Betreff
Integriertes Kommunales Klimaschutzkonzept (IKSK)
Vorlage
080/14
Art
Beschlussfassung öffentlich

Der Rat der Stadt nimmt das Integrierte Klimaschutzkonzept Eschweiler als wichtigen Teil der städtischen Aktivitäten zur nachhaltigen Stadtentwicklung innerhalb des Leitbildes „Eschweiler 2030 … mit Energie in die Zukunft“ zur Kenntnis.

Der Rat beschließt das IKSK als Orientierungsleitfaden für die weitere nachhaltige Stadtentwicklung.


Gefördert durch die Klimaschutzinitiative des Bundes und koordiniert durch die Stabstelle Klimaschutz der StädteRegion Aachen haben im Zeitraum von Juli 2012 bis Dezember 2013 die Ingenieurbüros Gertec GmbH aus Essen und Planersocietät aus Dortmund auf Basis des 2010 vom Städteregionstag beschlossenen Klimaschutzkonzeptes der StädteRegion Aachen jeweils eigenständige Integrierte Klimaschutzkonzepte (IKSK) für die städteregionalen Kommunen und somit auch für die Stadt Eschweiler erarbeitet. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf die VV 338/12 verwiesen. Der Endbericht des IKSK unter dem Titel „Interkommunales Klimaschutzmanagement in der StädteRegion Aachen“ liegt nun vor (Anlage 1).

Mit dem Klimaschutzgesetz NRW und dem darauf aufbauenden Klimaschutzplan NRW sollen die Strategien und Instrumente zur Erreichung der ambitionierten Klimaschutzziele in NRW festgeschrieben werden. Die Kommunen werden bei der Umsetzung eine wesentliche Rolle spielen und ihre Vorbildfunktion ausüben können. Eine Verpflichtung für Kommunen, Klimaschutzkonzepte und Maßnahmenpläne zu erstellen, gibt es zwar (noch) nicht, jedoch schafft § 5 Abs. 1 Satz 3 Klimaschutzgesetz NRW eine entsprechende Ermächtigungsgrundlage für die Landesregierung. Im Baurecht bzw. in der Bauleitplanung ist zudem der Klimaschutz mit der Novellierung des Baugesetzbuches verankert und hier als eigenständiges Ziel und konkreter Abwägungsbelang definiert.

Das vorliegende IKSK greift die bisherigen Aktivitäten der Stadt zur Förderung des Klima- und Ressourcenschutzes sowie zum Ausbau einer nachhaltigen Energieversorgung auf, bündelt diese in einer strategischen Ausrichtung und gibt Vorschläge für weitere konkrete Projekte, die in die Bereiche „Grundlagen Klimaschutz und Energieeffizienz“, „Mobilität“ und „Erneuerbare Energien“ unterteilt werden. Die hier aufgeführten Maßnahmenpakete wurden in Abstimmung mit der Arbeitsgruppe „Eschweiler 2030“ und unter Beteiligung unterschiedlicher Akteure aus Verwaltung, Politik und Bürgerschaft definiert.

Das IKSK bildet einen wichtigen Baustein der städtischen Aktivitäten zur nachhaltigen Stadtentwicklung innerhalb des Leitbildes „Eschweiler 2030 … mit Energie in die Zukunft“.

Ein Großteil der im IKSK enthaltenen Ansätze sollen im Rahmen des European Energy Award-Verfahrens (EEA) (VV 031/12) aufgegriffen, konkretisiert und sukzessive in Maßnahmen überführt werden, die an anderer Stelle zu beschließen sind. Somit kann im EEA-Verfahren der operative Umsetzungsprozess für das IKSK übernommen werden. Beide, EEA und IKSK, verfolgen das Ziel, die Aspekte des Ressourcen- und Klimaschutzes in die Verwaltungsstrukturen der Stadt zu integrieren sowie grundsätzlich die Energieeffizienz und den Ausbau der Erneuerbaren Energien zu fördern. In der Arbeitsgruppe „Eschweiler 2030“ werden alle klima- und energierelevanten Aktivitäten aus dem IKSK und dem EEA koordiniert und strukturiert. So können z.B. zielgerichtet Maßnahmen zur Reduzierung des Energieverbrauchs (Energieeffizienzmaßnahmen), zur Steigerung des Anteils erneuerbarer Energien am Gesamtenergieverbrauch und zur Etablierung einer umweltfreundlichen Mobilität ämterübergreifend initiiert und umgesetzt werden.

