Betreff
Gesetz zur Stärkung von Kindern und Jugendlichen (Kinder- und Jugendstärkungsgesetz - KJSG) - Reform des SGB VIII -
Vorlage
178/17
Aktenzeichen
II/51
Art
Kenntnisgabe öffentlich

Der Sachverhalt wird zur Kenntnis genommen.

 


 

Am 12.04.2017 hat das Bundeskabinett den Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung von Kindern und Jugendlichen (KJSG) beschlossen.

 

Die mit der ursprünglichen Reform des Kinder- und Jugendhilfegesetzes (SGB VIII) verfolgte, und seit geraumer Zeit diskutierte „große Lösung“ zur Zusammenfassung der Leistungen aller Eingliederungshilfen für Kinder- Jugendliche und junge Erwachsene im SGB VIII, wurde zunächst vertagt. Gleiches gilt für die angestrebten neuen Regelungen zur Steuerung und Finanzierung erzieherischer Hilfen und die Finanzierung von sozialräumlichen Hilfen. Die mit diesen Themenkomplexen verbundenen fachlichen und formalen Fragestellungen werden derzeit in sog. Fachforen unter Beteiligung der Fachverbände aus der Jugend-, Gesundheits- und der Behindertenhilfe mit dem BMFSFJ und dem Deutschen Verein für öffentliche und private Fürsorge in Berlin bearbeitet. Abschließende Lösungsvorschläge sollen bis zum Jahresende 2017 als Entscheidungshilfe für die Bundesregierung erarbeitet werden.

 

Bei dem vorliegenden Gesetzentwurf geht es insbesondere um die Verbesserung der Beteiligung von Kindern und Jugendlichen, der Stärkung von Pflegekindern und ihren Familien, der Qualifizierung von Schutzinstrumenten und –maßnahmen bei Auslandsmaßnahmen, der Verbesserung der Kooperation im Kinderschutz und bedarfsgerechtere Leistungen und Angebote der Kinder- und Jugendhilfe.

 

Die wesentlichen Änderungsansätze in dem Gesetzentwurf, und die daraus schon erkennbaren Umsetzungsanforderungen für die örtliche Ebene in Eschweiler,  werden im folgenden Text  kurz dargestellt:

 

  • Ombudsstellen (neu eingefügt § 9a SGB VIII-E)

Der Träger der öffentlichen Jugendhilfe kann  eine Ombudsstelle oder vergleichbare Strukturen errichten, an die sich junge Menschen und ihre Familien zur allgemeinen Beratung sowie Vermittlung und Klärung von Konflikten im Zusammenhang mit Aufgaben der Kinder- und Jugendhilfe nach § 2 SGB VIII und deren Wahrnehmung durch die öffentliche und freie Jugendhilfe wenden können.

 

Umsetzung in Eschweiler

Nach Verabschiedung des KJSG sollte zunächst im Jugendhilfeausschuss eine Verständigung darüber erfolgen, ob die Errichtung bzw. die Beteiligung an einer Ombudsstelle als sinnvoll angesehen wird. Eine alleinige Errichtung einer Ombudstelle für die Stadt Eschweiler erscheint auf Grund der Größenordnung derzeit nicht effektiv umsetzbar. Es ist vorgesehen, dieses Thema in einer der nächsten Sitzungen der Konferenz der Jugendamtsleiter in der StädteRegion Aachen fachlich zu erörtern und eine Beratungsgrundlage für die Jugendhilfeausschüsse zu erarbeiten.

 

  • Pflegekinderhilfe und stationäre Hilfen

Die Verpflichtung des örtlichen Trägers der Jugendhilfe zur Beratung und Unterstützung der Pflegepersonen ist im § 37 SGB VIII-E neu gefasst, ebenso im § 37a SGB VIII-E die Beratung und Unterstützung der Herkunftseltern bei stationären Hilfen. Festgeschrieben wird dadurch ein Rechtsanspruch der Eltern auf „Herkunftsarbeit“.

