1.
Der Rat
beschließt, die Eschweiler Bürgerinnen und Bürger durch Einführung des eTarifs
und Subventionierung des Arbeitspreises nach dem Szenario 4.2 zu unterstützen.
oder
2. Der Rat beschließt, die Eschweiler
Bürgerinnen und Bürger durch Einführung des eTarifs und Subventionierung des
Arbeitspreises nach dem Szenario 4.1 zu unterstützen, sofern die dafür
benötigten zusätzlichen finanziellen Mittel in den Haushaltsplan 2026 aufgenommen
und dieser beschlossen wurde.
Die SPD-Fraktion und die Fraktion Die Linke/Piratenpartei hatten im Rahmen der Beratungen zum Entwurf der Haushaltssatzung 2020 die Einführung eines „City-Tickets Eschweiler“ beantragt. Der Haupt- und Finanzausschuss hat diesem Antrag am 19.11.2019 zugestimmt (VV 386/19).
Die Einführung des City-Tickets in Eschweiler erfolgte im August 2020. Es ist bis heute zu einem festen Preis von 1,80 € pro Einzelfahrt (90 min inkl. Umstieg ohne Rückfahrt) erhältlich und gilt für alle innerstädtischen Fahrten mit Bussen sowie der Euregiobahn im Stadtgebiet Eschweiler.
Für die Rabattierung der Ticketpreise - Tarifauffüllung des City-Tickets bis zum Regeltarif - für den innerstädtischen ÖPNV (ohne Bundesbahn) wurden für das erste Halbjahr 2020 50.000 € und in den Folgejahren je 170.000 € in den Haushalt eingestellt.
Seit der Einführung stieg die Zahl der verkauften City-Tickets auf rund 150.000 Stk. im Jahr 2024. Da seit der Einführung auch der Regeltarif bzw. der Preis für Einzeltickets von 2,80 € auf 3,40 € gestiegen ist, erhöhte sich der Zuschussbedarf (Tarifauffüllung) in 2023 auf rund 193.000 €. Durch die kontinuierlich steigenden Ticketpreise wird auch der Zuschussbedarf in 2024 auf rund 236.000€ und bis 2028 auf rund 375.000 € ansteigen, eine jährliche Steigerung der Preise für die Regeltickets von jährlich 5,5% vorausgesetzt und sofern sich die Anzahl der verkauften Tickets nicht unwesentlich ändert.
Die Einführung des City-Tickets hat einerseits zu einer Zunahme der innerstädtischen ÖPNV-Nutzung und damit zu weniger Autoverkehr geführt, andererseits jedoch die Tarifstrukturen im ÖPNV verkompliziert, keine qualitative Verbesserung des ÖPNV-Angebotes bewirkt und den städtischen Haushalt zusätzlich belastet.
Zum 01.12.2021 wurde in NRW und damit auch im Aachener Verkehrsverbund (AVV) der elektronische ÖPNV-Tarif eezy.nrw (eTarif) eingeführt. Die jeweiligen „Tickets“ sind nur über die entsprechende App des Smartphones buchbar. Der eTarif setzt sich aus einem festen Grundpreis je Fahrt von aktuell 1,57 € sowie einem streckenabhängigen Arbeitspreis von aktuell 0,31 € je zurückgelegtem km Luftlinie zusammen. Der eTarif ist gegenüber den klassischen Tickettarifen gerechter, da er die tatsächliche Fahrleistung kilometergenau abrechnet.
Auch beim eTarif ist eine Rabattierung und damit Subventionierung des innerstädtischen ÖPNVs möglich, einerseits durch Übernahme des Grundpreises und andererseits durch Übernahme des Arbeitspreises. In beiden Fällen läge der tatsächliche Ticketpreis für die Kunden auf innerstädtischen Fahrten mit Bus oder Euregiobahn deutlich unter dem aktuellen City-Ticket-Preis von 1,80 €.
