hier: Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen vom 28.05.2019
A)
Der
Ausschuss beschließt, bei allen Projekten, bei denen Ausgleichsflächen zu
bestimmen bzw. Ökopunkte auszugleichen sind, diese in den Bebauungsplänen
örtlich festzulegen und zu benennen. In den Unterlagen für den Planungs-,
Umwelt- und Bauausschuss ist über diese Maßnahmen zu informieren. Soweit dies
standortmäßig nicht möglich ist, ist der Ausgleichsstandort in den jährlichen
Bericht aufzunehmen mit dem Hinweis, welche Anteile von welchen Maßnahmen
ausgelöst wurden. Jährlich ist der Planungs-, Umwelt- und Bauausschuss zu
unterrichten über Änderungen im Ausgleichsflächenkataster. Der Ausschuss soll
dadurch einen Überblick darüber erhalten und behalten, welche städtischen
Flächen und ggf. gepachteten Flächen bereits mit Ausgleichsflächen/Ökopunkten
fertig belegt sind und aus welchen Flächen zur Zeit Ausgleiche geschaffen
werden.
oder
B)
Die
Verwaltung wird beauftragt, das Kompensationsflächenkataster der städtischen
Liegenschaften einmal jährlich dem Ausschuss zur Kenntnis zu geben.
Mit Datum vom 28.05.2019 hat die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen den in
der Anlage 1 beigefügten Antrag zum Ausgleichsflächenkataster gestellt.
Die Eingriffsregelung (auch Eingriffs-Ausgleichs-Regelung) ist im
deutschen Recht das bedeutendste Instrument zur Durchsetzung von Belangen des
Naturschutzes. Mit der Eingriffsregelung sollen negative Folgen von Eingriffen
in Natur und Landschaft (Beeinträchtigungen) vermieden und minimiert werden.
Des Weiteren sollen nicht vermeidbare Eingriffe durch Maßnahmen des
Naturschutzes ausgeglichen werden. Die wichtigsten Rechtsgrundlagen sind die §§
14 und 15 des Bundesnaturschutzgesetzes (BNatSchG) sowie die §§ 1a und 35 des
Baugesetzbuches (BauGB). Das Verfahren zur Anwendung der Eingriffsregelung legt
§ 17 BNatSchG fest.
Der Begriff des Eingriffes wird im § 14 Abs. 1 BNatSchG definiert. Der
Inhalt lautet:
„Eingriffe in Natur und
Landschaft im Sinne dieses Gesetzes sind Veränderungen der Gestalt oder Nutzung
von Grundflächen oder Veränderungen des mit der belebten Bodenschicht in
Verbindung stehenden Grundwasserspiegels, die die Leistungs- und
Funktionsfähigkeit des Naturhaushalts oder das Landschaftsbild erheblich
beeinträchtigen können.“
Die Kompensation eines Eingriffs lässt sich erreichen durch Ausgleich (im
räumlichen und funktionalen Zusammenhang) oder Ersatz (in der Regel nicht
funktionale, aber „gleichwertige“ Maßnahme im räumlichen Zusammenhang, nur in
Einzelfällen nicht im räumlichen Zusammenhang).
In der Bauleitplanung sollen Eingriff und Ausgleich/Ersatz in das
städtebauliche Gesamtkonzept eingebunden werden. Damit ist die
Eingriffsregelung Teil der städteplanerischen Gesamtabwägung des Rates.
Mit der Aufstellung von Bebauungsplänen werden Eingriffe in Natur und Landschaft (mögliche Bebauung und Versiegelung von Flächen sowie Änderung der Biotopstrukturen) vorbereitet. Im Aufstellungsverfahren ist daher bereits der Umfang des Eingriffes zu ermitteln sowie die erforderlichen Maßnahmen zum Ausgleich oder zum Ersatz festzulegen. Dies erfolgt im Rahmen eines landschaftspflegerischen Fachbeitrages. Hier wird zunächst eine Bestandsaufnahme der ökologischen und landschaftlichen Gegebenheiten durchgeführt und die ökologische Wertigkeit der vorhandenen Biotope ermittelt. Als zweiter Schritt erfolgt die Erfassung der Auswirkungen des Eingriffs und mögliche Weiterentwicklung der Planungen im Hinblick auf Verbesserungen für den Naturhaushalt und das Landschaftsbild (Berücksichtigung des Vermeidungsgebotes). Der letztendlich verbleibende Eingriff ist durch geeignete Maßnahmen der Landschaftspflege und des Naturschutzes auszugleichen oder zu ersetzen.
Innerhalb des Stadtgebietes Eschweiler werden sowohl Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen (Bauleitplanung) der Stadt Eschweiler selbst als auch Maßnahmen Dritter (Baumaßnahmen) ausgeführt. Die Stadt hat ihre Kompensationsmaßnahmen und -flächen in einem Kataster hinterlegt. Zuständig für das Führen eines entsprechenden Verzeichnisses aller Kompensationsmaßnahmen ist jedoch die Untere Naturschutzbehörde der StädteRegion Aachen (§ 34 LNatSchG NRW).