In der Hilfeplanung soll gem. § 36a Abs. 1 SGB VIII-E eine Klärung erfolgen, ob die Leistung

- befristet   oder

- eine auf Dauer angelegte Lebensform

bieten soll.

 

Das Jugendamt kann beim Familiengericht gem. § 1632 Abs. 4 S. 2 BGB-E eine Anordnung des Verbleibs auf Dauer erwirken, wenn eine Verbesserung der Erziehungsverhältnisse bei den Herkunftseltern trotz Beratungs- und Unterstützungsleistungen jetzt und zukünftig nicht verbessert werden kann und eine Anordnung zum Wohle des Kindes erforderlich ist.

 

Umsetzung in Eschweiler:

Die Arbeit mit den Herkunftseltern ist für den Pflegekinderdienst und den Allgemeinen sozialen Dienst (ASD) in Eschweiler schon jetzt fachlich und konzeptionell eine bedeutsame Aufgabe. Eine Fixierung von Verbleibensanordnungen kann zwar in einzelnen Fallkonstellationen sinnvoll erscheinen, führt aber unter Umständen zur Vernachlässigung des prozesshaften Charakters von Hilfeverläufen.   

 

 

 

  • Auslandsmaßnahmen

Durch eine vollständige Neufassung des § 38 SGB VIII werden in dem Gesetzentwurf strenge Verfahrensvorgaben bei der Durchführung von Auslandsmaßnahmen in den erzieherischen Hilfen normiert. Hierzu gehören insbesondere:

- die Beachtung der internationalen Vorgaben für die grenzüberschreitende Unterbringung

- die Einhaltung eines strengen Fachkräftegebotes (bei den durchführenden Trägern)

- die Durchführung der regelmäßigen Hilfeplangespräche am Ort der Hilfeerbringung im Ausland

 

Umsetzung in Eschweiler

 Die genannten Standards werden bei den (nur äußerst seltenen) Auslandsmaßnahmen in Eschweiler schon jetzt eingehalten, da diese sowohl für die Qualität der Hilfen und für die Wahrnehmung der Steuerungsverantwortung unverzichtbar sind.

 

  • Kinderschutz

Bei der Gefährdungseinschätzung sind gem. § 8a Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB VIII-E Berufsgeheimnisträger, die eine Gefährdungsvermutung mitgeteilt haben, zukünftig in geeigneter Weise zu beteiligen.

Durch Neuformulierungen (Gefährdungsmitteilung) im § 4 Abs. 1-3 des Gesetzes zur Kooperation und Information im Kinderschutz (KKG) werden Berufsgeheimnisträger befugt, das Jugendamt zu informieren und ihm zur Abwendung der Gefährdung erforderliche Daten mitzuteilen, soweit sie dies zur Abwendung der Gefährdung für erforderlich halten. Der bislang für die Berufsgeheimnisträger geltende eigene Beratungs- und Unterstützungsauftrag wird dadurch geschwächt und es entsteht ein Leitbild des „Melden an das Jugendamt“ mit einer möglichen zusätzlichen Belastung für das Jugendamt.

Eingeführt wird durch den neuen § 4 Abs. 4 KKG-E eine Rückmeldepflicht des Jugendamtes an die Berufsgeheimnisträger über den weiteren Verlauf einer Meldung.

Eingeführt wird durch § 5 KKG-E eine Meldepflicht von Strafverfolgungsbehörden oder von Gerichten über die erhebliche Gefährdung des Wohls eines Kindes oder Jugendlichen an das Jugendamt.

 

Eine gegenseitige Informationspflicht von belegendem Jugendamt und dem Jugendamt vor Ort über Ereignisse und Entwicklungen, die geeignet sind, das Wohl des Kindes oder Jugendlichen zu beinträchtigen, soll durch die Einfügung des § 47 Abs. 2 SGB VIII-E normiert werden.

