Betreff
Kinderfördersatzung und Richtlinien für den Bereich der Kindertagespflege
Vorlage
391/14
Art
Beschlussfassung öffentlich

Die Verwaltung wird beauftragt eine umfassende Satzungsänderung für den Bereich der Kinderbetreuung und Richtlinien für den Bereich der Tagespflege mit Wirkung zum 01.08.2015 zur erarbeiten und dem Jugendhilfeausschuss und dem Stadtrat rechtzeitig zur Beschlussfassung vorzulegen.

Gleichzeitig wird die Verwaltung heute schon beauftragt, vorsorglich die möglichen finanziellen Auswirkungen in den Haushalt 2015 über die Veränderungsliste einzustellen:

a)       Der Betrag für die Geldleistungen für die Tagespflegepersonen soll von 4,00 € auf 4,50 € pro Stunde erhöht werden.

b)       Die Berechnungsgrundlage für die monatliche Geldleistung soll 4,35 Wochen statt bisher 4 Wochen betragen.

c)       Pro Kalenderjahr werden den Tagespflegepersonen 20 Tage bezahlter Urlaub eingeräumt.

d)       Pro Kalenderjahr werden den Tagespflegepersonen 10 Tage Fortzahlung der Geldleistung im Krankheitsfall eingeräumt.

e)       Die Veränderungen sollen mit dem Kindergartenjahr 2015/ 2016, also zum 01.08.2015, in Kraft treten.

 

 


Seit dem 01. 08. 2013 hat ein Kind ab dem vollendeten ersten Lebensjahr bis zum vollendeten dritten Lebensjahr einen einklagbaren Anspruch auf frühkindliche Förderung in einer Tageseinrichtung oder in Kindertagespflege (§ 24 Abs. 2 SGB VIII n. F.). Anspruchsinhaber ist das Kind, in der Regel vertreten durch seine Eltern. Der Anspruch richtet sich an den örtlich zuständigen Träger der öffentlichen Jugendhilfe  (§§ 85, 86  SGB VIII).

Die Betreuungsformen Kindertageseinrichtung und Kindertagespflege werden für Kinder im Alter unter drei Jahren als gleichrangige Förderangebote angesehen. Bestehen in beiden Betreuungsformen freie Plätze, ist grundsätzlich das Wunsch- und Wahlrecht der Eltern (§ 5 SGB VIII) zu beachten.

 

Die Kindertagespflege, die im Zuständigkeitsbereich des Jugendamtes Eschweiler qualitativ und quantitativ gut aufgestellt ist, hat durch Inkrafttreten des Rechtsanspruchs auf einen Betreuungsplatz ab dem vollendeten ersten Lebensjahr zum 01.08.2013 an Bedeutung gewonnen. Viele Eltern sehen vor allem für Kinder in den Altersklassen zwischen 1-3 Jahren in dieser Betreuungsform aufgrund der flexiblen Betreuungszeiten, der kleinen Betreuungsgruppe, der individuellen Zuwendung und Aufmerksamkeit dem Tageskind gegenüber etc., Vorteile gegenüber der Betreuung in einer Kindertageseinrichtung. Entsprechende Bestrebungen, die Qualitätsstandards beispielsweise durch Fortbildungsangebote und attraktive Gestaltung der Geldleistungen zu erhalten, werden daher grundsätzlich von der Verwaltung unterstützt.

 

Zu Beschlussentwurf a)

 

Im SGB VIII ist für die Kindertagespflege eine „leistungsgerechte Vergütung“ verbindlich festgeschrieben. Der Gesetzgeber gibt jedoch keine weitere Definition oder Richtwerte an. In der Kommentierung zur Gesetzeslage heißt es: „Der Betrag zur Anerkennung der Förderleistung ist leistungsgerecht auszugestalten.“[1] Bei vielen Trägern der öffentlichen Jugendhilfe der Kreise, kreisfreien Städte und Gemeinden (Kommunen) herrscht somit eine große Unsicherheit über die Festlegung des konkreten Förderbetrages für die Tagespflegepersonen in der öffentlich geförderten Kindertagespflege.

Das Ziel der leistungsgerechten Vergütung soll die existenzsichernde Tätigkeit von Tagespflegepersonen sein.

