Betreff
Kampagne des Landesintegrationsrates NRW: "HIER, wo ich lebe, will ich wählen"
Vorlage
224/15
Art
Kenntnisgabe öffentlich

Der Sachverhalt wird zur Kenntnis genommen.


Am 25. Oktober 2014 hat der Hauptausschuss des Landesintegrationsrates NRW die Initiative des Vorstandes mit seinem Beschluss bestätigt, die Kampagne „HIER, wo ich lebe, will ich wählen!“ erneut auf den Weg zu bringen. Bereits in den Jahren 2007-2009 wurde die gleichnamige Kampagne zusammen mit weiteren Landesorganisationen mit dem Ziel gestartet, die Einführung des kommunalen Wahlrechts für alle Ausländerinnen und Ausländer auf Bundesebene zu erreichen.

 

Die aktuelle Kampagne wird vor dem Hintergrund der Beratungen der Verfassungskommission des Landtags NRW durchgeführt, die Vorschläge zur Änderung der Nordrhein-Westfälischen Verfassung erarbeitet. Der Landesintegrationsrat NRW sieht in der geplanten Verfassungsreform die einmalige Gelegenheit, das kommunale Wahlrecht für alle Migrantinnen und Migranten in NRW einzuführen.

Neben dem Landesintegrationsrat Nordrhein-Westfalen sind folgende Organisationen und Verbände die Initiatoren der Kampagne:

    DGB Nordrhein-Westfalen

    Freie Wohlfahrtspflege NRW

    Landesjugendring NRW

    Landesschülervertretung NRW

    Landesseniorenvertretung NRW

Am 27. November 2014 fand eine Pressekonferenz und die Auftaktveranstaltung der Kampagne in Köln statt.

 

Hintergrund der Kampagne:

 

Der Europarat und das Europäische Parlament fordern seit langem, allen rechtmäßig in einem Land lebenden Menschen, das aktive und passive Wahlrecht auf kommunaler Ebene einzuräumen.

Praxis in europäischen Ländern

In 15 europäischen Ländern haben Migrantinnen und Migranten zum Teil schon lange das Recht, die Kommunalparlamente mitzuwählen.

 

Hier einige Beispiele:

● 1974 führte Dänemark das Wahlrecht für Nicht-Dänen ein. Ausländische Staatsbürger und -bürgerinnen haben auf lokaler wie regionaler Ebene das aktive und passive Wahlrecht.

● Schweden führte das Kommunalwahlrecht für Ausländer 1975 ein. Europaweit einzigartig ist die Berechtigung, die Provinziallandtage mitzuwählen.

● Großbritannien gewährt Staatsbürgern der Commonwealthländer sowie Irlands nicht nur auf kommunaler Ebene das Wahlrecht. Sie dürfen auch ohne britische Staatsbürgerschaft die Mitglieder des Parlaments mitbestimmen

● In Irland ist das kommunale Wahlrecht seit 1963 nicht an die Staatsbürgerschaft, sondern allein an den legalen Aufenthaltsort gebunden. Bereits nach sechs Monaten können Migranten im Inselstaat politisch mitbestimmen.

● Die Niederlande gewähren seit 1985 allen Ausländern, die seit mindestens 5 Jahren im Land leben, das aktive und passive Wahlrecht auf kommunaler Ebene.

Der Landtag NRW hat eine Kommission zur Reform der Nordrhein-Westfälischen Verfassung eingerichtet. Wir fordern den Landtag auf, im Rahmen dieser Novellierung politische und rechtliche Lösungsansätze zum kommunalen Wahlrecht zu finden.

Wir fordern das kommunale Wahlrecht, weil:

● die meisten Migrantinnen und Migranten schon seit vielen Jahren in den Städten unseres Landes leben. Viele

sind hier geboren. Sie identifizieren sich mit „ihrer“ Stadt und engagieren sich gesellschaftlich vor Ort.

