Betreff
Modellprojekt "Global Nachhaltige Kommune NRW"
hier: Sachstand
Vorlage
165/16
Art
Kenntnisgabe öffentlich

Der Sachverhalt wird zur Kenntnis genommen.

 


Die Stadt Eschweiler hat sich am 03.12.2015 zur Teilnahme am Projekt „Global Nachhaltige Kommune NRW“ beworben und am 18.12.2015 neben 15 weiteren Kommunen und Kreisen in NRW den Zuschlag erhalten.

Das Projekt „Global Nachhaltige Kommune NRW“ wird von der Landesarbeitsgemeinschaft Agenda 21 NRW e.V. (LAG 21 NRW) und der Servicestelle Kommunen in der Einen Welt (SKEW) der Engagement Global gGmbH im Auftrag des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) umgesetzt. Die LAG 21 NRW begleitet mit Unterstützung des Ministeriums für Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz des Landes Nordrhein-Westfalen (MKULNV NRW) auch den Dialog „Chefsache Nachhaltigkeit“, an dem über zehn hochrangige Vertreter von NRW-Kommunen und der kommunalen Spitzenverbände teilnehmen, u.a. Herr Bürgermeister Rudi Bertram. Zielsetzung des Dialogs ist die Erarbeitung inhaltlicher und struktureller Zielvorstellungen für die Nachhaltigkeitsstrategie NRW aus kommunaler Sicht.

Zahlreiche Herausforderungen wie der Demografie-bedingte Wandel in Wirtschaft und Gesellschaft („Überalterung“, „Fachkräftemangel“, „Neue Lebens- und Wohnformen“, usw.) und Zukunftsaufgaben wie der wirtschaftliche Umbruch in der Region („Strukturwandel“), die Integration von Flüchtlingen, die Bereitstellung von (bezahlbarem) Wohnraum für alle Generationen und Lebensphasen (Singles, Familien, Senioren), die Schaffung von Arbeitsplätzen für alle Qualifizierungsstufen, der Natur-, Klima-, Arten- und Ressourcenschutz, usw. erfordern eine auf Nachhaltigkeitsgrundsätzen beruhende wirtschaftliche und gesellschaftliche Weiterentwicklung, insbesondere auf kommunaler Ebene. Im Spannungsfeld von Kommunalfinanzierung, kommunaler Selbstverwaltung und Daseinsvorsorge und den zunehmenden Aufgaben müssen die Kommunen noch kreativer und innovativer sein und ihre Handlungsspielräume effektiv ausnutzen.

Integrierte, nachhaltige Stadtentwicklung darf dabei nicht nur die BürgerInnen vor Ort oder in der Region im Fokus haben, sondern muss auch die Verantwortung für globale Prozesse und die Menschen weltweit berücksichtigen. Der global stattfindende Klimawandel oder die oftmals menschenunwürdigen und umweltzerstörerischen Produktionsbedingungen in den Entwicklungs- und Schwellenländern sind Umstände, die u.a. auch zur weltweiten Flüchtlingswelle maßgeblich beitragen, und die auch auf kommunaler Ebene beeinflusst und verbessert werden können.

Daher legt das Projekt „Global Nachhaltige Kommune NRW“ einen besonderen Fokus auf die im September 2015 von der UN-Vollversammlung verabschiedete „2030-Agenda für Nachhaltige Entwicklung“ und die dazugehörigen 17 globalen Nachhaltigkeitsziele (Sustainable Development Goals, SDGs – s. Abbildung 1). Diese umfassen alle Themenfelder einer Nachhaltigen Entwicklung in der Breite: vom Meeres- und Klimaschutz über Armutsbekämpfung, menschenwürdiger Arbeit bis zur Rechtsstaatlichkeit. Eine Vertiefung und Konkretisierung der 17 Oberziele erfolgt durch 169 Unterziele und über 230 Indikatoren.

