Betreff
Doppelte Staatsbürgerschaft
Vorlage
356/17
Art
Kenntnisgabe öffentlich

Der Sachverhalt wird zur Kenntnis genommen.

 


 

Auch in diesem Jahr findet am 15.12.2017 eine Einbürgerungsfeier für die neu Eingebürgerten der Stadt Eschweiler statt. Für viele Menschen ist es immer noch eine große Hürde, den Prozess bis hin zur Einbürgerung zu durchlaufen. Eine große emotionale Hürde sind auch die Sprach- und Einbürgerungstests, die seit 2008 verpflichtend sind.

 

Aus dieser Sachlage stellt sich für viele Menschen mit ausländischem Pass die Frage, wie gehe ich mit meiner Staatsbürgerschaft, die ich bevor ich die deutsche beantragt habe, um. Muss ich meine eigene abgeben, darf ich sie behalten?

 

Für in Deutschland geborene und aufgewachsene Kinder ausländischer Eltern wird die sogenannte Optionspflicht abgeschafft: Bislang müssen sie sich bis zum vollendeten 23. Lebensjahr für eine Staatsangehörigkeit entscheiden. Nach aktueller Gesetzeslage gibt es die Möglichkeit, in bestimmten Fällen die Mehrstaatigkeit zu akzeptieren.

 

Der Bundesrat hat das Gesetz zur Änderung des Staatsangehörigkeitsgesetzes am 19. September 2014 gebilligt. Am 3. Juli 2014 hatte der Bundestag das Gesetz beschlossen. Das Gesetz ist seit dem 20. Dezember 2014 in Kraft.

 

1.       Wie bekommt man die doppelte Staatsbürgerschaft?

 

Kinder ausländischer Eltern oder mit einem deutschen und einem ausländischen Elternteil haben ab der Geburt automatisch beide Staatsangehörigkeiten inne: die deutsche und die ausländische. Bis 2014 galt: Bis zum 24. Geburtstag mussten sie sich entscheiden, welche der beiden Staatsangehörigkeit sie annehmen wollen. Das galt für alle, die in einer solchen Konstellation nach 1990 in Deutschland geboren wurden. Diese "Optionspflicht" wurde aber aufgehoben. Seit der Neuregelung 2014 können in Deutschland geborene Kinder ausländischer Eltern auch beide Staatsangehörigkeiten behalten, wenn sie mindestens acht Jahre hier gelebt oder sechs Jahre hier zur Schule gegangen sind.

 

 

2.       Kann man auch im Erwachsenenalter noch eine zweite Staatsangehörigkeit annehmen?

 

Ja. In Deutschland geht das aber nur für EU-Bürger, Schweizer oder als anerkannter Flüchtling und durch den Nachweis, dass man acht Jahre rechtmäßig in Deutschland gelebt hat. Dann kann man zusätzlich die deutsche Staatsangehörigkeit annehmen. Die Mehrstaatigkeit können Erwachsene auch bekommen, wenn sie die deutsche Staatsangehörigkeit annehmen wollen, die Aufgabe der bisherigen aufgrund des Herkunftslandes aber schwierig ist oder nicht akzeptiert wird (beispielsweise Afghanistan, Algerien, Kuba, Iran, Marokko, Türkei und andere).

 

 

3.       Kann man sich auch freiwillig gegen die doppelte Staatsbürgerschaft entscheiden?

 [x]

Ja. Junge Erwachsene, die in Deutschland geboren und aufgewachsen sind, können nach ihrer Volljährigkeit ihren zweiten, ausländischen Pass abgeben (s.o.). Alle anderen können einen Antrag auf Einbürgerung stellen, wenn sie sich gegen die ausländische und für die deutsche Staatsangehörigkeit entscheiden. Man muss dann aber nachweisen, dass man sozusagen "einbürgerungsfähig" ist, also bestimmte Voraussetzungen erfüllen. Das gilt auch für Menschen, die durch die Heirat eines deutschen Partners die deutsche Staatsangehörigkeit annehmen möchten. All das regelt das Staatsangehörigkeitsgesetz

 

4.       Wie viele Menschen mit zwei oder mehr Pässen leben in Deutschland?

 