● demokratiefreie Zonen in Städten entstehen können. In Vierteln, in denen immer größere Bevölkerungsteile nicht wählen dürfen, verlieren Räte ihre Legitimation.

● Integration nur über politische Beteiligung gelingt! Als Subjekte der Politik können und wollen Migrantinnen und Migranten über die Zukunft der Städte und Gemeinden mitbestimmen.

● sich Migrantinnen und Migranten im Rahmen des Betriebsverfassungsgesetzes schon längst in den Mitbestimmungsgremien der Unternehmen beteiligen.

● politische Rechte für Migrantinnen und Migranten die lokale Demokratie gegen rechtsradikale Tendenzen stärken!

● Ungleichbehandlung von nichtdeutschen Staatsangehörigen aus unterschiedlichen Herkunftsstaaten nicht

länger hingenommen werden darf. Sie ist nach unserem Verständnis nicht mit dem Grundgesetz vereinbar. Der

Ungleichbehandlung muss ein Ende gesetzt werden.

● Pflichten, wie hier Steuern zu zahlen, an Rechte wie das Wahlrecht geknüpft sein müssen.

● Einbürgerung keine Alternative zum kommunalen Wahlrecht ist. Der Lebensgeschichte der Migrantinnen und

Migranten entsprechend sollte die generelle Mehrstaatigkeit endlich akzeptiert werden.

Schon in den Jahren 2007-2009 haben 32 Städte in NRW Ratsbeschlüsse für die Einführung des kommunalen Wahlrechts gefasst. So beispielsweise auch Oberhausen mit den Stimmen aller Fraktionen im Stadtrat.

Positionen der Parteien in NRW

Die Parteien in NRW haben bereits in ihren Programmen zu diesem Thema Stellung genommen. Die SPD Fraktion forderte bereits 1989 in einer aktuellen Stunde im Landtag das kommunale Wahlrecht für alle Ausländer.

Bei der CDU zählen Prof. Dr. Rita Süssmuth, Heiner Geissler, Petra Roth, ehemalige Oberbürgermeisterin von

Frankfurt a. M., und Fritz Schramma, ehemaliger Oberbürgermeister der Stadt Köln, zu den Persönlichkeiten, die das kommunale Wahlrecht für alle fordern. Auf der Internetseite der GRÜNEN NRW heißt es unter

dem Titel Kommunales Wahlrecht auch für Nicht-Europäer*innen: „…Es geht um Menschen, die seit Jahren legal in Deutschland leben, hier arbeiten und Steuern zahlen… Der einzige Unterschied ist, dass diese Bürgerinnen und Bürger die Angelegenheiten ihrer Kommune nicht mitbestimmen dürfen. Diesen Umstand wollen wir GRÜNEN ändern.. .“ Die FDP NRW äußerte sich im Vorfeld der Kommunalwahl 2014 in ihrem Programm wie folgt: „Wir wollen, dass sich Einwanderer aktiv in der Politik vor Ort engagieren. Nach wie vor setzen wir uns dafür ein, dass Einwanderer, die sich seit mindestens fünf Jahren rechtmäßig in der Bundesrepublik Deutschland aufhalten, das kommunale Wahlrecht bekommen.“ Die PIRATEN im Landtag NRW haben am 11.06.2013 einen Antrag zur Einführung des kommunalen Wahlrechts auch für Nicht EU-Bürgerinnen und Bürger gestellt. Es ist erkennbar, dass über alle Parteigrenzen hinweg das kommunale Wahlrecht gefordert wird und eine große Chance zu seiner Einführung besteht. Diese Chance muss jedoch von der Politik ergriffen und genutzt werden. Der Ansatz kann in NRW nur der sein, das kommunale Wahlrecht für alle auf der Landesebene rechtlich zu verankern und die gleichberechtigte politische Teilhabe in der Kommune für alle zu ermöglichen.

