegenleistung erbringen zu müssen.
Über das Produkt 105220103
„Hilfen bei Wohnproblemen“ wurden im Haushaltsjahr 2012 ca. 36.300,00 € für die
Unterhaltung der Notunterkünfte ausgegeben.
Für das Jahr 2013 mussten ca. 29.900,00 € aufgewendet werden, während im
Jahr 2014 ca. 85.500,00 € aufgewendet werden mussten. Dies erklärt sich
hauptsächlich aus den in die Höhe geschnellten Zuweisungszahlen neuer
Flüchtlinge, da die Mittel hauptsächlich für die Anschaffung von Mobiliar und
anderen Ausstattungsgegenständen wie Herden und Waschmaschinen, für
Entrümpelungen, für sonstige Sachleistungen, für Reparaturen des beweglichen
Vermögens und für die Anschaffung von Reinigungsmitteln etc. benötigt wurden.
Für die Bauunterhaltung der städt. Unterkünfte wurde in 2012 durch die
Hochbauabteilung eine Summe von 33.000,00 € investiert. Im Jahr 2013 mussten
rund 44.830,00 € aufgewendet werden, während 2014 ca. 42.750,00 € verwendet wurden.
Hierbei ist zusätzlich zu bedenken, dass aufgrund des baldigen Abrisses
der Objekte Grachtstr. 14-24 eine signifikante Kostenersparnis zu erwarten ist,
da in Zukunft weitere kostspielige Reparaturen für diese Gebäude wegfallen
werden.
Für die Unterbringung von Obdachlosen und Flüchtlingen wurden in 2012
Einnahmen in Höhe von ca. 234.000,00 € verbucht, 2013 stiegen diese auf
ungefähr 241.000,00 €, während 2014 345.000,00 € vereinnahmt werden konnten.
Die Miete für das Objekt „Stich 30“ selber wird aus Mitteln des AsylbLG
bestritten werden; die kostenmäßige Entwicklung bleibt abzuwarten.
Aktuell sind zwei Hausmeistervollzeitstellen für die direkte Betreuung
der Unterkünfte verantwortlich; hierzu kommen noch eine verwaltungstechnische
Stelle mit 40% und eine Sozialarbeiterstelle mit 20 % Anteil. Für das neue Gebäude
ist es geplant, eine neue zusätzliche Stelle einzurichten, welche sich zu
gleichen Teilen auf hausmeisterliche bzw. verwaltungstechnische Tätigkeiten
aufteilen wird.