Die Verwaltung wird
beauftragt, die Planungen für die Standorte 3, 5, 8 und 9 weiterzuverfolgen und
entsprechende Schritte bei der Bezirksregierung Köln einzuleiten, um einen
Beschluss des Regionalrats zu erwirken.
Mit dem EEG 2017 (Erneuerbare-Energien-Gesetz) eröffnen sich für
Investoren neue Möglichkeiten, die den Bau von Photovoltaik-Freiflächenanlagen
wirtschaftlich erscheinen lassen. Anlagen bis zu einer Größe von 750 kWp (ca.
1,5 ha) werden von der Ausschreibungspflicht befreit. Da sich mit einem
stärkeren Ausbau dieser Anlagen auch im EEG 2017 die Vergütung allerdings
wieder verringern kann (Degression), möchte die Stadt Eschweiler zeitig und
zügig tätig werden und den planungsrechtlichen Rahmen für diese Projekte
vorbereiten.
Seit Jahren verfolgt die Stadt Eschweiler das Ziel, den Ausbau der
Erneuerbaren Energien zu fördern und Flächen für entsprechende
Erzeugungsanlagen auszuweisen. Nach dem Landesentwicklungsplan (LEP NRW vom
08.02.2017) sind gemäß Ziel 10.2-1 insbesondere Halden und Deponien als
Standorte für Erneuerbare Energien zu sichern, sofern die technischen
Voraussetzungen dafür vorliegen und fachliche Anforderungen nicht entgegenstehen.
„10.2-1 Halden und Deponien als „Standorte
für die Nutzung Erneuerbarer Energien“
In den Erläuterungen ist ausgeführt, dass „der verstärkte Ausbau der Erneuerbaren
Energien eine hinreichende Verfügbarkeit von Flächen für entsprechende
Erzeugungsanlagen erfordert. Zur Vermeidung von Konflikten mit anderen Nutz-
und Schutzfunktionen und im Interesse eines sparsamen Umgangs mit Grund und
Boden bieten sich daher Standorte an, die durch eine frühere Nutzung bereits
baulich vorgeprägt sind oder als künstliche Bauwerke errichtet wurden (z.B.
Aufschüttungen). Halden und Deponien kommen aufgrund ihrer exponierten Lage zur
Nutzung von Solarenergie, zum Anbau nachwachsender Rohstoffe oder als Standorte
für die Windenergieerzeugung in Betracht. Voraussetzung dafür ist, dass Halden
oder Deponien für die Errichtung beispielsweise von Solar- oder Windenergieanlagen
grundsätzlich deponietechnisch und baulich geeignet sind sowie Anforderungen
z.B. des Grundwasser-, Brand-, Naturschutzes nicht entgegenstehen.
Halden
und Deponien sind Bestandteil der industriell-anthropogen geprägten
Kulturlandschaft. Die Nutzung durch Erneuerbare Energien stellt hierbei eine
Fortentwicklung der Kulturlandschaft im Sinne des Kapitels 3 (LEP NRW „Erhaltende
Kulturlandschaftsentwicklung“) dar.
Ebenso schließt eine Funktion für Tourismus und Naherholung sowie für das
Landschaftsbild die Nutzung durch Erneuerbare Energien nicht grundsätzlich aus.
Bei Halden und Deponien mit besonderer Bedeutung für den Biotop- und
Artenschutz ist eine Verträglichkeit der Nutzung durch Erneuerbare Energien im
Einzelfall zu bewerten.“
Weiterhin umfasst die Flächenkulisse für Photovoltaik-Freiflächenanlagen
gem. Ziel 10.2-5 u.a. Brach- bzw. Konversionsflächen aus gewerblicher,
bergbaulicher, verkehrlicher, wohnungsbaulicher oder militärischer Nutzung.
„10.2-5 Solarenergienutzung
Die
Nutzung der Solarenergie auf und an vorhandenen baulichen Anlagen ist der
Errichtung von großflächigen Solarenergieanlagen auf Freiflächen
(Freiflächen-Solarenergieanlagen) vorzuziehen. Im Gebäudebestand steht ein
großes Potenzial geeigneter Flächen zur Verfügung, das durch eine
vorausschauende Stadtplanung noch vergrößert werden kann. Hilfreich sind hier
auch „Solar-Kataster“.