 

33 Integrationsräte in NRW beteiligten sich am landesweiten Aktionstag (01.Mai 2015) und forderten die Einführung des kommunalen Wahlrechts für alle. An eigenen Ständen informierten sie die Bürgerinnen und Bürger auf den DGB-Kundgebungen über die gesetzliche Schieflage, die Ausländerinnen und Ausländer aus Nicht-EU-Ländern von der politischen Mitbestimmung auf allen Ebenen ausschließt.

Andreas Meyer-Lauber, Vorsitzender des DGB Nordrhein-Westfalen, warb auf der Hauptkundgebung in Aachen mit deutlichen Worten für die gemeinsame Kampagne: „Die Integration aller Einwanderer ist eine Daueraufgabe für alle, die in diesem Land leben. Die Anerkennung der Leistungen der Einwanderer muss sich jedoch auch politisch ausdrücken. Deshalb fordern wir gemeinsam mit dem Landesintegrationsrat, dass auch alle Menschen mit ausländischer Staatsbürgerschaft, die nicht aus der EU kommen, bei der anstehenden Überarbeitung der Landesverfassung das kommunale Wahlrecht bekommen. Wer auf Dauer hier lebt, hat auch ein Recht auf politische Mitbestimmung!“

Auf die Ansprache von Herrn Meyer-Lauber folgte eine Rede der Ministerpräsidentin des Landes Nordrhein-Westfalens, Hannelore Kraft. Im Anschluss machte sich die Ministerpräsidentin am Stand des Integrationsrates der Stadt Aachen, der von zwei Mitgliedern des Vorstandes des Landesintegrationsrates betreut wurde ein Bild von der Kampagne.

Folgende Integrationräte haben sich am Aktionstag beteiligt: Aachen, Arnsberg, Baesweiler, Bochum, Bonn, Brühl, Castrop-Rauxel, Dinslaken, Dormagen, Dortmund, Duisburg, Düren, Düsseldorf, Eschweiler, Frechen, Gelsenkirchen, Hagen, Hamm, Hürth, Kamen, Köln, Langenfeld, Lüdenscheid, Meerbusch, Mönchengladbach, Münster, Neuss, Sankt Augustin, Solingen, Stolberg, Unna, Velbert, Witten.

Beschreibung: http://www.wahlrecht-fuer-migranten.de/wp-content/uploads/2015/05/Gruppenbild.jpg

Ministerpräsidentin Hannelore Kraft am Stand des Landesintegrationsrates NRW

Beschreibung: http://www.wahlrecht-fuer-migranten.de/wp-content/uploads/2015/05/Maiaktion-Jawher-Hamidi-2.jpg

Nora Hamidi, Demet Jawher (beide Mitglied im Vorstand des Landesintegrationsrates NRW)

und Kasim Ramic, Integrationsrat Eschweiler

Beschreibung: http://www.wahlrecht-fuer-migranten.de/wp-content/uploads/2015/05/BM-Aachen.jpg

Rudi Bertram, Bürgermeister der Stadt Eschweiler, unterstützt die Einführung des kommunalen Wahlrechts mit seiner Unterschrift

 

Beschreibung: http://www.wahlrecht-fuer-migranten.de/wp-content/uploads/2015/05/Kraft-Jawher.jpg

Ministerpräsidentin Kraft mit Demet Jawher (Vorstand Landesintegrationsrat NRW) und Kasim Ramic (Integrationsrat Eschweiler)

 

Beschreibung: http://www.wahlrecht-fuer-migranten.de/wp-content/uploads/2015/05/Aktionstag-Kraft-Jawher-Hamidi.jpg

Ministerpräsidentin Kraft mit Demet Jawher (Vorstand Landesintegrationsrat NRW) und Nora Hamidi (Vorstand Landesintegrationsrat NRW und Vorsitzende Integrationsrat Eschweiler)

 

In Eschweiler hat der Rat der Stadt bereits am 29.04.2008 eine Resolution zum kommunalen Wahlrecht verabschiedet (Anlagen).

 


-          keine

 


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