 

Bestandteile der laufenden Geldleistung an die Tagespflegeperson:

Die laufende Geldleistung an die Kindertagespflegeperson nach § 23 SGB VIII umfasst mehrere Positionen:

  1. den angemessenen Sachaufwand der Tagespflegeperson, z.B.  Raummieten, Reinigungsmaterial, Spielmaterial, Verbrauchsgüter und Dienstleistungen, die zur Erbringung der Leistung erforderlich sind. (§ 23 Abs. 2 Nr. 1 SGB VIII) sowie
  2. einen Betrag für die Anerkennung der Förderungsleistung (§ 23 Abs. 2 Nr. 2 SGB VIII). Zu erstatten sind außerdem
  3. nachgewiesene Aufwendungen für Beiträge zu einer Unfallversicherung sowie
  4. die hälftige Erstattung nachgewiesener Aufwendungen zu einer angemessenen Alterssicherung (§ 23 Abs. 2 Nr. 3 SGB VIII) sowie
  5. die hälftige Erstattung nachgewiesener Aufwendungen zu einer angemessenen Kranken- und Pflegeversicherung (§ 23 Abs. 2 Nr. 4 SGB VIII).

 

Der Zahlbetrag insgesamt wird als Geldleistung bezeichnet. Der Träger der öffentlichen Jugendhilfe ermittelt den Betrag in Addition der angemessenen Beträge nach § 23 Abs. 2 Nr. 1 bis 4 SGB VIII.[2] Im Bewilligungsbescheid an die Tagespflegeperson müssen die einzelnen Bestandteile der laufenden Geldleistung nach § 23 Abs. 2 SGB VIII vom Träger der öffentlichen Jugendhilfe einzeln aufgeführt werden.[3] So auch die Handlungs- und Geschäftsanweisung der Agentur für Arbeit vom 20. 02. 2012, dort Anlage 5, S. 1. Als Begründung wird zum einen die Überprüfungsmöglichkeit der Angemessenheit und zum anderen die Steuerfreiheit der Erstattungsbeiträge angeführt.

 

Der Betrag zur Anerkennung der Förderungsleistung nach Maßgabe von § 23 Abs. 2 a SGB VIII, wird unter besonderer Berücksichtigung einer leistungsgerechten Ausgestaltung nach zeitlichem Umfang der Tagespflege sowie dem jeweils individuellen Förderbedarf der betreuten Kinder gezahlt. Es handelt sich bei den Anerkennungsbeträgen nicht um ein Entgelt oder eine Lohnersatzleistung, sie sind jedoch von den Tagespflegepersonen zu versteuern.

 

Die Höhe der lfd. Geldleistung hinsichtlich des Sachaufwandes und des Betrages zur Anerkennung der Förderungsleistung wurde zuletzt fast einheitlich in allen städteregionalen Kommunen mit eigenem Jugendamt durch Satzungsänderung zum 01.08.2010 festgelegt (Erhöhung von 2,50 €/Stunde auf 4,00 €/Stunde).

Mit der Satzungsänderung zum 01.08.2013 wurde auch der besonderen Situation in der Betreuung von Kindern mit erhöhtem Förderbedarf und/oder Pflegeaufwand grundsätzlich Rechnung getragen (§ 9 Abs. 6 der Kinderfördersatzung der Stadt Eschweiler). Die Zahlung der erhöhten Pauschale erfolgt in Abstimmung mit dem Allgemeinen Sozialen Dienst bzw. mit den Fachdiensten bereits jetzt in Einzelfällen.

 

Mit Schreiben vom 28.01.2014 beantragt das „Netzwerk Tagesmütter Eschweiler e. V.“

a)       die Erhöhung der gem. § 23 Abs. 2 Ziff. 1 u. 2 SGB VIII zu gewährenden laufenden Geldleistung pauschal von 4,00 € auf 5,00 € je Betreuungsstunde sowie

b)       die Berechnung der monatlichen Pauschale mit 4 1/3 Wochen anstatt bisher 4 Wochen.

Zudem bittet der Verein um eine Überprüfung der Höhe des Anerkennungsbetrages für Kinder mit erhöhtem Förderbedarf (§ 23 Abs. 2 a SGB VIII i. V. m. § 9 Abs. 6 der Kinderfördersatzung der Stadt Eschweiler).

 

Zur Erarbeitung von konkreten Maßnahmen wurden alle in Eschweiler berufstätigen Tagespflegepersonen angeschrieben, mit der Bitte, sich an  der Überarbeitung zu beteiligen. Stellvertretend für alle Tagespflegepersonen meldeten sich 8 Personen mit denen intensive Gesprächen geführt wurden.

 

Inhaltlich lief es drauf hinaus, dass hauptsächlich nach Meinung der Tagesmütter der Anteil des Sachaufwandes unverändert bleiben soll, da eine Erhöhung des Sachaufwandes auch steuerlich Berücksichtigung finden würde.

 

Gewünscht wurde eine Erhöhung der Förderungsleistung unter Berücksichtigung des (bisherigen) Sachaufwandes bis zum Gesamt-Betrag von 5,50 €/Stunde/Kind.

