Der Sachverhalt wird zur Kenntnis genommen.
Der Deutsche Bundestag und Bundesrat haben das neue Kinder- und Jugendstärkungsgesetz (KJSG) verabschiedet. Das Kinder- und Jugendstärkungsgesetz ist am 10. Juni 2021 in Kraft getreten.
Mit dem Gesetz zur Stärkung von Kindern und Jugendlichen hat der Bundesgesetzgeber durch ein Artikelgesetz und verschiedene Änderungen in bestehenden Gesetzen weitreichende Neuerungen in der Kinder- und Jugendhilfe eingeführt.
Ausgangspunkt war die sogenannte „große oder inklusive Lösung“, d.h. die Einbeziehung der geistig und körperlich behinderten Minderjährigen und jungen Volljährigen unter das Dach der Kinder- und Jugendhilfe ins Sozialgesetzbuch VIII (SGB VIII).
Ziel des Gesetzes ist, mit einer modernen Kinder- und Jugendhilfe vor
allem diejenigen Kinder, Jugendlichen und jungen Volljährigen zu stärken, die
besonderen Unterstützungsbedarf benötigen. Dazu
zählen Kinder und Jugendliche, die
- benachteiligt sind,
- unter belastenden Lebensbedingungen aufgewachsen sind oder
- Gefahr laufen, von der sozialen Teilhabe abgehängt zu werden.
Die zentralen Änderungen werden im Folgenden vorgestellt:
1) Hilfen aus einer Hand für Kinder und Jugendliche mit und ohne
Behinderungen / Inklusion als Leitgedanke der
Reform
Das Gesetz bündelt staatliche Leistungen und Hilfen für Kinder- und Jugendliche mit Behinderungen in den kommenden
Jahren im SGB VIII. Zentrales Anliegen des Gesetzes ist die Schaffung
einer Kinder- und Jugendhilfe für alle Kinder und Jugendlichen, egal ob mit
oder ohne Behinderung.
Für Kinder und Jugendliche mit Behinderungen und ihre Eltern wird es
deutlich leichter, ihre Rechte zu verwirklichen und die Leistungen zu bekommen,
die ihnen zustehen.
Dies wird erreicht insbesondere durch
- eine
Verankerung der Inklusion als Leitgedanke der Kinder- und Jugendhilfe,
- eine
grundsätzlich gemeinsame Betreuung von Kindern mit und ohne Behinderungen
in Kindertageseinrichtungen,
- eine enge
und verbindliche Zusammenarbeit zwischen den Leistungsträgern,
- verbindliche
Beratung von betroffenen Kindern, Jugendlichen
und ihrer Eltern im Hinblick auf ihre
Leistungen, aber auch zu Zuständigkeiten und Leistungen anderer Systeme,
·
die Einführung eines
Verfahrenslotsen ab 2024 beim Jugendamt, der als Ansprechpartner für Eltern und
andere Erziehungsberechtigte fungiert und bereits jetzt werden die Weichen
gestellt, dass die Kinder- und Jugendhilfe für alle Kinder und Jugendlichen mit
und ohne Behinderungen zuständig wird (sogenannte
"Inklusive Lösung"), wenn dies zuvor (bis 2027) ein Bundesgesetz
im Einzelnen geregelt hat.
2) Kooperation und Prävention in der Kinder- und Jugendhilfe
Alle beteiligten Stellen, also Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe,
Gesundheits- und Strafverfolgungsbehörden sowie die Familien- und
Jugendgerichte sollen besser miteinander kooperieren. Zukünftig sollen
Fachkräfte, die das Jugendamt über gewichtige Anhaltspunkte für eine
Kindeswohlgefährdung informieren, wie zum Beispiel Ärztinnen und Ärzte oder
Lehrerinnen und Lehrer, auch eine Rückmeldung über die Gefährdungseinrichtung
erhalten.
3) Verbesserter Kinder- und Jugendschutz
Zur Verbesserung des Schutzes von Kindern und Jugendlichen in
Einrichtungen und Auslandsmaßnahmen sollen insbesondere Aufsicht und Kontrolle
verbessert werden. Auch bei Pflegeverhältnissen müssen Schutzkonzepte künftig
angewandt werden.
4) Unbürokratische Hilfe
Erfolgreiche Prävention ist ein Schlüssel für ein gelingendes Aufwachsen
in der Familie - gerade für Familien mit besonderen Belastungen.
Hierzu sollen Familien, Kinder und Jugendliche leichter und schneller
ortsnahe Hilfe bekommen. In Notsituationen können sie sich an eine
Erziehungsberatungsstelle in ihrer Umgebung wenden und dort unbürokratisch -
ohne Antrag und ohne Jugendamt - eine Hilfe zur Bewältigung ihres Alltags
erhalten.
5) Mehr Kontrolle für Heime
Heime und ähnliche Einrichtungen werden einer strengeren Aufsicht und
Kontrolle unterstellt.
6) Stärkung von Kindern und Jugendlichen, die in Pflegefamilien oder in
Einrichtungen der Erziehungshilfe
aufwachsen
Kinder in Pflegefamilien verbleiben auf Anordnung des Familiengerichts dauerhaft dort, wenn dies zum Schutz und Wohl des Kindes erforderlich ist.
7) Mehr Beteiligung von jungen Menschen, Eltern und Familien
Kinder und Jugendliche und ihre Familien sollen mehr Gehör erhalten und darin unterstützt werden, ihre Rechte wahrzunehmen. Hier sieht das Gesetz die Verankerung von Ombudsstellen als externe und unabhängige Anlaufstellen für Kinder, Jugendliche und ihre Eltern vor. Beschwerdemöglichkeiten für Kinder und Jugendliche in Einrichtungen und in Pflegefamilien werden ebenso erweitert beziehungsweise verbessert.
Das Gesetz stärkt organisierte Formen der Selbstvertretung. Kinder und Jugendliche erhalten außerdem einen uneingeschränkten eigenen Beratungsanspruch - ohne ihre Eltern.
Eltern haben bei Hilfen außerhalb der eigenen Familie - unabhängig von
der Personensorge - einen Rechtsanspruch auf Beratung, Unterstützung und
Förderung ihrer Beziehung zum Kind.
8) Kostenbeteiligung sinkt auf 25%
Junge Menschen in Pflegefamilien und Einrichtungen der Erziehungshilfe, die Einkommen aus Schülerjobs, Praktika oder einer Ausbildung haben, müssen sich künftig nur noch mit 25% an den Kosten beteiligen - bislang waren es 75%. Dabei bleibt ein Freibetrag von 150 EUR des Einkommens von der Kostenbeteiligung ausgenommen. Einkommen aus kurzfristigen Ferienjobs und ehrenamtlicher Tätigkeit sind gänzlich freigestellt.
Zu den wesentlichen Änderungen erfolgt in der Sitzung ein ausführlicher Vortrag im Rahmen einer Power-Point-Präsentation.
Weiterhin ist der Vorlage eine Synopse des Deutschen Institut für Jugendhilfe und Familienrecht e. V. (DIJuF) als Anlage zur Vorabinformation beigefügt.
Die Praxis der Kinder- und Jugendhilfe muss die Rechtsansprüche und fachlichen Anforderungen im KJSG umsetzen und braucht dafür fachliche Impulse sowie Orientierung über die Änderungen und Auswirkungen. Das Gesetz wird mit erheblichen Kostenfolgen für die Kommunen und Länder verbunden sein, die diese nicht alleine tragen können.
Hier ist dringend ein Kostenausgleich für Länder und Kommunen zu schaffen - beispielsweise durch Änderung des Finanzausgleichsgesetzes.
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