Abbildung 1: 17 Globale Nachhaltigkeitsziele (SDGs)

Die 2030-Agenda soll:

-          Armut und Hunger beenden und Ungleichheiten bekämpfen,

-          Selbstbestimmung der Menschen stärken, Geschlechtergerechtigkeit und ein gutes und gesundes Leben für alle sichern,

-          Wohlstand für alle fördern und Lebensweisen weltweit nachhaltig gestalten,

-          ökologische Grenzen der Erde respektieren: Klimawandel bekämpfen, natürliche Lebensgrundlagen bewahren und nachhaltig nutzen,

-          Menschenrechte schützen – Frieden, gute Regierungsführung und Zugang zur Justiz gewährleisten

-          und eine globale Partnerschaft aufbauen.

 

Viele der Globalen Nachhaltigkeitsziele und ihrer Unterziele stehen in direkter Beziehung zur Nachhaltigen Entwicklung auf kommunaler Ebene, insbesondere in den Bereichen, die starke Überschneidungen mit der kommunalen Selbstverwaltung aufweisen: Energieversorgung (SDG 7), Infrastruktur (SDG 11) und die Bekämpfung der Folgen des Klimawandels (SDG 13). Eine Übersicht der Beziehungen zwischen den Themenfeldern der Nachhaltigen Kommunalentwicklung, den Nachhaltigkeitszielen auf Landes- und Bundesebene sowie den Globalen Nachhaltigkeitszielen gibt Tabelle 1.

 

Tabelle 1: Bezüge der Nachhaltigen Kommunalentwicklung zu den Handlungsfeldern der nationalen und globalen Nachhaltigkeitsziele (LAG 21 NRW)

Themenfelder

Nachhaltige

Kommunalentwicklung

Handlungsfelder

Nachhaltigkeitsstrategie

NRW

Handlungsfelder

Nationale

Nachhaltigkeitsstrategie

Globale Nachhaltigkeitsziele (SDGs)

2030-Agenda

Demografie

Demografischer Wandel

Demografischen Wandel gestalten

Die 2030-Agenda definiert Demografie als Querschnitts-thema. Einzelne Ziele unter-streichen dies besonders

(SDG 1, 2, 3, 8, 10, 11)

Bildung

Bildung und Wissenschaft

Sozialer Zusammenhalt und Gesellschaftliche Teilhabe

Bildung

SDG 4

Gesellschaftliche Teilhabe und Gender

-    Sozialer Zusammenhalt und gesellschaftliche Teilhabe

-    Bürgerschaftliches Engagement/Teilhabe

-    Barrierefreiheit / Inklusion

-    Geschlechtergerechtigkeit

-    Integration

-     Perspektiven für Familien

-     Gleichstellung

-     Integration

SDG 1, SDG 4, SDG 5, SDG 8, SDG 9, SDG 10, SDG 11,
SDG 16

Natürliche Ressourcen und Umwelt

Schutz natürlicher Ressourcen

-     Ressourcenschonung

-     Flächeninanspruchnahme

-     Artenvielfalt

-     Landbewirtschaftung

-     Luftbelastung

SDG 2, SDG 6, SDG 11,

SDG 12, SDG 13

Klima und Energie

Klimaschutz/Energiewende

-     Klimaschutz

-     Erneuerbare Energien

SDG 7, SDG 9, SDG 11,

SDG 12, SDG 13

Mobilität

Mobilität

Mobilität

SDG 3, SDG 11

Finanzen

Nachhaltige Finanzpolitik

Staatsverschuldung

SDG 16

Arbeit und Wirtschaft

Nachhaltiges Wirtschaften

Gute Arbeit – Faire Arbeit

-     Wirtschaftliche Zukunftsvorsorge

-     Wirtschaftliche Leistungsfähigkeit

-     Innovation

-     Beschäftigung

SDG 8, SDG 9, SDG 12, SDG 13

Gesundheit und Ernährung

Gesundheit

Gesundheit und Ernährung

SDG 2, SDG 3, SDG 6, SDG 11, SDG 12, SDG 14, SDG 15

Globale Verantwortung und Eine Welt

Eine-Welt-Politik / Europäische und internationale Dimension

Entwicklungszusammenarbeit

Märkte öffnen

Alle SDGs weisen Bezüge zur globalen Verantwortung auf. SDG 17 ist ausschließlich der globalen Entwicklungs-partnerschaft gewidmet.