Das IKSK ist zwar ein in sich abgeschlossenes Konzept, es wird jedoch thematisch in die noch zu erarbeitende Struktur und Maßnahmenplanung des EEA integriert, auch um parallel laufende, identische Arbeitsschritte zusammenzufassen. Maßnahmenplanung, Koordination und Kommunikation innerhalb der Verwaltung, Einbindung der Öffentlichkeit und die konkrete Umsetzung der Maßnahmen können so effizienter, zielgerichteter und zudem gleichzeitig gestaltet werden.

Es ergeben sich auch klimaschutzwirksame Synergieeffekte in Verbindung zu anderen Planungsaufgaben der Stadt, wie dem Luftreinhalteplan oder dem Lärmaktionsplan, deren Maßnahmen im IKSK bzw. EEA wiederzufinden sind.

 

Das IKSK besteht aus 6 Teilen:

  1. Erstellung einer stadtweiten CO2-Bilanz,
  2. Ermittlung von CO2-Minderungspotentialen,
  3. Maßnahmenentwicklung unter Beteiligung unterschiedlicher Akteure,
  4. Erstellung eines Maßnahmenprogramms,
  5. Bestimmung der Effekte des Maßnahmenprogramms und
  6. Ermittlung der Rahmenbedingungen für das Maßnahmenprogramm.

 

Mit dem IKSK Eschweiler liegt nun eine Grundvoraussetzung vor, für weitere Klimaschutzmaßnahmen entsprechende Förderanträge zu stellen. Förderfähig nach der Richtlinie zur Förderung von Klimaschutzprojekten in sozialen, kulturellen und öffentlichen Einrichtungen im Rahmen der Nationalen Klimaschutzinitiative (Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit – BMUB) sind zum Beispiel

-          die Schaffung einer Stelle für Klimaschutzmanagement (Förderquote 85%, 3 Jahre),

-          die Durchführung einer ausgewählten investiven Klimaschutzmaßnahme im Rahmen des Klimaschutzmanagements (Förderquote max. 50%, max. 250.000 €),

-          Klimaschutzmanagement für die Einführung bzw. Weiterführung von Energiesparmodellen an Schulen und Kindertagesstätten und

-          Investive Maßnahmen in den Bereichen „Beleuchtung“, „Raumlufttechnische Anlagen“ und „Nachhaltige Mobilität“.

Mit der Klimaschutzinitiative und im Rahmen des aufzustellenden Klimaschutzplanes werden weitere Förderinstrumente in NRW aufzustellen sein, ohne die die ambitionierten Klimaschutzziele bis 2050 nicht erreicht werden können. Klimaschutzkonzepte werden auch hier eine geeignete Voraussetzung schaffen.

 

CO2-Emissionen und Reduktionsziele

Mit einem Endenergieverbrauch von 1.318 GWh (2010) bzw. 23,8 MWh pro Einwohner über alle Energieträger und Verbrauchssektoren (Wirtschaft, Haushalte, Verkehr und Kommunale Gebäude) beträgt die CO2-Bilanz der Gesamtstadt 410.000 t, bzw. 7,3 t CO2 pro Einwohner (Stand 2010). Das Braunkohlekraftwerk Weisweiler mit einer CO2-Bilanz von 18,7 Mio. t (2013) wurde in der CO2-Bilanz der Stadt nicht berücksichtigt, da einerseits nur ca. 1,3 % des im Kraftwerk erzeugten Bruttostroms bilanziell in Eschweiler selbst verbraucht wird und andererseits die braunkohlestrombedingten Emissionen über den regionalen Strommix in die CO2-Bilanz der Stadt eingerechnet sind.

Wirtschaft, Verkehr und private Haushalte teilen sich die CO2-Emissionen zu jeweils einem Drittel. Obwohl der Anteil kommunaler Gebäude am Endenergieverbrauch bzw. den Emissionen weniger als 1 % ausmacht, nimmt die Stadt eine besondere Vorbildfunktion im Klimaschutz ein. Auch wenn die Effekte beispielsweise durch die Sanierung kommunaler Gebäude in der Gesamtbilanz nur eine untergeordnete Rolle spielen, kann über die öffentliche Wahrnehmung gezielter Maßnahmen oder das Vorweggehen bei der Nutzung erneuerbarer Energien eine Multiplikatorwirkung in den Betrieben und privaten Haushalten entstehen. Eine Strategie, die die Stadt mit den Themenfeldern „Vorsorgender Umweltschutz“ und „stadt- und umweltverträgliche Mobilität“ im Rahmen der nachhaltigen Stadtentwicklung „Eschweiler 2030“ verfolgt (VV 057/11).