Der Smartphone-Besitz bei ÖPNV-Nutzern liegt aktuell bei rund 90%, mit steigender Tendenz. (eigene Studien der exeo Consulting AG)
Um die verschiedenen Modelle einer kommunalen Subventionierung des ÖPNV innerhalb des Eschweiler Stadtgebietes - eTarif mit und ohne City-Tarif - insbesondere im Hinblick auf die finanziellen Auswirkungen für die Stadt zu bewerten, hat die Verwaltung die exeo Strategic Consulting AG mit der Erstellung eines Kurzgutachtens beauftragt.
Die Ergebnisse liegen vor und werden von Dr. Robert Bongaerts im Planungs-, Umwelt- und Bauausschuss am 13.02.25 vorgestellt.
Die exeo hat in ihrem Gutachten insgesamt vier unterschiedliche Szenarien untersucht und bewertet, wobei bei den Szenarien mit eTarif noch zusätzlich zwei Modelle (Modell 1: Subventionierung Grundpreis; Modell 2: Subventionierung Arbeitspreis) zur Auswahl standen.
Die einzelnen Szenarien im Überblick:
Szenario 1: Fortführung City-Ticket ohne eTarif (Basisszenario)
Szenario 2.1: City-Ticket
+eTarif mit Subventionierung Grundpreis
Szenario 2.2: City-Ticket +eTarif mit Subventionierung Arbeitspreis
Szenario 3: Kein subventioniertes Angebot in Eschweiler
Szenario 4.1: nur
eTarif mit Subventionierung Grundpreis
Szenario 4.2: nur eTarif mit Subventionierung Arbeitspreis
Ohne die Ergebnisse des Gutachtens im Detail vorwegzunehmen, sind die wesentlichen Ergebnisse wie folgt zusammengefasst:
- Eine gänzliche Abschaffung eines subventionierten Tarifs würde zu einem deutlichen Rückgang der Fahrten-Nachfrage bei bisherigen City-Tarif-Nutzern (ca. 24-28 % weniger) führen, die auf andere Verkehrsmittel abwandern würden.
- Aus Sicht der Stadt Eschweiler, mit Hinblick auf die sehr eingeschränkten finanziellen Spielräume, ist das Szenario 1 mit einer deutlichen Zunahme des Subventionsbedarfs auf 375.000 € pro Jahr bis zum Jahr 2028 verbunden. Zudem ist die Einführung des attraktiven eTarifs hier nicht vorgesehen.
- Auch im Szenario 2 ist mit einer deutlichen Zunahme des Subventionsbedarfs je Modell auf 299.000 € bis 473.000 € pro Jahr bis zum Jahr 2028 zu rechnen. In diesem Szenario ist zwar der eTarif eingeführt, das City-Ticket besteht dennoch weiterhin, was zu einer Verkomplizierung des Tarifangebotes generell führt.
- Aus Kundensicht bietet die Einführung des eTarifs als Alternative zum City-Ticket und die Subventionierung des Grundpreises (Modell 1) deutliche preisliche Anreize gegenüber der bestehenden Tarifstruktur inkl. City-Ticket, da hiermit innerstädtische Fahrten ab 0,31 € möglich wären. Auch prognostiziert der Gutachter in diesem Szenario ein Anstieg der ÖPNV-Nutzer um ca. 8%.
- Ein Kompromiss aus der verbesserten Subventionierung des innerstädtischen ÖPNVs und der Vermeidung einer zusätzlichen finanziellen Belastung des städtischen Haushalts ist das Szenario 4.2 mit der Einführung des eTarifs und der Subventionierung des Arbeitspreises. In diesem Tarif sind innerstädtische Fahrten für derzeit 1,53 € möglich.
- Exkurs: Die vollständige Subventionierung eines kostenlosen innerstädtischen ÖPNVs (Bus, Euregiobahn) würde Kosten für die Stadt von rund 0,8 – 0,9 Mio. € jährlich verursachen, ohne das Angebot und die Qualität des Angebotes zu verbessern.
