Betreff
Vorstellung des Rahmenkonzeptes zur Qualitätsentwicklung in den Offenen Ganztagsschulen der Stadt Eschweiler
Vorlage
232/22
Art
Beschlussfassung öffentlich

Der Rat der Stadt Eschweiler stimmt dem vorgelegten Rahmenkonzept zur Qualitätsentwicklung in den Offenen Ganztagsschulen der Stadt Eschweiler zu. Unter Berücksichtigung des Konnexitätsprinzipes steht die Umsetzung dieses Konzeptes ausdrücklich unter dem Vorbehalt der Refinanzierung durch den Bund bzw. durch das Land NRW.

 


Mit Verwaltungsvorlage 254/18 wurde die Verwaltung seitens des Jugendhilfe- und des Schulausschusses mit der Erstellung eines Rahmenkonzeptes zur Qualitätsentwicklung im Offenen Ganztag und der dazu erforderlichen Kooperation von Jugendhilfe und Schule im offenen Ganztag unter Beteiligung aller Akteure beauftragt.

 

Hierbei geht es neben der Vernetzung von Jugendhilfe und Schule ebenfalls um ein gemeinsames kommunales Planungsverständnis und das Ziel, eine quantitative und qualitative bedarfsgerechte Weiterentwicklung und inhaltliche Vernetzung der Systeme auf kommunaler Ebene zu verfolgen.

 

Hintergründe für die Entscheidung zur Erstellung eines Rahmenkonzeptes zur Qualitätsentwicklung im Offenen Ganztag sind zum einen die stetig steigenden Schüler*innenzahlen im Primarbereich und die damit verbundene große Nachfrage nach OGS-Plätzen. Hinzu kommt der nun im SGB VIII resp. dem Ganztagsförderungsgesetz verankerte Rechtsanspruch auf einen OGS-Platz für jedes Kind ab dem Schuljahr 2026/2027. Zum anderen, so hat auch die Corona-Pandemie sehr deutlich gemacht, gibt es einen hohen Bedarf an individueller Förderung und Begleitung ganzheitlicher Bildungsprozesse der Kinder, dem nur im multiprofessionellen Team von Jugendhilfe und Schule angemessen begegnet werden kann. All dies erfordert eine Anpassung und Weiterentwicklung der pädagogischen Raumkonzepte, die sowohl einem differenzierten Unterricht als auch einem vielseitigen Angebot des offenen Ganztags Rechnung tragen müssen. Erforderlich sind zudem erweiterte Formen der Zusammenarbeit, angefangen beim Leitungsteam, bis hin zu gemeinsamen Teamsitzungen und der Gremienarbeit. Das vorliegende Rahmenkonzept nimmt diese Erfordernisse in den Blick und beschreibt die damit verbundenen Rahmenbedingungen.

 

Mit den Verwaltungsvorlagen 179/19 und 333/21 wurde bereits ausführlich über die Entwicklung des Qualitätsentwicklungsprozesses berichtet.

 

Das Rahmenkonzept konnte inzwischen unter Beteiligung aller Akteure fertiggestellt werden und ist dieser Verwaltungsvorlage als Anlage beigefügt. Wie ebenfalls bereits in Verwaltungsvorlage 333/21 ausgeführt, besteht dieses aus einem allgemeinen Teil, der den gesamten Prozess beschreibt und das gemeinsame Verständnis von Schule und Jugendhilfe unterstreicht, die ganzheitliche Bedeutung der Offenen Ganztagsschule als Lern- und Lebenswelt für alle Kinder und die Wichtigkeit der Vernetzung von Vor- und Nachmittag verdeutlicht. Die in Kapitel 4 beschriebenen Qualitätsstandards sollen für alle Offenen Ganztagschulen in Eschweiler gelten. Diese Qualitätsstandards sind als Mindeststandards beschrieben, die Kinder und Eltern von den offenen Ganztagsschulen erwarten dürfen. Jeder Standort hat zudem ein eigenes Profil und eigene Schwerpunkte der pädagogischen Arbeit. Dem trägt das Kapitel 5 Rechnung, das als Orientierung für die Standortkonzepte dient, das jeder Standort unter Partizipation der multiprofessionellen Schulteams, der Kinder und deren Eltern entwickeln und dem Rahmenkonzept beifügen soll.

Die Qualitätsentwicklung und somit auch dieses Rahmenkonzept stellen einen kontinuierlichen Prozess dar, der einer regelmäßigen Überprüfung der Ziele bedarf und stets aktualisiert und fortgeschrieben werden muss. Dies ist sowohl im Bereich des übergreifenden Rahmenkonzeptes als auch der Standortkonzepte erforderlich. Auf kommunaler Ebene wird hierzu ebenfalls die Quigs-Runde (Quigs=Qualität im Ganztag) genutzt, um neue politische, rechtliche und finanzielle Vorgaben zu berücksichtigen.

