Betreff
Eschweilers Klimaschutzteilkonzept Mobilität - ESKLIMO
hier: Sachstand
Vorlage
163/18
Art
Kenntnisgabe öffentlich

Der Sachverhalt wird zur Kenntnis genommen.

 


Durch den Klimawandel und das Bestreben der Bundesregierung, die Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen sowie die Emissionen umweltschädlicher Gase (CO2, NOx, u.a.) zu reduzieren, haben sich die Rahmenbedingungen im Verkehrsbereich deutlich geändert. Bund und Land fordern und fördern daher zurzeit  u.a. fahrzeugtechnische Maßnahmen (z.B. E-Mobilität) und kommunale integrierte Mobilitätskonzepte. Auf Grund des gestiegenen Umweltbewusstseins und des zunehmenden Wertewandels in der Gesellschaft („Teilen statt besitzen“; „Auto kein Status-Symbol mehr“; „global denken - lokal handeln“) sind zudem Veränderungen im Verkehrsverhalten (weniger Pkw, mehr Umweltverbund, mehr Multimodalität) der Menschen zu beobachten, die sicherlich durch bessere Mobilitätsangebote noch deutlich zunehmen werden.

Die weltweit im Rahmen des Pariser Klimaschutzabkommens sowie europäisch und national vereinbarten Klimaziele für 2020, 2030 und 2050 für alle Sektoren werden auch die Stadt Eschweiler vor neue Herausforderungen stellen und insbesondere im Verkehrssektor deutliche Maßnahmen erfordern. Die im Rahmen des Integrierten Kommunalen Klimaschutzkonzeptes (IKSK – VV 338/12 u. VV 080/14) erstellte CO2-Bilanz für die Stadt Eschweiler zeigt bzgl. der Verursacher der CO2-Emissionen eine Dreiteilung aus Verkehr, Haushalte und Industrie. Der Verkehrssektor ist für rund 130.000 t CO2-Emissionen jährlich verantwortlich.

Aus der Mobilitätserhebung 2011 der StädteRegion Aachen geht der nachfolgende Modal Split hervor, ein Maß für die Verteilung der unterschiedlichen Verkehrsarten am gesamten Verkehrsaufkommen: zu Fuß 14 %,
Rad 5 %, Öffentlicher Personennahverkehr - ÖPNV (inkl. Schienenpersonennahverkehr - SPNV) 6 %, Motorisierter Individualverkehr (MIV) 70 %, Sonstiges 5 %. Damit liegt die Stadt Eschweiler im Mittelfeld der Kommunen der StädteRegion Aachen. Der hohe MIV-Anteil macht aber das hohe Verlagerungspotenzial auf den Umweltverbund – hier vor allem auf den ÖPNV und den Radverkehr – deutlich.

Um sich den Herausforderungen infolge der geänderten Rahmenbedingungen für den Verkehrsbereich frühzeitig zu stellen, sind sich Politik und Verwaltung einig, dass zur Entwicklung und Bereitstellung einer klimafreundlichen Infrastruktur und entsprechender nachhaltiger Mobilitätsangebote ein konzeptioneller und integrierter Ansatz notwendig ist. Klimaschutzmaßnahmen im Verkehrssektor lassen sich nur durch ein ganzheitliches strategisches Mobilitätskonzept identifizieren und schrittweise umsetzen. „Eschweilers Klimaschutzteilkonzept Mobilität“ (ESKLIMO – VV 426/17), dessen Erstellung am 24.01.2018 an das Büro für Stadt- und Verkehrsplanung (BSV), Aachen beauftragt wurde, soll mit seiner Fertigstellung im Frühjahr 2019 als Leitlinie und Umsetzungsprogramm für die Verkehrsplanung und -entwicklung der nächsten Jahre dienen. Ziel ist eine deutliche Verbesserung der Verkehrssituation im Stadtgebiet, insbesondere für den Radverkehr und den ÖPNV, und damit auch der Attraktivität der Stadt sowie der Lebensqualität der Eschweiler Bürger.