Für die Umsetzung der Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen von städtischen Projekten stehen der Stadt verschiedene Möglichkeiten (vgl. § 1a Abs. 3 BauGB) zur Verfügung:
Ökokonto
In Abstimmung mit der Unteren Naturschutzbehörde führt die Stadt Eschweiler seit 2003 ein Ökokonto (vgl. § 16 BNatSchG Bevorratung von Kompensationsmaßnahmen). Hier werden anhand eines festgelegten Verfahrens vorgezogene Kompensationsmaßnahmen (ohne Vorliegen eines konkreten Eingriffes) ausgeführt und auf der „Haben“-Seite gebucht. Grundvoraussetzung für das Einbuchen von Ökopunkten auf das Ökokonto ist zunächst eine Aufnahme des unveränderten Istzustandes, das heißt, die ökologische Verbesserungsmaßnahme darf noch nicht umgesetzt sein. Im Rahmen eines landschaftspflegerischen Fachbeitrages wird die Fläche zunächst hinsichtlich ihrer Ausstattung, Lage und Eignung als Standort für Kompensationsmaßnahmen beurteilt und die vorgesehenen Aufwertungsmöglichkeiten aufgezeigt. Die Differenz zwischen dem Wert des Istzustandes und dem voraussichtlichen Wert nach Umsetzung der Maßnahme kann dann nach Zustimmung der Unteren Naturschutzbehörde auf das Ökokonto der Stadt eingebucht werden. Das Ökokonto besteht aus Wertpunkten, die zu- und abgebucht werden können. Der Stand des Ökokontos wird jeweils aktuell nach Durchführung einer Buchung der Unteren Naturschutzbehörde mitgeteilt. Zusätzlich erfolgt einmal jährlich eine Mitteilung über die Zu- und Abgänge des abgelaufenen Jahres. Umsetzungs- und Pflegekontrollen erfolgen durch die Stadt.
Der Vorteil eines Ökokontos besteht darin, dass bei erforderlichem „kleinerem“ Kompensationsbedarf direkt und kurzfristig auf die vorhandenen Ökopunkte zurückgegriffen werden kann (Abgang vom Ökokonto). Im Rahmen der Führung eines Ökokontos können sinnvoll zusammenhängende Maßnahmen der Landschaftspflege und des Naturschutzes unter Berücksichtigung der Entwicklung eines Biotopverbundes und der Ziele der Landschaftsplanung umgesetzt werden.
Flächenpool
Ein weiteres Instrument für die Umsetzung sinnvoll ausgerichteter Kompensationsmaßnahmen und der Schaffung eines vernetzten Grünzugsystems ist der Aufbau eines Flächenpools. Bei der Aufstellung des Flächennutzungsplanes wurden bereits Räume dargestellt, die für die Entwicklung von Ausgleichs-/ Ersatzmaßnahmen geeignet sind. Derzeit werden Flächen bei vorliegenden Angeboten (z.B. im Rahmen des Vorkaufsrechtes) hinsichtlich ihrer Eignung als Trittstein oder Verbundelement überprüft und ggfls. zur weiteren Verwendung und Entwicklung als Kompensationsfläche erworben. Mit zunehmend positiver Entwicklung der Refinanzierung (s.u.) soll der Flächenpool weiter ausgebaut werden.
Städtebauliche Verträge
Bei Entwicklung eines Bebauungsplanes durch einen Investor als Eingriffsverursacher ist auch die Sicherung von Ausgleichs-/Ersatzmaßnahmen über einen städtebaulichen Vertrag gem. § 11 Abs. 2 BauGB möglich. Hierzu ist jedoch Grundbedingung, dass dem Eingriffsverursacher geeignete Flächen zur Umsetzung der Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen zur Verfügung stehen. Da der Verursacher des Eingriffs für die Kompensation zuständig ist, muss auch dieser (und nicht etwa die Behörde) diese Grundstücke bereitstellen. Die vertragliche Vereinbarung umfasst die Festlegung eines Zeitpunktes, an dem die Maßnahmen umgesetzt sein müssen, die Planung und Ausführung der festgelegten Ausgleichs-/Ersatzmaßnahmen sowie den Ablauf der Ausführung und der Abnahme der einzelnen Schritte. Um die Umsetzung sicherzustellen, hat der Eingriffsverursacher eine Bürgschaft in Höhe der ermittelten Kosten zu hinterlegen. Zusätzlich soll die Maßnahme im Grundbuch über eine Grunddienstbarkeit abgesichert werden. Die Pflege und Unterhaltung der Ausgleichs-/Ersatzmaßnahmen verbleibt beim Eingriffsverursacher und wird von der Stadt kontrolliert.