Die im Klimaschutzgesetz NRW verankerten Emissionsminderungsziele von 25% bis 2020 und 80% bis 2050 bezogen auf die Gesamtemissionen im Jahr 1990 bedeuten auf Eschweiler übertragen eine Reduzierung der CO2-Emissionen im Jahr 1990 von 514.000 t auf 386.000 t in 2020 bzw. 103.000 t in 2050. Zwischen 1990 und 2010 wurde bereits eine Reduzierung der Emissionen um 20% auf 410.000 t erreicht.

Mit der vollständigen Umsetzung des Maßnahmenprogramms des IKSK könnten unmittelbar CO2-Emissionen im Umfang von 433.000 t eingespart werden, davon 52.000 t (12%) bis 2020 durch die Minderung des Endenergieverbrauchs (Haushalte, Wirtschaft, öffentliche Verwaltung), 366.000 t (ca. 85%) durch die Substitution der konventionellen Energieerzeugung durch Erneuerbare Energien und 15.000 t (ca. 3%) im Bereich der Mobilität. Da diesen Berechnungen grobe Potentialabschätzungen, insbesondere im Bereich der Erneuerbaren Energien, zu Grunde liegen, müssen im weiteren Verlauf des Klimaschutzprozesses und bei Aufstellung des konkreten Maßnahmenprogramms im Rahmen des EEA detaillierte Berechnungen durchgeführt werden. Aus Kosten-Nutzen-Sicht ist zudem eine vollständige Umsetzung aller Einsparpotentiale nicht sinnvoll (s. auch Punkt „Maßnahmenentwicklung“). Weitere indirekte Emissionsminderungen durch Sekundäreffekte (Änderung des Nutzerverhaltens im Bereich Wohnen, Freizeit und Mobilität, umweltfreundlichere Ernährung, etc.), die nicht bilanziert werden können, sind zu erwarten.

Gerade im Bereich der Erneuerbaren Energien, hier vor Allem bei der Windkraft, sind große Emissionsminderungspotentiale vorhanden, die auch faktisch bereits in den nächsten Jahren umgesetzt werden können. Beispielsweise könnten durch den Ausbau der Windkraft, wie im Entwurf der „Standortuntersuchung zur Ermittlung potentieller Flächen für die Darstellung von Konzentrationszonen für Windenergieanlagen„ (VV 319/13 und VV 158/14 – „Vorranggebiete für Windenergieanlagen“) thematisiert, bis zu 100.000 t CO2 eingespart werden.

Die Festschreibung eines quantifizierbaren Emissionsminderungsziels für die Stadt Eschweiler sollte aber zum jetzigen Zeitpunkt nicht erfolgen, da wesentliche Punkte der Umsetzung des Maßnahmenprogramms zum IKSK und EEA erst erarbeitet werden müssen.

Es ist aber bereits deutlich erkennbar, dass das „Emissionsminderungsziel 25%“ des Klimaschutzgesetzes NRW für das Jahr 2020 nahezu erreicht ist bzw. deutlich unterschritten werden könnte.

 


Maßnahmenentwicklung

Das umfangreiche Maßnahmenprogramm des IKSK ist in die Bereiche „Grundlagen Klimaschutz und Energieeffizienz“, „Mobilität“ und „Erneuerbare Energien“ und dabei jeweils in „Kommunenspezifische Maßnahmen“ (Komm) und „Kooperationsmaßnahmen“ (Koop) unterteilt und weist insgesamt 45 Maßnahmenschwerpunkte auf, die im Detail noch einmal zahlreiche Einzelmaßnahmen und Projekte bündeln. Diese Maßnahmenschwerpunkte und Einzelmaßnahmen haben deutlich unterschiedliche CO2-Minderungseffekte bei einer großen Spannbreite an personellem und finanziellem Ressourceneinsatz. Daraus lässt sich vor dem Hintergrund derzeit begrenzter Ressourcen der Verwaltung die Notwendigkeit eines Maßnahmenrankings ableiten, das mit Hilfe der Kosten(Aufwand)-Nutzen-Betrachtung konkretisiert werden muss.  Ziel ist es, einerseits eine Priorisierung der Maßnahmen hinsichtlich ihrer unmittelbaren Steuerbarkeit durch die Verwaltung (bereits initiierte oder direkt steuerbare Maßnahmen) zu erzielen und anderseits eine Strukturierung der Maßnahmen mit erweitertem Abstimmungsbedarf zu erarbeiten und diese mit dem EEA-Prozess zu synchronisieren. Unter Beachtung dieser Zielkriterien ergibt sich folgender Vorschlag für ein Maßnahmenprogramm, das nicht abschließend ist und im Fortgang des EEA-Prozesses erweitert und verändert werden kann:

