Betreff
Handlungskonzept Wohnen
Vorlage
111/17
Art
Beschlussfassung öffentlich

1. Das Handlungskonzept Wohnen, Stand März 2017 (Anlage 1), wird als städtebauliches Entwicklungskonzept im Sinne des § 1 Abs. 6 Nr. 11 Baugesetzbuch beschlossen.

2. Die Verwaltung wird beauftragt, im Rahmen des Prozesses „Global Nachhaltige Kommune“ eine ämterübergreifende Arbeitsgruppe „Wohnbauentwicklung“, die mit der Umsetzung der im Handlungskonzept Wohnen aufgeführten Maßnahmen und einer kontinuierlichen Wohnungsmarktbeobachtung für die Stadt betraut wird, einzurichten.

  


Der Rat der Stadt Eschweiler hat in seiner Sitzung am 16.12.2014 der Mittelbereitstellung zur Erstellung eines Wohnraumversorgungskonzeptes / Handlungskonzeptes Wohnen (HKW) zugestimmt (vgl. VV 457/14). Mit dem HKW sollten die Fördervoraussetzungen des Landes Nordrhein-Westfalen für die Wohnraumförderung im Rahmen des Wohnraumförderungsprogrammes NRW (Mehrjähriges Wohnraumförderungsprogramm 2014 bis 2017 – WoFP 2014-2017) erfüllt und damit die Grundlage für den geförderten Neubau von „ausreichend sozialem, bezahlbarem, altengerechtem und barrierefreiem Wohnraum“ (Antrag der SPD-Fraktion im Rat der Stadt vom 03.11.2014; Anlage zur VV 457/14) geschaffen werden.

 

Die Verwaltung hat am 14.12.2015 das Forschungs- und Beratungsunternehmen empirica AG aus Bonn mit der Erstellung des HKW beauftragt. 

 

Das fertig gestellte HKW (s. Anlage) ist das Rahmenkonzept, das die Ziele und Positionen der Stadt zur Wohnungsbaupolitik definiert. Damit kann die Stadt sich den heutigen und zukünftigen Herausforderungen der Wohnungsmarktentwicklung stellen. Es enthält darüber hinaus konkrete Maßnahmen, um diese gesteckten Ziele zu erreichen. Das grundlegende Ziel im Sinne einer nachhaltigen Stadtentwicklung ist es, für alle Zielgruppen des Wohnungsmarktes, insbesondere für Familien, ältere Haushalte und Haushalte mit geringem Einkommen, ein entsprechendes Angebot an Wohnbauflächen bzw. Wohnraum zur Verfügung zu stellen, und damit langfristig die Entwicklung der Einwohnerzahlen zu stabilisieren. Ein besonderes Augenmerk dabei sollte es sein, den Zuzug von Familien nach Eschweiler durch ein attraktives Angebot an Baugrundstücken und Wohnraum zu fördern und die durch ein unzureichendes Angebot bedingte Abwanderung zu verhindern.

 

Folgende Fragen sollen mit dem HKW beantwortet werden:

-          Was sind die Ziele der Eschweiler Stadtentwicklung und welche Aufgabe soll dabei der Wohnungsmarkt haben?

-          Wie ist der aktuelle Stand des Wohnungsmarktes und welche Entwicklungen sind zukünftig zu erwarten?

-          Wie viel Neubau benötigt Eschweiler, in welchen Zeiträumen und für welche Zielgruppen?

-          Welches Baulandpotential gibt es, um diese Nachfrage zu decken?

-          Wie kann der Wohnungsbestand den Bedürfnissen zukünftiger Zielgruppen (Familien, ältere Haushalte, Haushalte mit geringem Einkommen) angepasst werden?

-          Welche Perspektiven gibt es für die soziale Wohnraumversorgung?

-          Wie kann die Wohnungsmarktentwicklung dauerhaft in die Arbeit der Verwaltung integriert werden? 

-          Welche Akteure des Eschweiler Wohnungsmarktes können dauerhaft motiviert werden?