Daher
dürfen Standorte für Freiflächen-Solarenergieanlagen nur ausnahmsweise im
Freiraum festgelegt werden. Die Standortanforderungen tragen den Belangen des
Freiraumschutzes und des Landschaftsbildes Rechnung und leisten einen Beitrag
zur nachhaltigen Flächeninanspruchnahme. Wesentlich ist, dass es sich nicht um
neue, isoliert im Freiraum liegende Standorte handelt, sondern um Standorte,
die durch eine frühere Nutzung bereits baulich vorgeprägt sind oder als
künstliche Bauwerke errichtet wurden (z.B. Aufschüttungen). Dies dient der
Vermeidung von Konflikten mit anderen Nutz- und Schutzfunktionen und ist im
Interesse eines sparsamen Umgangs mit Grund und Boden. Aufgrund ihrer
exponierten Lage können sich beispielsweise Bergehalden oder Deponien für die
Nutzung von Solarenergie eignen.
Im
Gegensatz zu Windenergieanlagen und privilegierten energetischen
Biomasseanlagen sind Freiflächen-Solarenergieanlagen nicht bauplanungsrechtlich
privilegiert. Für eine Freiflächen-Solarenergieanlage, die im Außenbereich als
selbstständige Anlage errichtet werden soll, ist ein Bebauungsplan
aufzustellen, der an die textlichen und zeichnerischen Festlegungen der
landesplanerischen Vorgaben und der Regionalpläne, die für das Planungsgebiet
bestehen, anzupassen ist.“
Die Stadt Eschweiler hat in ihrem Stadtgebiet einige Standorte
identifiziert, die diesen landesplanerischen Zielvorstellungen entsprechen und
mit Schreiben vom 08.12.2016 eine Anfrage nach § 34 Landesplanungsgesetz über
die StädteRegion Aachen an die Bezirksregierung Köln gerichtet. Inhalt war, ob
Photovoltaik-Freiflächenanlagen an den Standorten:
1. „Entlang der Euregiobahn“ in St.
Jöris,
2. „Blaustein-See“ an der
Sonderbaufläche für Freizeit und Erholung,
3. „Entlang der A 4“ an den
Raststätten,
4. „Auf der Kippe“ in
Eschweiler-Ost,
5. „An der Autobahnabfahrt
Eschweiler-Ost“
6. „Feldenendstraße“, auf dem
ehemaligen Fibercast-Gelände
7. „Entlang der Bahnstrecke
Bovenberg“ und
8. „Halde Nierchen“ in Weisweiler
möglich sind und eine entsprechende Flächennutzungsplanänderung an die
Ziele der Raumordnung und Landesplanung angepasst sei. Das Anschreiben ist als Anlage
1 beigefügt.
Mit Schreiben vom 24.01.2017 teilte die StädteRegion Aachen mit, dass
gegen die geplante Flächennutzungsplanänderung unter Berücksichtigung der
aufgeführten Hinweise keine Bedenken bestünden. Das Antwortschreiben der
StädteRegion Aachen ist als Anlage 2 beigefügt.
Mit Schreiben vom 06.03.2017 teilte die Bezirksregierung Köln mit, dass
die Standorte 1., 2., 3., 4., 5. und 8. nicht an die Ziele der
Raumordnung angepasst seien, die Standorte 6 und 7 seien an die Ziele der
Raumordnung angepasst. Die Verfügung der Bezirksregierung ist als Anlage 3
beigefügt.
Da die Verwaltung mit diesem Ergebnis nicht einverstanden war, hat am 28.03.2017
eine Erörterung gem. § 34 Absatz 3 LPlG stattgefunden, bei der im Wesentlichen
die Standorte
3. „Entlang
der A 4“ an den Raststätten,
5. „An der
Autobahnabfahrt Eschweiler-Ost“ und
8. „Halde
Nierchen“ in Weisweiler
besprochen wurden.
Gegen eine Darstellung von Photovoltaik-Freiflächenanlagen im
Flächennutzungsplan der Stadt Eschweiler an diesen Standorten sprechen lt. Bezirksregierung Köln diese
Argumente:
Þ
Beim Standort
3 steht die Darstellung des Regionalen Grünzugs, also eine im Regionalplan
festgelegte Schutzfunktion, einer Nutzung der Fläche mit
Photovoltaik-Freiflächenanlagen entgegen.
Im FNP 2009, letzter Stand 10/2016 ist
dieser Standort in einer Entfernung von 110 m zur BAB A 4 als landwirtschaftliche
Fläche dargestellt. Die Stadt vertritt die Auffassung, dass
Photovoltaik-Freiflächenanlagen im Bereich der Raststätten und entlang der
sechsspurigen Autobahn im Abstand von 110 m den Regionalen Grünzug nicht beeinträchtigen.
Þ
Auch der
Standort 5 liegt im Regionalen Grünzug.
Auch für diesen Standort vertritt die Stadt
die Auffassung, dass der Regionale Grünzug durch
Photovoltaik-Freiflächenanlagen nicht beeinträchtigt wird. Die Fläche ist ca.