Grünordnerische Festsetzung im Bebauungsplan
Die Erfahrungen haben gezeigt, dass die Umsetzung der Ausgleichs-/Ersatzmaßnahmen mit diesem Instrument oft mit Schwierigkeiten verbunden ist. Nur selten ist es möglich, die durch Flächeninanspruchnahme und Nutzungsänderung/Versiegelung ausgelösten Eingriffe in Natur und Landschaft auf dem Grundstück selbst sinnvoll auszugleichen oder zu ersetzen. Im Fall von Bebauungsplänen im Siedlungsrandbereich ist zwar die Festsetzung entsprechender Ortsrandeingrünungen möglich; hier werden jedoch die Grundstücke im Randbereich stärker durch die Maßnahmen belastet als die im Kernbereich des Bebauungsplans. Eine gerechte Umlegung der Kosten (Grunderwerb, Herstellungskosten einschl. Fertigstellungs- und Entwicklungspflege) auf alle Eingriffsverursacher ist hier nur dann möglich, wenn alle Grundstücke über einen Investor bzw. die Stadt vermarktet werden.
Weitere Schwierigkeiten zeigen sich insbesondere bei der Umsetzung der Ausgleichs-/Ersatzmaßnahmen. Die als Ausgleichs-/Ersatzmaßnahmen meist in einer größeren Breite anzulegenden Ortsrandeingrünungen werden oft nicht in der festgesetzten Form hergestellt bzw. die entsprechend festgesetzten Flächen durch Gartenhäuser pp. zweckentfremdet. Eine intensive Kontrolle und Anordnung der Festsetzungen kann zurzeit nicht durchgeführt werden.
Finanzierung der
Kompensationsmaßnahmen
Die Stadt Eschweiler verfügt seit 2002 über eine „Satzung zur Erhebung von Kostenerstattungsbeträgen“ nach §§ 135a-135c BauGB. Seither werden in den Bebauungsplänen soweit erforderlich Zuordnungsfestsetzungen hinsichtlich der erforderlichen Ausgleichs-/Ersatzmaßnahmen getroffen. Dies ist Voraussetzung für die Anwendung der Satzung.
Zum o.a. konkreten Beschlussvorschlag A) der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen nimmt die Verwaltung wie folgt Stellung:
In den Bebauungsplanverfahren werden die Eingriffs-/Kompensationsmaßnahmen in das städtebauliche Gesamtkonzept eingebunden, so dass je nach Einzelfall unterschiedliche Lösungsansätze aus den oben aufgeführten Möglichkeiten gewählt werden. Konkret werden die Maßnahmen im Landschaftspflegerischen Fachbeitrag zum Bebauungsplan beschrieben. In den Sitzungsunterlagen der Bebauungspläne werden grundsätzlich nach den §§ 2a u. 10a BauGB die im Landschaftspflegerischen Fachbeitrag ermittelten Ergebnisse im Umweltbericht (Teil B der Begründung) erläutert und in der Zusammenfassenden Erklärung dargestellt. (Im vereinfachten Verfahren nach § 13 BauGB kann darauf verzichtet werden, da die Eingriffs-/Ausgleichsregelungen dort nicht angewendet werden müssen.) Der Landschaftspflegerische Fachbeitrag wird - wie auch die übrigen Fachgutachten - in den Sitzungsvorlagen für den Ausschuss benannt und beim zuständigen Planungsamt bereitgehalten. (Eine Einsichtnahme oder Zusendung der Gutachten ist nach Absprache jederzeit möglich.) Auf einen zusätzlichen Versand aller Gutachten an die gesamten Ausschussmitglieder wird jedoch bisher verzichtet.
Wie oben erläutert kann die Stadt lediglich ein
Kompensationsflächenkataster über die städtischen Projekte und Maßnahmen sowie
über die in städtebaulichen Verträgen gesicherten Kompensationsmaßnahmen
führen. Flächen und Maßnahmen
Dritter im Eschweiler Stadtgebiet werden nur im vollständigen
Kompensationsflächenkataster bei der Unteren Naturschutzbehörde erfasst und
betreut. Dieses Kataster wurde bisher nicht veröffentlicht und ist auch nicht
im Internet einsehbar.
In einer Sitzungsvorlage für den Planungs-, Umwelt- und Bauausschuss kann
daher nur eine Darstellung des Kompensationsflächenkatasters der städtischen
Maßnahmen und Liegenschaften sowie der in städtebaulichen Verträgen gesicherten
Kompensationsmaßnahmen jährlich dem Ausschuss zur Kenntnis gegeben werden.
Aus diesem Grund
empfiehlt die Verwaltung den Beschlussvorschlag B) zu beschließen.
keine
Als Pflichtaufgaben der Gemeinde binden personelle Kapazitäten in der
Abteilung 610 die Aufstellung der Bauleitpläne und in der Abteilung 662 die
Organisation/Begleitung/Überwachung der Eingriffs-/ Kompensationsmaßnahmen.