Betreff
Anregung und Beschwerde gemäß § 24 GO NRW des Herrn Wolfram Stolz vom 31.08.2017
Vorlage
375/17
Art
Beschlussfassung öffentlich

Der Anregungs- und Beschwerdeausschuss hat den „Bürgerantrag“ vom 31.08.2017 geprüft und empfiehlt dem Rat der Stadt Eschweiler, der Anregung zu Ziffer 3 (entsprechend der bereits heute gängigen Praxis) zu folgen und im Übrigen den Anregungen zu Ziffern 1, 2 und 4 bis 7 nicht zu folgen.


 

Mit Datum vom 31.08.2017 reichte Herr Wolfram Stolz einen „Bürgerantrag“ bei der Stadt Eschweiler ein
(Anlage 1). Mit diesem Antrag wird unter Heranziehung des § 24 GO NRW die Umsetzung verschiedener Maßnahmen im Zusammenhang mit nachfolgend dargestelltem Sachverhalt begehrt.

 

Anfang 2012 wurde im Rahmen von Straßenbauarbeiten in Grevenbroich festgestellt, dass von der Fa. Bauunternehmung Tholen (BUT) aus Geilenkirchen offenbar kontaminiertes Recyclingmaterial im Bereich der Pflasterbettung eingebaut wurde. Es handelte sich hierbei um das Produkt „Viadur“ von der Firma MAV in Krefeld. Eine chemische Untersuchung des dort eingesetzten Pflasterbettungsmaterials ergab eine Schwermetallbelastung, d. h. hohe Blei-, Kupfer - und Zinkwerte sowie deutlich erhöhte Nickelwerte im Feststoff.

 

In Kenntnis dieser Sachlage reagierte die Stadt Eschweiler. Unter anderem wurde die Firma BUT um eine Stellungnahme gebeten. Weiterhin wurden alle anderen im fraglichen Bereich im Auftrag der Stadt Eschweiler tätigen Tiefbauunternehmen mit der Bitte angeschrieben, den Lieferanten für ihr Pflasterbettungsmaterial zu benennen.

Das fragliche Material wurde ausschließlich von der Fa. BUT verwendet. Diese teilte mit, dass das in Rede stehende Material auch schon früher bei anderen Maßnahmen eingesetzt wurde. Es ist davon auszugehen, dass dieses Material bei allen von der Fa. BUT durchgeführten Baumaßnahmen in der Zeit von 2003 bis 2012 als Bettungsmaterial für Pflaster- und Plattenflächen in einer Schichtdicke von ca. 3 bis 5 cm verwendet wurde. Nach Bekanntwerden der chemischen Belastung des Materials „Viadur“ hat die Fa. BUT nur noch Natursteinmaterial als Pflasterbettung verwendet.

 

 

Ausweislich der der Verwaltung vorliegenden Erkenntnisse (Gutachterliche Stellungnahmen im Rahmen der Untersuchungen in Grevenbroich, Stellungnahme der Fachdienststelle für Bodenschutz, Altlasten und Abfall der StädteRegion Aachen) geht von dem Pflasterbettungsmaterial mit der Bezeichnung „Viadur“ im eingebauten Zustand, d. h. durch einen Pflaster- oder Plattenbelag abgedeckt, weder eine Gefahr für die Gesundheit der Eschweiler Bürger noch für die Umwelt aus.

Das Pflasterbettungsmaterial erfüllt die bauphysikalischen Anforderungen, daher ergibt sich keine Einschränkung der Gebrauchstauglichkeit der baulichen Anlagen. Etwaige Mehrkosten für Aufgrabungen durch die Versorgungsträger oder künftige Straßenunterhaltungsmaßnahmen werden den Anwohnern nicht in Rechnung gestellt, so dass Ihnen kein Nachteil durch das verwendete Material entsteht.

 

 

Herr Stolz hat in seinem o.g. Bürgerantrag insgesamt sieben Punkte aufgeführt. Im Einzelnen wird hierzu wie folgt Stellung genommen:

 

 

Zu 1.:   Katalogisierung möglicher betroffener Flächen mit Darstellung der Art und der Mengen, der verwandten Materialien und den dazugehörigen Gutachten und Nachweisen.