3,5 ha groß. Der FNP 2009 hat bereits eine veränderte Darstellung zum Regionalplan
2003, deswegen sind aus Sicht der Verwaltung die Ziele des Regionalplans,
der zur Überarbeitung ansteht, zu überprüfen.
Þ Der Standort 8 ist eine rekultivierte
Kippe des Braunkohletagebaus, die bereits landwirtschaftlich genutzt wird.
Diese erfüllt somit nicht den LEP-Ausnahmetatbestand des Ziels 10.2-5.
Im
Erörterungsgespräch erläuterten die Vertreter der Bezirksregierung, dass mit
der Landesregierung abgestimmt sei, dass Halden und Deponien, die für
Photovoltaik-Freiflächenanlagen genutzt werden könnten, nur solche aus dem
Steinkohlebergbau und nicht Halden aus dem Braunkohletagebau seien. Diese
Einschränkung ist allerdings in den Erläuterungen zum LEP nicht vermerkt und
für die Kommune nicht nachvollziehbar.
Im
Regionalplan 2003 sind das Plateau
der Halde Nierchen als Allgemeiner Freiraum- und Agrarbereich und die
Böschungsbereiche als Waldbereiche dargestellt. Die Darstellung „Schutz der
Landschaft und landschaftsorientierte Erholung“ überlagert diese Bereiche. Die
Rekultivierungsziele sind für die Böschungsbereiche Wald und für das Plateau
landwirtschaftliche Fläche.
Im FNP 2009 sind das Plateau der Halde Nierchen als
Sonderbaufläche mit der Zweckbestimmung „Landwirtschaft und Anlagen, die der
Nutzung von Windenergie dienen“ und die Böschungsbereiche als Wald dargestellt.
Das Haldenplateau wird bereits seit mehr als
20 Jahren für die Erzeugung von Erneuerbarer Energie durch Windkraftanlagen
genutzt. Die Stadt vertritt die Auffassung, dass eine Nutzung durch
Photovoltaik-Freiflächenanlagen die Erholungsfunktion dort nicht weiter
beeinträchtigt. Die Solaranlagen könnten auf dem Haldenplateau mit einer entsprechenden
Eingrünung ohne optische oder akustische Beeinträchtigungen für die
Öffentlichkeit Erneuerbare Energie produzieren.
Zusätzlich sind die Böden auf dem
Haldenplateau bezogen auf den landwirtschaftlichen Nutzen von geringer Wertigkeit.
Ein aktuelles Bodengutachten kommt zu folgenden Ergebnissen und Empfehlungen:
„Die
Böden auf der untersuchten Flächen der Halde „Auf dem Nierchen“ weisen im
Vergleich zu den umgebenden standorttypischen Böden folgende Eigenschaften auf
·
stark abgesenkter Humusgehalt
·
starke pH-Anhebung
·
abgesenkte Bodenfruchtbarkeit, entstanden
durch Veränderung der Erdoberfläche und künstlichen Bodenauftrag
·
erhöhte Erosionsempfindlichkeit
·
schädliche Bodenveränderung i.S. § 2 Abs. 3
BBodSchG durch Verdichtung
Werden
die standorttypischen Böden der Umgebung der Halde „Auf dem Nierchen“ als
Bezugsmaßstab und Vornutzungszustand herangezogen, ist anhand der für das
Umweltschutzgut Boden geprüften Kriterien festzustellen, dass sich der
ökologische Wert der … Höhenfläche als signifikant schlechter darstellt als vor
der Aufhaldung und aktuellen Nutzung. Überdies sind schädliche
Bodenveränderungen i. S. § 2 Abs. 3 BBodSchG festzustellen. Im Vergleich zu den
standorttypischen Böden der Umgebung müssen die Bodenfunktionen nach § 2 Abs. 2
als beeinträchtigt angesehen werden, da sie mit erheblichen Nachteilen für die
landwirtschaftliche Nutzung verbunden sind.“
Das zitierte Bodengutachten wurde den
Vertretern der Bezirksregierung übergeben und vereinbart, dass eine erneute
Verfügung nach Durchsicht der Unterlagen erfolgen würde. Diese Verfügung vom
03.04.2017 ist als Anlage 7 beigefügt und beinhaltet keine Änderung
gegenüber der Verfügung vom 06.03.2017.
Damit kann die Stadt Eschweiler die Planungen
auf den Standorten 3, 5 und 8 nicht weiterverfolgen. Da sie jedoch weiterhin
die Auffassung vertritt, dass diese Standorte an die Ziele der Raumordnung
angepasst sind, müssen nun gemäß § 34 Abs. 3 LPlG der Sachverhalt und die
landesplanerischen Bedenken der Bezirksregierung in einer Sitzungsvorlage
aufbereitet und dem Regionalrat zur Beratung vorgelegt werden. Der Regionalrat
entscheidet im Einvernehmen mit der Bezirksregierung Köln darüber, ob die
gemeindlichen Planungsabsichten mit den Zielen der Raumordnung übereinstimmen.