Die Verwaltung schließt sich daher der Empfehlung des Gutachters an, den bisherigen City-Tarif zum nächstmöglichen Zeitpunkt, spätestens zu Beginn 2026, abzuschaffen und als Alternative den eTarif einzuführen. Zudem empfiehlt die Verwaltung mit Einführung des eTarifs entweder die Subventionierung des Grundpreises oder die Subventionierung des Arbeitspreises.
Damit könnte einerseits die Tarifstruktur im ÖPNV deutlich vereinfacht werden, und andererseits könnten durch den zusätzlichen finanziellen Anreiz die Nutzerzahlen von Bus und Euregiobahn um 5-8 % bis 2028 erhöht werden, auch wenn nicht alle Nutzerinnen und Nutzer des ÖPNVs wegen fehlendem Smartphone und einer ggf. bestehenden Ablehnung elektronischer Tarife das Angebot nutzen können.
Die im Gutachten untersuchten und bewerteten Szenarien eines subventionierten lokalen ÖPNV-Tarifs sind mit unterschiedlichen finanziellen Auswirkungen (Zuschussbedarf) für die Stadt verbunden, die im Folgenden übersichtshalber dargestellt werden. Die Umstellung des Tarifs wird für 2026 angenommen.
Szenario |
2024 |
2025 |
2026 |
2027 |
2028 |
1 |
236.000 € |
276.000 € |
310.000 € |
344.000 € |
375.000 € |
2.1 City-T und
eTarif Modell 1 |
236.000 € |
276.000 € |
340.000 € |
401.000 € |
473.000 € |
2.2 City-T und
eTarif Modell 2 |
236.000 € |
276.000 € |
287.000 € |
289.000 € |
299.000 € |
3 Keine
Subventionierung |
236.000 € |
276.000 € |
0 € |
0 € |
0 € |
4.1 Nur eTarif Modell 1 |
236.000 € |
276.000 € |
142.000 € |
242.000 € |
360.000 € |
4.2 Nur eTarif Modell 2 |
236.000 € |
276.000 € |
74.000 € |
128.000 € |
169.000 € |
Bis auf die Szenarien 3 und 4-2 sind bei allen übrigen Szenarien die prognostizierten Aufwendungen ab einer Tarifumstellung im Jahr 2026 deutlich höher als die bisher zur Verfügung stehenden Mittel in Höhe von jährlich 170.000 €.
Wird der Empfehlung des Gutachters und der Verwaltung gefolgt, und ab 2026 das City-Ticket durch den eTarif mit Subventionierung des Arbeitspreises (Szenario 4.2) eingeführt, sind die bisher im Haushaltsplan 2024-2025 und dort im Produkt 095110101 und Sachkonto 52910030 veranschlagten Mittel für die Haushaltsjahre 2026 bis 2028 in Höhe von 170.000 € auskömmlich.
Soll der eTarif mit Subventionierung des Grundpreises (Szenario 4.1) eingeführt werden, sind die zusätzlichen Mittel in die Beratungen zum Haushaltsplan 2026 einzubringen. Die Umsetzung dieses Szenarios stünde daher unter dem Vorbehalt der haushaltsrechtlichen Entscheidung.
In der Vergangenheit konnten bisher durch Bildung von Rückstellungen für die in 2023 und 2024 nicht benötigten Mittel und Auflösung in 2024 bzw. 2025 die Rechnungsbeträge gedeckt werden.
In 2025 ergibt sich aktuell eine Unterdeckung von rund 25.000 €, die durch Einsparungen an anderer Stelle auszugleichen ist.
Die Koordination der Maßnahmen zur Subventionierung des örtlichen ÖPNVs
bindet personelle Kapazitäten im Amt 61 und dort in der Abteilung nachhaltige
Entwicklung.