Ergänzend dazu wird zeitnah eine Mobilitätsberatung für die Stadtverwaltung beauftragt, um auch die betriebliche Mobilität durch Schaffung alternativer Angebote wie Jobticket, Dienst-E-Bikes, Fahrgemeinschaften, usw. langfristig umweltfreundlicher zu gestalten und einen Umstiegsplan auf Elektrofahrzeuge erarbeiten zu lassen. Diese Mobilitätsberatung wird gefördert mit Mitteln des Landes NRW aus dem Förderprogramm „Elektromobilität in Kommunen“.

Die Schaffung und Besetzung einer Stelle „Klimaschutzmanagerin/ Klimaschutzmanager“ wurde mit Vorlage 384/16 vom Rat beschlossen. Ein Antrag auf Förderung dieser Stelle wurde im April 2017 gestellt. Durch langwierige Bearbeitungszeiten seitens der Förderstelle „Kommunaler Klimaschutz – Projektstelle Jülich“ konnte bis heute trotz mündlicher Zusagen keine Bescheiderteilung verzeichnet werden. Vorbehaltlich dieser Bescheiderteilung wurde die Stelle ausgeschrieben. Am 29.05.2018 fanden die Vorstellungsgespräche statt. Eine verbindliche Einstellungszusage kann jedoch erst bei Förderzusage erteilt werden, die abhängig ist von der Beschlussfassung des Haupt- und Finanzausschusses am 06.06.2018 sowie der Genehmigung des Rates am 20.06.2018 (VV 188/18).

Der Prozess zur Erstellung des ESKLIMO soll durch die Stelle der Klimaschutzmanagerin/ des Klimaschutzmanagers organisatorisch und fachlich begleitet werden. Ferner wird die Klimaschutzmanagerin/ der Klimaschutzmanager die Umsetzung des Handlungsprogramms des ESKLIMO sowie des IKSK vorbereiten und maßgeblich betreuen.

 

Das ESKLIMO ist in sieben Bausteine unterteilt:

Die Bestandsanalyse (Baustein 1) baut auf drei verschiedenen Grundlagen auf: Auf der einen Seite werden vorliegende Daten und Materialien ausgewertet. Hierbei werden sowohl solche der StädteRegion Aachen (z.B. Nahverkehrsplan 2016-2020, Mobilitätserhebung 2011) als auch solche der Stadt Eschweiler selbst (z.B. IKSK) einbezogen. Auf der anderen Seite wird eine Bestandsaufnahme vor Ort zur Bewertung der Verträglichkeit des Kfz-Verkehrs mit dem nicht-motorisierten Verkehr durchgeführt (u.a. Art der Radverkehrsführung, Barrierefreiheit, Aufenthaltsqualität). Das Untersuchungsnetz setzt sich aus verkehrswichtigen Straßen (klassifiziertes Straßennetz sowie ÖPNV-Achsen) außerhalb der Tempo 30-Zonen zusammen und berücksichtigt innerkommunale Relationen (Verbindungen zwischen den Eschweiler Ortsteilen und der Innenstadt sowie zwischen benachbarten Eschweiler Ortsteilen) sowie interkommunale Relationen (Verbindungen zwischen der Stadt Eschweiler und benachbarten Kommunen). Zudem wird geprüft, ob das aufgestellte Untersuchungsnetz die Erreichbarkeit der vorhandenen publikumsintensiven Einrichtungen gewährleistet. Als dritte Grundlage wird das vorliegende städteregionale Verkehrsmodell für den Bereich der Stadt Eschweiler aktualisiert (Analyse, Prognose ohne weitere Klimaschutzaktivitäten als worst-case-Szenario = Prognose-Nullfall) und zur Abschätzung von Wirkungen eingesetzt (2 Prognose-Planfälle). Im Baustein 1 wird auch eine Energie- und Treibhausgas (THG)-Bilanz für den Verkehrsbereich zum heutigen Zeitpunkt berechnet. Hierzu stehen verschiedene Bilanzierungsmethoden zur Verfügung. Im Rahmen des IKSK wurde für den Verkehrssektor eine grobe Berechnung auf Grundlage des Pkw-Bestands durchgeführt. Im ESKLIMO erfolgt eine genauere Berechnung unter Berücksichtigung mehrerer Faktoren (u. a. Entwicklung Fahrleistung, Kraftstoffverbrauch).

