Betreff
Unterstützung von durch Hochwasser betroffenen Kindern und Jugendlichen in Eschweiler
Gemeinsame Projekte des Jugendamtes zusammen mit der Hilfsorganisation Plan International Deutschland e.V.
Vorlage
374/21
Art
Kenntnisgabe öffentlich

Der Sachverhalt wird zur Kenntnis genommen.

 


Mit Schreiben vom 28.07.2021 (Anlage 1) wurde das Jugendamt Eschweiler auf dem Hintergrund der Flutkatastrophe vom 14. und 15.07.2021 durch die Hilfsorganisation Plan International Deutschland e.V. kontaktiert und eine Zusammenarbeit angeboten. Bei Plan International Deutschland e.V. handelt es sich um eine unabhängige Hilfsorganisation, die vor allem in der internationalen Entwicklungsarbeit tätig ist und in Not- und Krisensituationen Kinder und Jugendliche unterstützt. Bekannt sind dabei u.a. die sogenannten Patenschaften für Kinder, Jugendliche und deren Familien, die insbesondere schulische Teilhabe ermöglichen. Die Stärkung von Kinderrechten, Partizipation und Teilhabe sind dabei durchgehende Handlungsmaxime, die in den Projekten der Hilfsorganisation im Vordergrund stehen.

 

Nach ersten Sondierungsgesprächen durch eine eigens gebildete Projektgruppe im Jugendamt, bestehend aus den Arbeitsbereichen offene Kinder-und Jugendarbeit/Mobile Jugendhilfe und Soziale Dienste, wurden verschiedene Projektideen identifiziert und im engen Austausch mit der Hilfsorganisation entwickelt. Handlungsleitend für diese Projektideen waren dabei folgende Ziele:

 

           Prävention weiterer Risikolagen in den betroffenen Quartieren/Sozialräumen

           Schaffung nachhaltiger Perspektiven

           Stärkung der bereits vorhandenen Angebote

           Einbindung von Kindern und Jugendlichen in die konkrete Projektentwicklung und Umsetzung

 

Handlungsleitend waren aber vor allem auch die ersten Erkenntnisse der Sozialplanung zu den durch die Flut betroffenen Quartieren/ Sozialräumen und die damit verbundenen psychosozialen Folgen für Kinder, Jugendliche und deren Eltern. So sind massive Zerstörungen von öffentlicher und privater Infrastruktur vor allem in den innerstädtischen Sozialräumen 5,6,7,8,9 und 10 sowie in den Sozialräumen 3,4,13 und 14 (vereinzelt auch 12) festzustellen (eine Übersicht der Sozialräume ist dem Sozialbericht der Stadt Eschweiler, S. 7 ff. zu entnehmen, abrufbar z.B. unter https://www.staedteregionaachen.de/fileadmin/user_upload/A_58/Dateien/Teil_2_Sozialbericht_Eschweiler_190418.pdf). Teilweise handelt es sich dabei um Sozialräume, in denen bereits bislang bestimmte Risikofaktoren bestanden bzw. Problemlagen kumulierten. Die Auswirkungen der Flut hat nun die Herausforderungen in diesen Bereichen nochmals verstärkt.

Kinder und Jugendliche sind dabei ganz unterschiedlich betroffen: Etwa über den Verlust des materiellen Eigentums, finanzieller Notlagen oder der psychischen Verarbeitung der Ereignisse. Diese haben teilweise gerade bei Kindern und Jugendlichen extremen Stress ausgelöst, oft verbunden mit dem Gefühl der Hilflosigkeit und der absoluten Überforderung. Ängste und psychischer Stress sind mögliche Folgen; Entwicklungspotentiale von jungen Menschen werden erheblich eingeschränkt. Zumal Eltern aufgrund eigener Problemlagen teilweise nur eingeschränkt zur Verfügung stehen, um die Bedarfe zu kompensieren. Hier setzen nun genau die entwickelten Projekte an, die es ermöglichen, gerade die vulnerable Zielgruppe der Kinder und Jugendlichen nach der Flut zu unterstützen. Um welche Projekte handelt es sich nun konkret ?

 

1.         Aufsuchende, psychosoziale Beratung- Anschaffung und Umbau eines Beratungsmobils

 

In Fortführung und Ergänzung der bisherigen Tätigkeiten der Mobilen Jugendarbeit sollen den Kindern und Jugendlichen in den betroffenen Stadtteilen zusätzliche Beratungs- und Unterstützungsmöglichkeiten zur Verfügung gestellt werden. Die Form der Arbeit ist dabei aufsuchend, niedrigschwellig und vernetzt („im Schulterschluss“ mit den bereits im Stadtteil tätigen Institutionen, z.B. die Familiengrundschule). Sie soll methodisch einzelfallorientiert, aber auch gruppenorientierte Elemente (z.B. auch Mikroprojekte) beinhalten. Dazu wird Plan International Deutschland e.V. zum einen eine sozialpädagogische Fachkraft mit einem Beschäftigungsumfang von 100 % für die Dauer von zwei Jahren, ein Beratungsmobil inklusive Umbau sowie ein Lastenfahrrad finanzieren. Ebenfalls werden die Betriebskosten des Elektroautos (Beratungsmobil) übernommen. Die Einstellung des Personals sowie der Erwerb des Fahrzeuges sind für Januar 2022 geplant; hier sind bereits entsprechende Vorbereitungen getroffen.