-          Wie kann ein stetiges Wohnungsmarkt-Monitoring aussehen?

 

Um diese Fragen zielgerichtet zu beantworten, gliedert sich das HKW in drei Abschnitte:

1. Analyse und Bewertung des aktuellen Wohnungsmarktes

2. Zukünftige Entwicklung des Wohnungsmarktes

3. Ableitung von Zielen, Strategien und Maßnahmen.

 

Im Vorfeld zu der Bearbeitung dieser drei Abschnitte wurden jeweils thematische Workshops mit einer Gruppe aus externen Wohnungsmarktakteuren (Mieterschutzverein e.V., Haus- und Grund Eschweiler, Immobilienmaklern, Banken, Bauträgern) und Mitarbeitern der Stadtverwaltung durchgeführt, die am 13.04.2016, 31.08.2016 und 03.11.2016 stattfanden. Die Ergebnisse aus diesen Workshops sowie aus Experteninterviews mit externen Wohnungsmarktakteuren sind in das Handlungskonzept Wohnen eingeflossen. Die empirica AG verfügt zudem über umfangreiche Datenbanken zum Wohnungsmarkt in der Region, z.B. Leerstandsindex, Preisdatenbank, Regionalprognosen, Quartiersdatenbank u.a., die für die Grundlagenanalyse des Eschweiler Wohnungsmarktes herangezogen wurden. 

 

Eschweiler ist eine wachsende Stadt, die sich als familienfreundliche, weltoffene, nachhaltige, zukunftsfeste und attraktive Stadt mit sicheren Arbeitsplätzen und ausreichendem Wohnraum für alle Bevölkerungsschichten präsentiert. Die Einwohnerentwicklung der zurückliegenden Jahre zeigt, dass Eschweiler ein begehrter Wohnstandort ist.

Gemäß der prognostizierten Einwohnerentwicklung (Variante 1, Kapitel 4.1.1) bis 2025 ergibt sich ein Bedarf an Bauland für insgesamt 1.000 bis 1.200 Wohneinheiten bis 2025. Da sich der Wohnungsmarkt seit 2011 angespannt zeigt, Nachfrageüberhänge in fast allen Wohnungsmarktsegmenten (Einfamilienhäuser, Mietwohnungen, Eigentumswohnungen) bestehen und die Nachfrage durch die Entwicklungen in der Region, insbesondere die Verteuerung und Verknappung von Wohnbauland im Ballungsraum Aachen, weiter steigen könnten, wird der oben skizzierte Neubaubedarf zukünftig entsprechend und regelmäßig anzupassen sein.

Da die Stadt Träger der Planungshoheit ist, kann sie durch Ausweisung neuer Baugebiete und durch Anpassung des Baurechts bzw. Schaffung von neuem Baurecht im Bestand die planungsrechtlichen Grundlagen für die Deckung dieses Neubaubedarfs schaffen.

 

Durch Vernetzung mit den externen Akteuren des Wohnungsmarktes und einer Fortführung der Kooperation zur Entwicklung des Wohnungsmarktes kann die Stadt indirekt Einfluss auf die Entwicklung des privaten Bestandes an Grundstücken und Wohngebäuden im Sinne der Ziele des HKW nehmen (Kapitel 5).

 

Das Handlungskonzept Wohnen identifiziert im Bereich „Ziele, Strategien und Maßnahmen“ (Kapitel 4) fünf Handlungsfelder mit entsprechenden Zielen und Maßnahmenpaketen:

 

1. Neubau und strategisches Flächenmanagement (Kapitel 4.1)

-          Entwicklung einer Nachverdichtungsstrategie für die zukünftige Baulandentwicklung