 

Die Flächen, in denen das o. g. Material mutmaßlich verbaut wurde, sind der Stadt Eschweiler bekannt. Sie wurden den in Eschweiler tätigen Versorgungsunternehmen mitgeteilt. Die angesprochene Katalogisierung ist damit bereits erfolgt. Die im Stadtgebiet Eschweiler vorhandenen Verdachtsflächen sind der
Anlage 2 zu entnehmen.

 

 

Zu 2.:   Überprüfung der jeweiligen Materialien, indem Bodenproben entsprechend untersucht werden. Die Zulässigkeit ist zu überprüfen.

 

Eine flächendeckende Überprüfung des Pflasterbettungsmaterials in den in Anlage 2 dargestellten Straßen ist letztlich unwirtschaftlich und nicht notwendig. Bei Kleinmaßnahmen werden derzeit - auch ohne vorherige Beprobung - alle für den Fall des tatsächlichen Einbaus von kontaminiertem Material erforderlichen Schutzvorkehrungen getroffen. Bei Großmaßnahmen, die bei den hier betroffenen Straßen allerdings erst in frühestens 30 bis 40 Jahren anstehen, ist es sinnvoll, die Untersuchungen erst kurz vor Umsetzung der jeweiligen Baumaßnahme durchzuführen, da die heute ermittelten Untersuchungswerte zum Zeitpunkt der Baumaßnahme nicht mehr verwendet werden könnten und somit ohnehin neue Untersuchungen durchgeführt werden müssten.

 

 

Zu 3.:   Ausschreibung der Leistungen so, dass die besonderen Aufwendungen infolge der nicht rechtskonformen Verwendung der Materialien bzw. der Kontamination gesondert erfasst und abgerechnet werden können.

 

Im Vorfeld zu Ausschreibungen von Kanal- und Straßenbauarbeiten werden generell Baugrunduntersuchungen durchgeführt. Bei den betroffenen Straßen (Anlage 2) sind im Vorfeld von größeren Baumaßnahmen zusätzliche Untersuchungen des Bettungsmaterials erforderlich. Die Ergebnisse dieser Untersuchungen finden sich anschließend in entsprechenden Positionen des  Leistungsverzeichnisses wieder.

Die Kosten für die Aufnahme und Entsorgung in Zusammenhang mit dem kontaminierten Pflasterbettungs-material können also ohne nennenswerten Mehraufwand ermittelt werden.

 

 

Zu 4.:   Zusammenstellung der Mehrkosten und des Schadensersatzanspruches infolge der Verwendung ungeeigneter Baustoffe.

 

Grundsätzlich entsteht bei der Aufnahme von „Viadur“ ein Mehraufwand, der im Wesentlichen von der Größe der Baustelle abhängt sowie davon, ob aufgrund der Ergebnisse von Materialproben gesonderte Vorkehrungen wie beispielsweise Arbeitsschutzvorkehrungen etc. erforderlich und geboten sind. Eine abschließende Ermittlung konkreter Mehrkosten ist daher aktuell nicht möglich. Näheres hierzu ist auch in den Erläuterungen zu Punkt 6 enthalten.

 

 

Zu 5.:   Bildung einer Rücklage zur Abdeckung des Schadens.

 

Nach den Vorschriften des § 37 Abs. 5 Kommunalhaushaltsverordnung Nordrhein-Westfalen (KomHVO NRW) müssen für Verpflichtungen, die dem Grunde oder der Höhe nach zum Abschlussstichtag noch nicht genau bekannt sind, Rückstellungen angesetzt werden, sofern der zu leistende Betrag nicht geringfügig ist. Es muss wahrscheinlich sein, dass eine Verbindlichkeit zukünftig entsteht, die wirtschaftliche Ursache vor dem Abschlussstichtag liegt und die zukünftige Inanspruchnahme voraussichtlich erfolgen wird. Die Voraussetzungen zur Bildung einer Rückstellung sind nicht gegeben.

Etwaige Mehraufwendungen können zu gegebener Zeit bei kleineren Maßnahmen aus den jährlich zur Verfügung stehenden Mitteln für die Unterhaltung von Straßen finanziert werden. Bei größeren Maßnahmen (Neubau von betroffenen Straßen) können ggf. anfallende Mehrkosten bei der Kalkulation bzw. den künftigen Haushaltsansätzen berücksichtigt werden.