 

2.         Bereitstellung von Spielcontainern in vom Hochwasser betroffenen Gebieten

 

Die anvisierten Spielcontainer sind für öffentliche Spielplätze zugelassen und mobil einsetzbar. Zu Beginn sollen damit vor allem die Notstandorte der Kitagruppen bedient und dann zusammen mit Kindern und Jugendlichen weitere Standorte identifiziert werden. Die Container bieten ein breites Spektrum an Ausstattungsvarianten mit vielfältigen Spielmöglichkeiten für Kleinkinder und Jugendliche (u.a. Rutsche, Kletterparcours, Sandkasten). Plan International Deutschland e.V. übernimmt hier die Finanzierung von zwei Containern bis zu einem Kostenvolumen von 50.000,- Euro.

 

3. Weiterführung des Familiengrundschulzentrums an der evangelischen Grundschule Stadtmitte

 

Das Konzept der Familiengrundschule wird am Standort der evangelischen Grundschule Stadtmitte bis zum Ende des Jahres 2021 aus befristeten Mitteln des Landes NRW umgesetzt. Gerade diese Grundschule ist direkt massiv durch das Hochwasser betroffen; das Gebäude derzeit nicht benutzbar. Klassische Angebote der Familiengrundschule, wie z.B. das Familiencafé“ finden daher derzeit nicht statt; stattdessen steht die aufsuchende, familienorientierte Arbeit im Vordergrund. Durch Plan International Deutschland e.V. wird ermöglicht, dass das Projekt für zwei weitere Jahre bis zum 31.12.2023 fortgeführt werden kann. Dazu finanziert die Hilfsorganisation die vorhandene Personalstelle im Umfang von 50 % BU für den Zeitraum von zwei Jahren. Die vernetzte Arbeit im Stadtteil kann damit nahtlos fortgeführt und bedarfsorientierte, psychosoziale Beratung im Quartier angeboten werden.

 

4. Ersatzbeschaffung von Spielgeräten auf betroffenen Spielplätzen

 

In Eschweiler sind mehrere Spielplätze bzw. Spielgeräte durch die Flut beschädigt wurden. Die Ersatzbeschaffungen übersteigen die verfügbaren Mittel. Konkret sollen daher an zwei Spielplätzen entsprechende neue Spielgeräte installiert werden. Die Auswahl der Spielgeräte wird dabei unter Beteiligung der Nutzergruppen, den pädagogischen Fachkräften aus der Kinder- und Jugendarbeit sowie unter Einbeziehung der Arbeitsgruppe "Kinderspielplätze und Jugendtreffpunkte" umgesetzt. Plan International Deutschland e.V. unterstützt dieses Vorhaben mit einem Betrag von 60.000,- Euro im Jahr 2022.

 

5. Jugendreise Ghana

 

Die Hochwasserkatastrophe kann nicht nur im Kontext eines „regionalen Schadensereignisses“ gesehen werden. Vielmehr liegen die Ursachen u.a. auch in den Folgen des Klimawandels. Einer globalen Herausforderung, die globale Vernetzung impliziert. Insofern ist der Kontakt zu Schulen in Ghana, mit denen bereits Verbindungen bestehen, und die Organisation eines entsprechenden Internationalen Jugendaustausch geplant. Aus dem globalen Verständnis der Thematik sollen Jugendliche vernetzte und globale Antworten entwickeln und neue Entwicklungsperspektiven erörtern. Jugendliche sollen zudem ermutigt werden, sich aktiv in den Umweltschutz einzubringen und zur Prävention von weiteren Naturkatastrophen in Deutschland und weltweit beizutragen. An dem Projekt sollen auch Jugendliche aus den Partnerstädten der Stadt Eschweiler beteiligt werden. Die weitere konkrete Planung ist noch in Vorbereitung. Plan International Deutschland e.V. wird dieses Vorhaben im Jahr 2022 mit einem Betrag von bis zu 40.000, - Euro unterstützen.

 

Insgesamt beläuft sich die Gesamtunterstützungssumme von Plan International e.V. Deutschland für das Jahr 2022 auf 373.605,11 Euro sowie für das Jahr 2023 auf 111.871,98 Euro (insgesamt damit 485.477,09 Euro).

 

Mit Datum vom 20.10.2021 wurde nun zwischenzeitlich eine entsprechende Kooperationsvereinbarung zwischen Plan International Deutschland e.V. und der Stadt Eschweiler unterzeichnet, die die finanziellen Unterstützungsleitungen auch vertraglich fixiert. Damit besteht nun Umsetzungssicherheit und die weiteren Schritte können eingeleitet werden.

 

Die Folgen der Flut werden Kinder, Jugendliche und Familien in ihren Alltag, ihren Lebenskontexten und ihren Entwicklungen langfristig beeinflussen. Um die Folge abzumildern, sind niedrigschwellige, präventive Angebote in den betroffenen Sozialräumen notwendig. Plan International Deutschland e.V. macht es möglich, die bestehenden Angebote zu ergänzen, fortzuführen bzw. neue Angebote zu etablieren. Für diese Unterstützung kann man sich nur bedanken!

 


Die oben geschilderten Maßnahmen werden im städt. Haushalt unter dem Produkt 063630101 – Hilfen für junge Menschen und ihre Familien abgebildet. Es handelt sich um die Verwendung zweckgebundener Finanzmittel, insoweit erfolgt die Umsetzung der Maßnahmen haushaltsneutral.