 

Zur Verdeutlichung und Visualisierung der Sachverhaltsdarstellung dieser Verwaltungsvorlage sind Inputvorträge in der gemeinsamen Sitzung des Jugendhilfe- und Schulausschusses am 21.06.2022 von Vertretern aller Beteiligtengruppierungen vorgesehen. Hierbei wird seitens der Verwaltung auf die Durchführung des gesamten Prozesses eingegangen, die Herausforderungen und Erfahrungen beschrieben. Zudem werden die kommissarische Schulleiterin der EGS Stadtmitte, Frau Kaldenbach, sowie die Trägervertreterin des Deutschen Kinderschutzbundes, Frau Karbig, die Begleitung des Prozesses aus der jeweiligen Sicht schildern. Darüber hinaus wird die Schulrätin der StädteRegion Aachen, Frau Pooch, von der Begleitung und Beratung des Prozesses zur Qualitätsentwicklung an den Offenen Ganztagsschulen aus ihrer Sicht berichten. Abschließend wird Frau Dr. Kleinen vom Landesjugendamt einen Einblick über die aktuellen Entwicklungen im Land NRW geben und ihren Eindruck über den Prozess bei der Stadt Eschweiler mitteilen. Eschweiler gilt derzeit, aufgrund des weit fortgeschrittenen Prozesses, bereits jetzt als Vorreiter in der gesamten Region. Durch die Begleitung des Landesjugendamtes konnte der Prozess bereits in zahlreichen Gremien präsentiert werden.

 

Mit dem Gesetz zur ganztägigen Förderung von Kindern im Grundschulalter (Ganztagsförderungsgesetz - GaFöG) vom 2. Oktober 2021 hat die Bundesregierung den Anspruch auf ganztägige Betreuung rechtlich verankert. Das Gesetz tritt zum Schuljahr 2026/27 in Kraft. Ab August 2026 sollen zunächst alle Kinder der ersten Klassenstufe einen Anspruch auf eine ganztägige Förderung – einen OGS-Platz- haben. Dies soll jedes Jahr um ein weiteres Schuljahr erweitert werden, sodass somit 2029 ein Rechtsanspruch für die gesamte Primarstufe gewährleistet ist. Das Gesetz ist eine Antwort auf Entwicklungen und Bedarfe im Bund und den einzelnen Bundesländern, die zugleich sehr unterschiedliche, kaum vergleichbare Wege gegangen sind und gehen. Darum haben die Länder in ihren Verhandlungen mit dem Bund ihre Zustimmung u.a. auch davon abhängig gemacht, dass die jeweiligen Regelungen fortgeführt werden können, letztlich also die Länder bestimmen, wo und wie sie den Rechtsanspruch umsetzen. Insofern ist noch ein Landesausführungsgesetz zum Ganztagsförderungsgesetz zu erwarten, an das die Kommunen hohe Ansprüche stellen u.a. hinsichtlich der Finanzierung. Vor dem Hintergrund des bestehenden Konnexitätsprinzips besteht seitens der Kommunen, gestützt durch die kommunalen Spitzenverbände, die Wohlfahrtsverbände, Landesarbeitsgemeinschaften und nicht zuletzt die Landschaftsverbände die Forderung, dass eine Refinanzierung der von Bund und Land gesetzten Mindeststandards erfolgen muss. Nur so ist eine haushaltsverträgliche Umsetzung für die Kommunen möglich.

 

Auf der Grundlage des GaFöG sind Investitionen förderfähig für den Neubau, den Umbau, die Erweiterung, die Ausstattung sowie die Sanierung der kommunalen Bildungsinfrastruktur, die der Bildung und Betreuung von Kindern im Grundschulalter dienen, soweit dadurch Bildungs- und Betreuungsplätze oder räumliche Kapazitäten geschaffen oder erhalten werden, um eine zeitgemäße Ganztagsbetreuung zu ermöglichen. Der Bund beteiligt sich mit einer Quote von bis zu 70 Prozent am Finanzierungsanteil der Investitionskosten und ab 2030 auch an den Betriebskosten. Personalkosten sind nicht erwähnt.

 

Um auf diesen Rechtsanspruch vorbereitet zu sein, hat die Stadt Eschweiler bereits frühzeitig mit der Erstellung eines entsprechenden Rahmenkonzepts zur Qualitätsentwicklung für die Offenen Ganztagsschulen begonnen.