In der Zwischenzeit wurde ein weiterer
Standort „9. Vöckelsberg“ identifiziert und soll in einer weiteren
Anfrage nach § 34 LPlG der Bezirksregierung Köln zugeschickt werden. Der
Steckbrief 9. Vöckelsberg ist als Anlage 8 beigefügt.
Der Regionalplan 2003 stellt in diesem
Bereich zwischen der Bundesautobahn und dem „Allgemeinen Siedlungsbereich“ des
Eschweiler Stadtzentrums einen kleinen Teilbereich als „Allgemeinen Freiraum-
und Agrarbereich“ mit der Überlagerung durch einen Regionalen Grünzug dar. Bei
dieser Grünzug-Darstellung handelt es sich um die südlichen Randbereiche des in
Ost-West-Richtung verlaufenden Grünzuges zwischen den Siedlungsbereichen von Eschweiler
und Dürwiß.
Bei der Aufstellung des Regionalplans 2003
waren diese Flächen im damals gültigen Flächennutzungsplan der Stadt Eschweiler
(FNP 1980) bis zur BAB A 4 als Wohnbauflächen dargestellt, s. Anlage 9.
Es stellt sich nun die Frage, ob es sich hierbei um eine zeichnerische
Unschärfe des Regionalplans handelt.
Für den Standort Vöckelsberg wird in der
Entwicklungskarte des Landschaftsplanes III „Eschweiler - Stolberg“ das
Entwicklungsziel 5, die „Ausstattung der Landschaft für Zwecke des
Immissionsschutzes oder zur Verbesserung des Klimas“ formuliert. Bei der
Verbreiterung der Autobahn auf sechs Spuren wurden auf der Südseite Immissionsschutzanlagen
in Form eines rund 7 m hohen Lärmschutzwalls errichtet. Die übrige, mit dem
Entwicklungsziel 5 dargestellte Fläche in einer Tiefe von rd. 65 Metern wird
weiterhin bisher landwirtschaftlich genutzt. Die geplante Installation einer
Photovoltaik-Freiflächenanlage in diesem Bereich entspricht dem aufgeführten
Ziel des Landschaftsplans, da mit einer effektiven Nutzung der Erneuerbaren
Energien eine Verbesserung des Klimas einhergeht.
Die regionalbedeutsamen und für die
Hauptfunktionen des Grünzugs wesentlichen Flächen liegen nördlich der BAB A 4.
Die Fläche Vöckelsberg wird dagegen heute schon durch die Barrierewirkung der
Fahrspuren und der Lärmschutzanlagen von diesem Grünzug abgeschnitten. Auch
nach Westen wird der Grünzugausläufer durch die Gewerblichen Bauflächen an der
verlängerten Friedensstraße begrenzt. Die Hauptfunktionen eines Regionalen Grünzugs
zwischen den Siedlungsbereichen von Dürwiß und der Autobahn werden durch eine
geplante Photovoltaik-Freiflächenanlagennutzung südlich der Lärmschutzanlagen
der BAB A 4 nicht beeinträchtigt. Dies unterstreicht auch das Entwicklungsziel
5 aus dem Landschaftsplan.
Zur Übersicht ist eine Tabelle mit einer
Zusammenfassung der Stellungnahmen der StädteRegion Aachen und der
Bezirksregierung Köln als Anlage 4 sowie der Regionalplan 2003 und der
Flächennutzungsplan 2009 der Stadt Eschweiler, aktueller Stand 2016, jeweils
mit den gekennzeichneten Standorten 1-9 als Anlagen 5 und 6
beigefügt.
Die Verwaltung empfiehlt, die Planungen für
die Photovoltaik-Freiflächenstandorte 3, 5, 8 und 9 weiterzuverfolgen und
entsprechende Schritte bei der Bezirksregierung Köln einzuleiten, um einen
Beschluss des Regionalrats zu erwirken.
Die Anfrage nach § 34 Landesplanungsgesetz ist haushaltsrechtlich nicht relevant. Es ist darüber hinaus vorgesehen, dass die Kosten für die weiteren Planungen wie Flächennutzungsplanänderungen und Bebauungspläne von Investoren getragen werden.
Die Anfrage nach § 34 Landesplanungsgesetz bindet als Pflichtaufgabe der
Kommune Arbeitskapazitäten in der Abteilung 610.