 

Die pauschalen Erhöhungen also z.B. von 4,00 auf 4,50 € oder 5,50 € insbesondere wegen des Wunsches nach „höherem Einkommen“ der Tagespflegeperson - dürften möglichen verwaltungsgerichtlichen Überprüfungen nicht standhalten. Insofern wäre eine Koppelung zumindest der Sachaufwendungen z.B. an den Lebenshaltungskostenindex für zukünftige Berechnungen nachvollziehbarer.

 

Im Bereich der persönlichen Förderungsleistung sollte nicht außer Betracht bleiben, dass die gesetzlich garantierte U3-Betreuung wesentlich von den Tagespflegepersonen mit getragen wird, also auch hier eine Anerkennung der gestiegenen persönlichen Anforderungen Berücksichtigung finden sollte. Dabei darf nicht verkannt werden, dass ohne Anpassung des gesamten Geldbetrages (Sachaufwand und Anerkennungsbetrag persönliche Förderungsleistung) bei gleichzeitigem Wegfall der Zuzahlung durch die Eltern die Gefahr besteht, dass Tagespflegepersonen ihren Dienst einstellen. Damit würde allerdings die Errichtung bzw. Unterhaltung weiterer Gruppen in Tageseinrichtungen mit einem ungleich höheren Aufwand notwendig. 

 

Aufgrund der letzten bekannten verwaltungsgerichtlichen Entscheidungen wird von einer pauschalen Anpassung des Geldbetrages abgesehen.

Stattdessen wird vorgeschlagen, den Betrag für die Sachaufwendungen an den Lebenshaltungskostenindex des Statistischen Bundesamtes und die Förderleistung an die tarifliche Entwicklung nach dem TVöD für den Sozial- und Erziehungsdienst anzupassen.

Die Berechnungsgrundlage und die Höhe der sich ergebenden Geldbeträge je Stundenkontingent werden aus der Kinderfördersatzung herausgenommen und in ein Richtlinienwerk übergeleitet.

 

Auf der Grundlage der letzten Beschlussfassung der Geldbeträge (4,00 € im Jahre 2010 – entspricht 100 %) ergäben sich demnach ab dem 01.08.2015 folgende Beträge:

a) Sachaufwendungen (1,875 € + 7 % per Stand 31.07.2014) =                                       2,005 €

b) persönliche Förderungsleistung (2,125 € + 14 % / 0,30 €) =                                                    2,425 €

Gesamt                                                                                                                                  4,430 €

 

Die Anerkennung der persönlichen Förderungsleistung könnte durch eine

Festsetzung auf einen Stundensatz in Höhe von                                                                       2,495 €

zum Ausdruck gebracht werden, so dass ein Gesamtbetrag/Std./Kind in Höhe von                      4,50 

gezahlt würde.                                                                                                            ======

 

 

Dies entspräche einer Erhöhung des Geldbetrages um 12,5 % und ist als erster notwendiger Schritt der Anpassung anzusehen.

 

Zu Beschlussentwurf b)

 

Außerdem wird auf die Forderung der Tagespflegepersonen hinsichtlich der Änderung der Berechnung von 4 Wochen pro Monat eingegangen. Bisher wird ein Leistungssatz für 4 Wochen im Monat gewährt. Diese Rechengröße wird auch seitens der Verwaltung als nicht realistisch betrachtet, so dass vorgeschlagen wird, die Berechnungsgrundlage auf 4,35 Wochen zu ändern.

 

Damit die erhöhte Wochenstundenzahl die Geldleistung nicht erneut schmälert, musste die Berechnungsgrundlage im alten Stundensatz angepasst werden (Erhöhung des alten Stundensatzes), so dass sich insgesamt die Höhe der Geldleistungen dann wie folgt darstellt:

 

 

Wochenstunden

neu

1

über 10 und bis 15 Std.*

290,00 €

2

über 15 und bis 20 Std.

390,00 €

3

über 20 und bis 25 Std.

490,00 €

4

über 25 und bis 30 Std.

585,00 €

5

über 30 und bis 35 Std.

685,00 €

6

über 35 und bis 40 Std.

780,00 €

7

über 40 und bis 45 Std.

880,00 €

                        *nur für kombinierte Betreuung in Kindertageseinrichtung bzw. Schule und Kindertagespflege.

 

 

Im Gespräch mit dem o.g. Kreis der Vertreterinnen der Tagespflege am 21.10.2014 wurden die beiden vorgestellten Maßnahmen zu a) und b) begrüßt, wenngleich auch mit einer deutlicheren Erhöhung des Betrages zur Anerkennung der Förderungsleistung gerechnet wurde.