 

Vertreter der Verwaltung haben bereits auf Wunsch des LVR in diversen Gremien den Eschweiler Prozess zur Erstellung eines Rahmenkonzepts vorgestellt. U.a. fand Anfang April ein Konsultationsgespräch statt, das die oberste Landesjugendbehörde – das MKFFI – in Kooperation mit beiden Landesjugendämtern mit den Jugendämtern NRW führte. Dabei wurde von den Vertretern der Stadt Eschweiler der Wunsch an das Ministerium gerichtet, Eschweiler als Pilotstadt bereits vor Inkrafttreten des GaFöG zu fördern, um eine vorzeitige Umsetzung des Rahmenkonzepts zu ermöglichen. Wenngleich dieser Vorschlag wohlwollend aufgenommen wurde, ist zum Zeitpunkt der Erstellung der Verwaltungsvorlage ungewiss, ob und in welcher Form eine vorzeitige Förderung erfolgen wird.

 

Alleine vor dem Hintergrund, dass viele Akteure über 3 Jahre in zahlreichen Gremien und Arbeitsgruppen an der Erstellung des Rahmenkonzepts im Auftrag des Rates bzw. der Ausschüsse der Stadt Eschweiler gearbeitet haben, wäre es motivationsfördernd und ein Zeichen der Anerkennung, wenn die Umsetzung des Konzepts nun nicht an der Finanzierung scheitern würde. Seitens der Verwaltung wird daher angestrebt, mit der Umsetzung des Konzepts in einem Stufenmodell vorzugehen, beginnend zunächst mit der Anpassung und Vereinheitlichung der Arbeitszeiten der pädagogischen Mitarbeiter*innen. In einem zweiten Schritt sollen die Vertretungspauschale und die außerplanmäßigen Vertretungsbedarfe der Lehrkräfte und im letzten Schritt die Vergütung angepasst werden. Es wäre wünschenswert, mit der Umsetzung der ersten Stufe zum Schuljahresbeginn 2023/2024 beginnen zu können. Bis dahin wird hoffentlich mehr Klarheit bestehen, ob das Landesausführungsgesetz unterstützende Auswirkungen haben wird bzw. ob die Stadt Eschweiler tatsächlich als Pilotstadt eine entsprechende finanzielle Unterstützung erhalten wird.

 

Fazit:

Der Prozess hat die Stadt Eschweiler insoweit bereichert, als dass die Wichtigkeit der Vernetzung von Schule und Jugendhilfe nochmals unterstrichen wurde und Mindeststandards für alle Schulstandorte festgelegt wurden. Zudem hat der Prozess die Qualitätsentwicklung an jeder offenen Ganztagsschule gefördert, durch eine Stärkung der multiprofessionellen Teams und ein Wachsen von Strukturen der Zusammenarbeit, durch die Entwicklung pädagogischer Raumkonzepte sowie durch eine Stärkung der Partizipation von Kindern und Eltern.

Der seinerzeit in einer Klausurtagung festgelegte Leitspruch „Wir gewährleisten gemeinsam bestmögliche Entwicklungs- und Bildungschancen für alle Kinder im Grundschulalter in Eschweiler“ konnte durch den Prozess umgesetzt und nochmals unterstrichen werden. Der Auftrag aus der gemeinsamen Sitzung des Jugendhilfe- und Schulausschusses von September 2018, ein Rahmenkonzept zur Qualität im offenen Ganztag und zur Kooperation von Jugendhilfe und Schule unter Beteiligung aller Akteure zu erarbeiten, wurde erfolgreich umgesetzt.


Wie bereits beschrieben, soll die Umsetzung des Rahmenkonzepts in einem Stufenmodell erfolgen. Die erste Stufe beinhaltet die Anpassung des Beschäftigungsumfanges des vorhandenen Personals bei gleichzeitiger Anpassung der Freistellungsdeputate. Hiermit wäre ein Mehraufwand bei den aktuellen OGS-Zahlen bei Sachkonto 50190000, bei Produkt 032110101 in Höhe von rd. 741.000 € für ein Schuljahr verbunden. 

Bei Stichtagsmeldung zum 15.10.2022 müsste dieser Wert entsprechend angepasst werden.

 

Die Umsetzung der 2. Stufe würde einen Mehraufwand in Höhe zusätzlich rd. 161.000 € verursachen.

Diese Mehrkosten sind auf der Grundlage des GaFög nicht refinanzierbar und würden die Stadt Eschweiler zu 100 % als sog. freiwillige Leistung belasten. 


Die Umsetzung der Maßnahme war sehr personalintensiv und wurde und wird von Mitarbeiter*innen der Fachämter Jugendamt und Schulen, Sport und Kultur begleitet.