Im Rahmen der Potenzialanalyse (Baustein 2) werden die Potenziale zur Reduzierung verkehrsbedingter THG-Emissionen aufgezeigt. Diese ergeben sich allgemein durch die Vermeidung von unnötigem Kfz-Verkehr, die größtmögliche Verlagerung von Kfz-Fahrten auf den Umweltverbund, eine möglichst verträgliche Abwicklung des nicht vermeidbaren Kfz-Verkehrs sowie den Einsatz von technischen Innovationen. Für Eschweiler liegt der Schwerpunkt auf solchen Maßnahmen, die in der Zuständigkeit der Stadt Eschweiler liegen und kurz- bis mittelfristig umgesetzt werden können. Die Potenzialanalyse zeigt einen prognostizierten Modal Split auf, der dem ESKLIMO als Zielwert zugrunde gelegt wird. Das Reduzierungspotenzial der verkehrsbedingten THG-Emissionen basiert dabei auf der Gegenüberstellung der klimarelevanten Auswirkungen des Referenzszenarios ohne Maßnahmen (Prognose-Nullfall) und der Verkehrsmodellierungsergebnisse auf Basis des neuen Modal-Splits. Es wird aufgezeigt, welche verkehrsbedingten Treibhausgasemissionen in Eschweiler auf Grundlage des heutigen Modal Splits ohne weiteres Handeln bis 2030 entstehen würden (worst-case-Szenario) und welche Reduktionsmöglichkeiten durch eine umweltfreundlichere Mobilität erreicht werden können.

Die Erarbeitung des klimafreundlichen Mobilitätskonzepts erfolgt mit einer kontinuierlichen Akteursbeteiligung (Baustein 3). In verschiedenen Terminen werden die Verwaltung (verwaltungsinterne Arbeitsgruppe) und die Öffentlichkeit (Steuerungsgruppe aus Akteuren der Öffentlichkeit, Wirtschaft und Politik) beteiligt sowie die politischen Gremien (Planungs-, Umwelt- und Bauausschuss, Rat) regelmäßig informiert. Der erste öffentliche Workshop der Steuerungsgruppe wird aller Voraussicht nach am 10. Juli 2018 stattfinden.

Im Baustein 4 wird auf Grundlage der zusammengetragenen Ergebnisse ein straßenräumliches Handlungskonzept mit konkreten Maßnahmenvorschlägen erarbeitet. Es werden Maßnahmensteckbriefe erstellt, die neben einer Kurzbeschreibung auch eine Charakterisierung zum besseren Maßnahmenvergleich beinhalten (u.a. CO2-Einsparpotenzial, Kosten, Zuständigkeit, Priorität).

Die drei letzten Bausteine beziehen sich auf die Umsetzungsphase. Mit Hilfe einer Verstetigungsstrategie (Baustein 5) sollen verkehrsrelevante Themen dauerhaft in der Verwaltung verankert werden. Erste Ansätze hierzu liegen bereits vor (z.B. Förderung und Einstellung eines Klimaschutzmanagers, interkommunaler Arbeitskreis). Das Controlling-Konzept (Baustein 6) dient der Überprüfung des Umsetzungsstands sowie der Evaluierung bereits durchgeführter Mobilitätmaßnahmen und zeigt damit ggf. den Bedarf einer Nachjustierung auf. Im Rahmen der Kommunikationsstrategie (Baustein 7) werden Maßnahmenvorschläge zur Verbreitung der Projektergebnisse, zur Begleitung konkreter Mobilitätsmaßnahmen sowie zur allgemeinen Öffentlichkeitsarbeit bzgl. der Verkehrsthemen erarbeitet.

Zum jetzigen Zeitpunkt (Mitte Mai 2018) hat das beauftragte Büro BSV im Hinblick auf die Verkehrsmodellarbeiten die für Eschweiler hinterlegten Strukturdaten aktualisiert und vorliegende aktuelle Verkehrszähldaten als Kalibrierungsgrundlage zusammengetragen. Sobald die letzten detaillierten Abstimmungen zum Verkehrsmodell durchgeführt sind, erfolgt die Berechnung der vier Modellierungsstufen (Verkehrserzeugung, -verteilung, -aufteilung, -umlegung) – im ersten Schritt für die Analyse.