 

Maßnahmen bereits initiiert oder direkt steuerbar

 

Einzelmaßnahmen / Maßnahmenschwerpunkt

Umsetzung

Ziffer IKSK

A 1

Ausweisung neuer Konzentrationszonen für Windenergieanlagen / Standortuntersuchung und FNP-Änderung

2014-2015

Komm 4,

Komm-EE 4

A 2

Erarbeitung einer KWK-Strategie in Anlehnung an die Ergebnisse des Förderprojektes KWK-Modellkommune NRW („Neue Wärme Dürwiß“) und sukzessive Umsetzung (Städtische Gebäude, Quartiersprojekte / Wärmecluster)

2014-20

Komm 4,

Komm-EE 3

A 3

Optimierung des Energie- und Gebäudemanagements

2014-2016

Komm 2,

Koop 2,

Komm-EE 1

Komm-EE 2

A 4

Aufbau einer Bürgerbeteiligungsmöglichkeit bei Energieprojekten, z.B. Bürger-Energiegenossenschaft

2015-2017

Komm 12

Koop-EE 1

Koop-EE 2

A 5

Aufbau eines Carsharing-Angebotes

2014-2015

Komm-Mob 1

 

Maßnahmen mit erweitertem Abstimmungsbedarf / über EEA steuern

 

Einzelmaßnahmen / Maßnahmenschwerpunkt

Umsetzung

Ziffer IKSK

B 1

Steuerung strategischer Maßnahmenplanung bereichsübergreifend; Arbeitsgruppe „Eschweiler 2030“

2014-2020

Komm 5

B 2

Integration von Klimaschutz und Ressourceneffizienz in die Stadtplanung durch z.B. eine kommunale Leitlinie, Satzung oder Beschluss

2014-2015

Komm 1

B 3

Mitarbeit an einer Biomasse-Strategie in der StädteRegion Aachen

2014-2016

Koop-EE 3

B 4

Einstellung eines Klimaschutzmanagers

2015

Komm 6

Koop 1

Koop 4

B 5

Erstellung eines kommunalen Mobilitätskonzeptes inkl.
E-Mobilität

2015-2016

Komm-Mob 1

Komm-Mob 3

B 6

Bündelung der bestehenden Informations- und Beratungsinstrumente der Stadt in Kooperation mit externen Partnern

Vernetzung mit den Akteuren in der Region

2014-2020

Komm 9-11

Komm 11

Komm 13

Koop 5-7

Koop 8-13

 

Dieses Maßnahmenprogramm soll als Leitfaden und Orientierung verstanden werden, den Klima- und Ressourcenschutz in die nachhaltige Stadtentwicklung zu integrieren und strukturell umzusetzen. Jede der genannten bzw. im EEA-Prozess zusätzlich erarbeiteten Maßnahmen wird, wenn nicht schon erfolgt, detailliert vorbereitet und in den Planungs-, Umwelt- und Bauausschuss bzw. in den Rat eingebracht. Da mit dem bis 2017 angelegten EEA-Verfahren auch die operativen Strukturen in der Verwaltung hinsichtlich eines dauerhaften Klimaschutz- und Energieeffizienzprozesses optimiert werden sollen, kann und muss die Umsetzung des IKSK und des o.g. Maßnahmenprogramms dort integriert werden.

 


Das IKSK und das Maßnahmenprogramm haben keine direkten finanziellen Auswirkungen. Alle Maßnahmen, die nicht bereits initiiert wurden, werden, soweit erforderlich, dem Planungs-, Umwelt- und Bauausschuss bzw. dem Rat zur Entscheidung vorgelegt. Die Kosten sind dann detailliert zu kalkulieren. Alle Projekte werden hinsichtlich ihrer haushaltsrechtlichen Möglichkeiten unter Einbeziehung entsprechender Förderungen eingehend geprüft.

 


Die Implementierung des IKSK in den EEA-Prozess und die Umsetzung konkreter Maßnahmen und Projekte soll

durch die bestehenden personellen Strukturen der verwaltungsinternen Arbeitsgruppe Eschweiler 2030 erfolgen.