 

 

 

Zu 6.:   Die in Punkt 4 festgestellten Kosten sind beim GVV oder Schädiger einzufordern.

 

Eine Anmeldung von Schäden bei der GVV-Kommunalversicherung kommt schon deshalb nicht in Betracht, weil die in Rede stehenden Schäden unter keinem denkbaren Aspekt Versicherungsschutz genießen.

 

In Betracht käme somit lediglich eine Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen gegenüber der bauausführenden Firma Tholen. Eine gerichtliche Durchsetzung erscheint allerdings nicht erfolgversprechend.

 

Das in Rede stehende Material wurde von der Firma Tholen über einen Zeitraum von mehreren Jahren im Zuge diverser Straßenbaumaßnahmen in weiten Teilen des Rheinlandes (auch in Eschweiler) eingebaut. Etwaig bestehende Schadensersatzansprüche sind vor diesem Hintergrund zum größten Teil ohnehin bereits verjährt.

 

Jedoch wäre auch die gerichtliche Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen betreffend den nicht verjährten Zeitraum äußerst risikobehaftet. In einem ersten Schritt müssten kostenaufwendig alle Verdachtsflächen beprobt werden. Hier müsste die Stadt Eschweiler in Vorleistung gehen. Bezogen auf einen sodann in einem zweiten Schritt begehrten Austausch des überhaupt betroffenen Materials wäre weiter zu berücksichtigen, dass diese Art der Mängelbeseitigung von dem Auftragnehmer, also der Firma Tholen, wirksam verweigert werden könnte, soweit die Arbeiten einen Aufwand erfordern, der in einem groben Missverhältnis zu dem Leistungsinteresse der Stadt Eschweiler steht.

 

Zu beachten ist hier, dass gemäß den zugrundeliegenden Leistungsverzeichnissen – anders als in anderen Kommunen teilweise der Fall – kein Verbau von Natursteinmaterial, sondern grundsätzlich der Verbau eines Recyclingmaterials geschuldet war. Das in Rede stehende kontaminierte Material „Viadur“ ist als ein solches Recyclingmaterial zu qualifizieren. Von der Firma Tholen wurde in Eschweiler demnach kein schon in bautechnischer Hinsicht an sich falsches Material (Unterschied zu anderen Kommunen) eingebaut. Weiter ist zu beachten, dass das Material in verbautem Zustand gemäß gutachterlicher Expertise nicht gesundheitsschädigend ist. Auch in wasserrechtlicher Hinsicht ergeben sich keinerlei Bedenken. Letztlich ist ebenfalls zu berücksichtigen, dass nach Einstellung der strafrechtlichen Ermittlungsverfahren durch die Staatsanwaltschaft Aachen nicht davon ausgegangen werden kann, dass die für die Firma Tholen verantwortlich handelnden Personen Kenntnis von der Kontaminierung des verbauten Materials „Viadur“ hatten.

 

 

Zu 7.:   Es handelt sich hier um eine bedeutsame Angelegenheit. Daher ist jeder dieser Schritte der Öffentlichkeit gegenüber gemäß § 8 der Hauptsatzung transparent darzustellen. Da zurzeit jeder betroffen sein könnte, müssen diese die Umstände auch prüfen und bewerten können.

 

Es handelt sich bei der von Herrn Stolz geschilderten Sachlage in Relation zu sonstigen Vorgängen um keine bedeutsame Angelegenheit im Sinne von § 8 der Hauptsatzung.

Das Thema wurde auch bereits mehrfach in politischen Gremien beraten, so in der Sitzung des Planungs-, Umwelt- und Bauausschusses am 19.09.2013 und in der Ratssitzung am 17.06.2015 im Zusammenhang mit der Vergabe von Tiefbauarbeiten an die Fa. Tholen GmbH. Die erforderliche Transparenz gegenüber der Öffentlichkeit ist gegeben, zumal diese Problematik in der Vergangenheit auch mehrfach in den Medien thematisiert wurde, zuletzt in den Eschweiler Lokalausgaben am 27.04.2019.

 


 

Es ergeben sich keine nennenswerten finanziellen Auswirkungen.


 

Es ergeben sich keine nennenswerten personellen Auswirkungen.