 

Umsetzung in Eschweiler  

Die Wahrnehmung der Aufgaben im Kinderschutz erfolgt in Eschweiler und in der StädteRegion auf der Grundlage erprobter Konzepte und Kooperationsvereinbarungen. Nach Verabschiedung des KJSG sind die Diskurse mit den Kooperationspartnern mit dem Focus auf die Initiierung von konkreten örtlichen Konzeptentwicklungen fortzuführen.

 

  • Inklusive Tagesbetreuung

Die Grundsätze der Förderung von Kindern ist im § 22 SGB VIII geregelt. Neu eingefügt wird durch den § 22

Abs. 2 SGB VIII-E die Verpflichtung zur Kooperation mit anderen Rehabilitationsträgern, sofern Kinder mit und ohne Behinderung gemeinsam gefördert werden.

Durch eine Neuformulierung im § 22a Abs. 4 SGB VIII-E wird die Verpflichtung zur Berücksichtigung der besonderen Bedürfnisse von Kindern mit Behinderungen und von Kindern die von Behinderung bedroht sind gestärkt.

 

Umsetzung in Eschweiler  

Für die konkrete Umsetzung und die damit einhergehenden Kostenfolgen sind die zu erwartenden Neuregelungen im Kinderbildungsgesetz NRW (KiBiz) zunächst abzuwarten.

 

  • unbegleitete minderjährige Ausländer

Durch eine Neuformulierung des § 13 Abs. 3 SGB VIII-E soll in der Jugendsozialarbeit verstärkt die Möglichkeit eröffnet werden, bei der gleichzeitigen Teilnahme an Ausbildungs- oder Beschäftigungsmaßnahmen Unterkunft und sozialpädagogische Begleitung deutlich unterhalb der Standards und Kosten der Heimerziehung gem. § 34 SGB VIII zu gewähren.

 

 

 

 

Im § 78f  Abs. 2 SGB VIII-E wird ein Landesvorbehalt eingefügt:

„Im Hinblick auf vorläufige Maßnahmen und Leistungen für unbegleitete ausländische junge Menschen können die obersten Landesjugendbehörden mit den kommunalen Spitzenverbänden auf Landesebene und den Trägern der freien Jugendhilfe und den Vereinigungen sonstiger Leistungserbringer auf Landesebene Rahmenverträge über den Inhalt der Vereinbarungen nach § 78b Absatz 1 SGB VIII (Leistungs- und Entgeltvereinbarungen) schließen. Vom Abschluss dieser Verträge und ihrer Beachtung kann das Land die (bisher vollständige) Kostenerstattung für die Kommunen abhängig machen.

 

Umsetzung in Eschweiler

Diese Regelungen könnten eine erhebliche qualitative Einschränkung der erforderlichen Hilfen für unbegleitete minderjährige Ausländer bedeuten. Nach den bisher in Eschweiler gemachten Erfahrungen, sind gerade für diesen Personenkreis intensive pädagogische Hilfen und Unterstützungen zur Überwindung der teilweise traumatischen Fluchterfahrungen und für die Befähigung zur erfolgreichen Aufnahme von Schul- und Berufsausbildungen als Voraussetzung für gelingende Integrationsprozesse erforderlich.

Nach der Verabschiedung des KJSG bleibt zunächst abzuwarten, inwieweit in NRW eine Umsetzung auf Landesebene angestrebt wird.

 

Der Zeitplan im Gesetzgebungsverfahren

 

  • 19. Mai   1. Lesung im Bundestag
  • 02. Juni  Beratung im Bundesrat
  • 19. Juni  Sachverständigenanhörung im Bundestagsausschuss
  • 30. Juni  2. und 3. Lesung im Bundestag
  • 07. Juli   Bundesrat (Gesetz ist zustimmungspflichtig)

 


Zurzeit noch nicht absehbar.

 


Zurzeit noch nicht absehbar.