-          Entwicklung von Grundstücken mit Baurecht

-          Ausweisung zusätzlicher Wohnbauflächen

-          Bodenvorratspolitik

-          Etablierung einer Arbeitsgruppe „Wohnbauentwicklung“

2. Familien und ältere Menschen (Kapitel 4.2)

-          Schaffung familiengerechter Baugrundstücke

-          Barrierearmut in Bestandsgebäuden

-          Mobilisierung altersgerechter Neubauangebote

-          Mehrgenerationenangebote

3. Preiswertes Wohnen (Kapitel 4.3)

-          Preisgebundener Wohnraum im Bestand

-          Neubau von geförderten Wohnungen

4. Weiterentwicklung des Bestands (Kapitel 4.4)

-          Quartiersentwicklung

-          Eigentümerstandortgemeinschaften

5. Umsetzung des Handlungskonzeptes Wohnen (Kapitel 4.5)

-          Strategische Steuerung und Umsetzung

-          Wohnungsmarktbeobachtung

-          Etablierung eines „Runden Tisches Wohnen“ (Politik, Verwaltung, Wohnungsmarktakteure).

 

Für die Umsetzung der Maßnahmen sind die Einrichtung einer ämterübergreifenden „Arbeitsgruppe Wohnbauentwicklung“ (Kapitel 4.1.4.5) sowie die Benennung eines Koordinators innerhalb der Verwaltung geplant. Die Arbeitsgruppe soll auf Basis des HKW einen Maßnahmenplan mit entsprechender Zeit- und Ressourcenplanung erstellen, der dann den zuständigen politischen Gremien zur Vorberatung bzw. zum Beschluss vorgelegt wird.

 

Da der Wohnungsmarkt auf Grund von Angebot und Nachfrage, der demografischen, sozialen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen in der Stadt und der Region einer ständigen Entwicklung unterliegt, bedarf es einer kontinuierlichen Beobachtung des Wohnungsmarktes, um entsprechend schnell auf sich einstellende Veränderungen, z.B. Zunahme der Baulandnachfrage oder der Nachfrage nach sozial gefördertem oder altersgerechtem Wohnraum, zu reagieren und gezielte Maßnahmen einzuleiten. Die zielgenaue Abschätzung des Neubau- aber auch Umbaubedarfs sowie die Verteilung des Bedarfs auf die jeweiligen Wohnungsmarktsegmente und Ortsteile sind wesentliche Aufgaben dieser kontinuierlichen Wohnungsmarktbeobachtung.

 

Das Handlungskonzept Wohnen ist das Rahmenkonzept für die nachhaltige Wohnungsmarktentwicklung in Eschweiler. Ergänzt werden soll es durch weitere Bausteine und Maßnahmen, wie z.B.

-          Beschluss zur sozial gerechten Bodennutzung in Eschweiler,

-          Beschluss einer Richtlinie über die Vergabe städtischer Einfamilienhausgrundstücke zur Eigentumsbildung und Familienförderung,

-          Beschluss zur Umsetzung eines Baulandprogramms,

-          usw..

Diese und weitere Maßnahmen sollen in einem nächsten Schritt durch die Arbeitsgruppe „Wohnbauentwicklung“ erarbeitet und im Anschluss den zuständigen politischen Gremien zum Beschluss vorgelegt werden.

 

Die Verwaltung empfiehlt, das Handlungskonzept Wohnen als städtebauliches Entwicklungskonzept mit gesamtstädtischer Bedeutung im Sinne des § 1 Abs. 6 Nr. 11 BauGB zu beschließen und die Ergebnisse zukünftig auch bei der Aufstellung der Bauleitpläne zu berücksichtigen.

 

 


Die für die externe Erarbeitung des Handlungskonzeptes Wohnen erforderliche Summe von rund 25.000 Euro wurde im Jahr 2016 im Produkt 053510101 und dort im Sachkonto 52917000 bereitgestellt. Die Umsetzung der Maßnahmen erfolgt im Rahmen der haushaltsrechtlichen Möglichkeiten.

 


Begleitung und Steuerung der Konzeptentwicklung haben Arbeitskapazitäten in den Ämtern 23, 50 und 61 gebunden. Die Umsetzung der beschlossenen Maßnahmen soll zunächst durch bestehendes Personal der Verwaltung abgedeckt werden. Die Einrichtung einer Stelle zur Wohnungsmarktentwicklung ist geplant.