 

Zu Beschluss c und d)

Weiterhin wurde mit den vertretenen Tagespflegepersonen gemeinsam erörtert, dass das KiBiz den öffentlichen Träger dazu verpflichtet, eine verlässliche Vertretungsregelung sicherzustellen. Dem Vorschlag der Verwaltung, die Fortzahlung der Geldleistung für den Urlaub auf 20 Tage und für die Krankheitstage auf 10 Tage festzulegen, wurde von den Vertreterinnen sehr begrüßt, da sie nun entgegen der bisherigen Regelung keinen Ausfall der Geldleistung mehr zu befürchten brauchen. Bisher stand dem nur ein Verzicht auf Krankmeldung und Urlaub gegenüber. Hinsichtlich der Vertretungsregelung wird die Verwaltung Konzepte erarbeiten und zusammen mit den Tagespflegepersonen besprechen.

 

Verwaltungsseitig wird daher vorgeschlagen, den kompletten Umfang zukünftig in Richtlinien für die Inanspruchnahme der Tagespflege zu regeln, um flexibel auf aktuelle Entwicklungen reagieren zu können. Außerdem sollen hier ausführlicher als jetzt in der Satzung die alltäglichen Dinge der Tagespflege festgelegt werden, wie beispielsweise Urlaubsansprüche, Geldleistungen im Krankheitsfall, und auch die Geldleistungen für Kinder mit erhöhtem Förderbedarf/ Pflegeaufwand.

Die Richtlinien werden bis spätestens Anfang 2015 in enger Zusammenarbeit mit dem oben erwähnten Vertreterkreis der Tagesmütter erarbeitet und abgestimmt.

 

Zu Beschlussentwurf e)

 

Das Inkrafttreten der Erhöhung der Geldleistung soll nach Auffassung der Tagespflegepersonen baldmöglichst stattfinden, da die Antragsstellung zu diesem Thema zunächst mündlich, und nun auch schriftlich bereits seit 2 Jahren besteht. Hierzu bedarf es gegenwärtig einer Änderung der Kinderfördersatzung.


 

Aufgrund der Beauftragung, zum 01.08.2015 einen Vorschlag zur Veränderungen der Elternbeiträge sowie ein neues Regelwerk für die Kinderbetreuung vorzulegen, das bestehen soll aus den Richtlinien für die Kindertagespflege und einer Satzung für die Kindertagespflege, Kindergärten und die Offenen Ganztagsschulen, wird verwaltungsseitig vorgeschlagen die Erhöhung der Geldbeträge für die Tagespflegepersonen auch mit Gültigkeit ab 01.08.2015 in Kraft zu setzen.

 

Aus haushaltsrechtlicher Sicht würden sich je nach Beschlusslage folgende Änderungen für den Haushalt 2015 ergeben:

 

Erhöhte Geldleistung ab 01.01.2015 = Ansatz von 1.000.000,00 € auf rund 1.446.300,00 € erhöhen

Oder

Erhöhte Geldleistung ab 01.08.2015 = Ansatz von 1.000.000,00 € auf rund 1.186.000,00 € erhöhen

 



[1] Wiesner, Reinhard (2011): Kommentar SGB VIII Kinder- und Jugendhilfe, § 23 (27,32).

[2] Happe/Saurbier, in: Jans u.a., SGB VIII, Stand:02/2009, § 23 Rn 27.

[3] Lakies § 23 Rn 21, Riehle, in: Krug u. a., SGB VIII, § 23 Rn 91.


Die Geldleistungen an die Tagespflegepersonen werden aus dem Sachkonto 53320100 – Tagespflege gem. § 23 SGB VIII – im Produkt 063610101 – Förderung von Kindern in Tageseinrichtungen und in Tagespflege – bei der Kostenstelle 51000000 finanziert. Der Haushaltsansatz beläuft sich für das Jahr 2015 auf 1.000.000 € und wurde mit rund 180 Kindern kalkuliert. Im Vergleich zur Fallzahlentwicklung über 200 Kinder in den Vorjahren ist diese Zahl realistisch, da zurzeit ein Rückgang in der Tagespflege zu verzeichnen ist und in den Folgejahren weitere U3-Plätze in Kindertagesstätten geschaffen werden.

 

Die Erhöhung des Geldbetrages von 4,00 auf 4,50 € und die Erhöhung von 4 auf 4,35 Wochen lösen Mehraufwendungen von jährlich rund 446.300,00 € aus bei einer kalkulatorischen Fallzahl von 180 Tagespflegekindern. Diese Mehrausgaben wären noch im Entwurf des Haushaltsplanes für das Haushaltsjahr 2015 anteilig einzustellen. Es handelt sich somit für die Monate August bis Dezember 2015 um einen Betrag von rund 186.000,00 €.

Für die Folgejahre muss jeweils ein zusätzlicher Betrag von 446.300,00 € in Ansatz gebracht werden.

 


keine