Die Vorgehensweise bzgl. der Bestandsbewertung für das gesamtstädtische Untersuchungsnetz (Netz der verkehrswichtigen Straßen außerhalb von Tempo 30-Zonen) wurde am 10.04.2018 mit der Stadt Eschweiler sowie weiteren relevanten Akteuren abgestimmt. Anschließend hat das Büro BSV über Luftbildanalysen und Begehungen vor Ort die straßenräumliche Situation (zulässige Verkehrsteilnehmer, zulässige Fahrtrichtung, zulässige Höchstgeschwindigkeit, punktuell gezählte Verkehrsbelastungen) und Verkehrsinfrastruktur (Art und Breite der Radverkehrsanlage; Gehwegbreite; Lage, Art und Funktion von Querungsstellen; Barrierefreiheit an Knotenpunkten und Querungsstellen; Art des Parkraumangebots entlang der Fahrbahn) aufgenommen. Die Aufbereitung der zusammengetragenen Daten und Informationen in Form von Übersichtskarten erfolgt handlungsorientiert. Den Ergebnissen ist beispielsweise zu entnehmen, an welchen Stellen es durch eine gemeinsame Nutzung zu Konflikten zwischen dem Fuß- und Radverkehr kommt (in Bereichen mit hohem Aufkommen im nicht-motorisierten Verkehr von Bedeutung), Querungshilfen fehlen oder die Breiten der Geh- und Radwege nicht ausreichend sind.

Neben der gesamtstädtischen Bestandsbewertung wurden entsprechend der Aufgabenstellung drei Teilgebiete gesondert betrachtet. Für das „Rathaus-Quartier“ wurde die Gestaltungs- und Aufenthaltsqualität (einschließlich Barrierefreiheit) des Straßenraums und für die Teilgebiete Eschweiler-West und Dürwiß die Situation des ruhenden Kfz-Verkehrs begutachtet.

Zur Abschätzung der CO2-Minderungspotenziale im Bereich der City-Logistik wurde ein Fragebogen erstellt, der nach finaler Abstimmung an die fünf größten Kurier-, Express- und Paketdienstleister (KEP) verschickt werden soll.

In der Sitzung des Planungs-, Umwelt- und Bauausschusses am 21.06.2018 werden ausgewählte Ergebnisse zur Bestandsanalyse (Baustein 1) sowie ein Ausblick zum weiteren Vorgehen vorgestellt. Die Präsentation wird der Niederschrift beigefügt.


Die Leistungen zur Erstellung des ESKLIMO wurden zum Gesamtauftragswert von 145.775 € (brutto) vergeben (VV 426/17). Die mit Förderbescheid vom 20.10.2017 bewilligte Zuwendung von 70% der zuwendungsfähigen Ausgaben beläuft sich auf 104.958 €. Die benötigten Eigenmittel in Höhe von 40.817 € stehen im Produkt 125410101 – Gemeindestraßen, im Sachkonto 52910000 – Aufwendungen für sonstige Dienstleistungen, zur Verfügung.

Mit Zuwendungsbescheid vom 04.05.2018 wird der Stadt Eschweiler für die Beauftragung einer Mobilitätsberatung für die betriebliche Mobilität eine Zuwendung von 39.830 € bewilligt. Die Ausschreibung der Dienstleistung wird derzeit vorbereitet. Die Erstellung des Beratungskonzeptes soll bis Ende 2018 durchgeführt werden.

Bei der Besetzung der Stelle der Klimaschutzmanagerin/ des Klimaschutzmanagers werden voraussichtlich Personalkosten in Höhe von insgesamt jährlich rund 62.300 € anfallen. Bei einer angenommenen Förderung von 65% verbliebe ein Eigenanteil von jährlich 21.805 €. Es wird angestrebt, den Eigenanteil innerhalb des zur Verfügung stehenden Personalbudgets auszugleichen. Die Stelle ist zunächst auf drei Jahre befristet.

 


Die organisatorische und fachliche Begleitung des Prozesses ESKLIMO erfolgt derzeit durch die Fachabteilungen 610/Herrn Büttgen und 660/Herrn Venherm. Dies und die Umsetzung des Handlungsprogramms des ESKLIMO soll durch die Klimaschutzmanagerin/ den Klimaschutzmanager übernommen werden.

In der Phase der Erstellung des ESKLIMO und auch in der Umsetzungsphase sowie bei der Erstellung des Beratungskonzeptes für die betriebliche Mobilität im Rathaus werden alle relevanten Fachämter beteiligt.