Die letzte offizielle Erfassung stammt aus dem Zensus 2011 (Quelle Melderegister, alle 10 Jahre). Demnach lebten zu dem Zeitpunkt in Deutschland knapp 4,3 Millionen Menschen mit mindestens einem weiteren Pass, darunter gut 530.000 Türken. Insgesamt leben hier rund drei Millionen Menschen, die türkische Wurzeln haben – etwa türkische Eltern. Rund 1,5 Millionen Türken haben keinen (zusätzlichen) deutschen Pass. Der Großteil hat aber ein unbefristetes Aufenthaltsrecht. Rund 800.000 Menschen mit türkischstämmigem Hintergrund haben laut Zensus 2011 nur den deutschen Pass. Der so genannte Mikrozensus (hochgerechnete Stichprobenumfrage) aus 2015 kam auf weit geringere Zahlen, wonach nur 1,7 Millionen Bürger in Deutschland einen weiteren Pass haben, davon nach Angaben der Befragten 246.000 Türken. 

5.       Wie ist die aktuelle Regelung in Deutschland?

Die sogenannte Optionspflicht zur Entscheidung zwischen zwei Staatsbürgerschaften entfällt seit dem 20. Dezember 2014 für all diejenigen Kinder, die in Deutschland geboren und aufgewachsen sind. Darunter fallen diejenigen, die:

·         bei Vollendung des 21. Lebensjahres mindestens acht Jahre in Deutschland gewohnt haben

·         sechs Jahre eine Schule in Deutschland besucht haben

·         über einen deutschen Schulabschluss verfügen

·         eine abgeschlossene Berufsausbildung vorweisen können

 

6.       Welche Rechte und Pflichten ergeben sich durch die doppelte Staatsbürgerschaft?

 

Die Rechte und Pflichten unterscheiden sich nicht voneinander. Für Menschen mit zwei Pässen gelten jeweils die Gesetze, Rechte und Pflichten des Landes, in dem sie sich (gerade) aufhalten. Kommt es für einen Deutschtürken mit zwei Pässen in der Türkei also zu einem Gerichtsprozess, gilt das türkische Recht. Im Fall des in der Türkei inhaftierten Journalisten Deniz Yücel beispielsweise ist genau das das Problem. Bei ihm greift die türkische Justiz, weil er die doppelte Staatsangehörigkeit hat. Kommt ein Deutschtürke, der mittlerweile nur den deutschen Pass besitzt, in ein türkisches Gefängnis, darf ihm nicht ohne deutsche Vertretung in der Türkei der Prozess gemacht werden.

Es kann aber auch Vorteile haben - etwa für Deutschtürken, die in der Türkei erben. Der deutsche Staat könnte auf den geerbten Besitz nicht einfach zugreifen und ihn besteuern.

Andererseits können türkischstämmige junge Männer seit Abschaffung der Wehrpflicht in Deutschland trotzdem von der Türkei einberufen werden.

 

7.       Welchen Pass zeigen Menschen mit doppelter Staatsbürgerschaft bei Reisen vor?

 

Grundsätzlich gilt: Bei jeder Ausreise aus einem Land muss der Pass vorlegt werden, der auch bei der Einreise vorlegt wurde. Welcher das ist, kann in den meisten Fällen frei entschieden werden. Für Menschen, deren zweiter Pass aus dem EU-Ausland ist, kann der deutsche Pass bei Reisen in die USA beispielsweise hilfreich sein. Nicht uninteressant: Reist ein Deutschtürke nach Deutschland ein, muss er den Behörden den deutschen Pass vorlegen – reist er in die Türkei, ist es umgekehrt.

 

8.       Dürfen Doppelstaatler eigentlich in beiden Ländern wählen?

 

Wer zwei Staatsbürgerschaften hat, darf – die Demokratie vorausgesetzt – auch in beiden Ländern wählen. Wahlberechtigte Deutschtürken dürfen also sowohl bei deutschen Wahlen ihre Stimme abgeben, als auch in der Türkei die Politik mitbestimmen. Zum Beispiel durch Briefwahl oder in den türkischen Konsulaten/Wahllokalen (seit 2014). Türken mit Bleiberecht aber ohne deutschen Pass dürfen übrigens – anders als EU-Bürger mit zwei Staatsangehörigkeiten – in Deutschland nicht einmal an Kommunalwahlen teilnehmen.

 

 

9.       Welche Länder erlauben die doppelte Staatsbürgerschaft?

 

Rund die Hälfte aller Länder erlaubt die doppelte Staatsbürgerschaft. In den letzten zwanzig Jahren haben viele Staaten ihre Gesetze entsprechend geändert und liberalisiert. 

 

 

 


Keine

 


keine