Sicherheit

 

Kriminalität

SDG 5, SDG 16

Konsum und Lebensstile

Nachhaltiger Konsum / nachhaltige Landwirtschaft

Gesund produzieren – gesund ernähren

SDG 6, SDG 11, SDG 12

 

Im Sinne der 2030-Agenda befinden sich alle Länder, so auch das wirtschaftlich starke Deutschland in der Entwicklung hin zu einer nachhaltigen Lebensweise. In 2015 haben die Bundesregierung und auch die Landesregierung von NRW beschlossen, eine Vorreiterrolle in diesem Prozess zur Umsetzung der 2030-Agenda-Ziele zu übernehmen.

Als eine der ersten Modellkommunen weltweit erstellt die Stadt Eschweiler so im Rahmen des Projekts „Global Nachhaltige Kommune NRW“ ein Handlungsprogramm zur Umsetzung dieser globalen Nachhaltigkeitsagenda sowie zur nachhaltigen und integrierten Entwicklung vor Ort, die soziale, ökonomische und ökologische Zielsetzungen vereint und Handlungsmöglichkeiten auf kommunaler Ebene aufzeigt, die auch einen positiven Einfluss auf die globalen Entwicklungen haben können. Das Prinzip der „Starken Nachhaltigkeit“, bei der sich wirtschaftliches und soziales Handeln nur innerhalb der ökologischen Grenzen abspielen darf, also ein funktionsfähiges ökologisches System auf der ganzen Erde dauerhaft gesichert bleibt, soll bei der Zielsetzung und Maßnahmenplanung Anwendung finden.

Das Handlungsprogramm soll neben strategischen und operativen Zielen auch konkrete Maßnahmen enthalten und dabei vor dem Hintergrund der Haushaltskonsolidierung eine klare Zuordnung personeller, zeitlicher und finanzieller Ressourcen vornehmen. Grundsätzlich jedoch müssen nachhaltiges Handeln und strategische Planungen nicht unbedingt zusätzliche Kosten verursachen. In erster Linie geht es darum, bestehende Ressourcen effektiver einzusetzen. Langfristig orientierte Planungen im Rahmen einer nachhaltigen Strategieentwicklung können zudem Folgekosten von Entscheidungen reduzieren, die nur auf Grund kurzfristiger Erwägungen gefallen sind.

Das Handlungsprogramm bildet mit dem Leitbild und den thematischen Leitlinien die Nachhaltigkeitsstrategie, die zusammen mit der Prozessbeschreibung in den Nachhaltigkeitsbericht einfließt.

Das Projekt „Global Nachhaltige Kommune in NRW“ läuft bis Herbst 2017 und endet mit der Verabschiedung des Handlungsprogramms bzw. des Nachhaltigkeitsberichts durch den Rat der Stadt Eschweiler.

Die Stadt möchte mit dem Projekt nicht nur ein fundiertes Handlungsprogramm erarbeiten sondern auch die Strukturen innerhalb der Verwaltung so schärfen, dass mit einem querschnittsorientierten, fachämterübergreifenden Arbeitsgremium strategische Zielsetzungen und Konzepte zur integrierten nachhaltigen Stadtentwicklung etabliert werden, die über einzelne Themen wie Klima und Energie, Wirtschaft und Beschäftigung oder Bildung hinausgehen.  Operative Maßnahmen sollen optimal abgestimmt und in den einzelnen Fachämtern ohne Reibungsverluste umgesetzt werden können. Der auf Beschluss des Planungs- Umwelt- und Bauausschusses der Stadt Eschweiler im Mai 2011 (VV 057/11) eingeleitete Prozess zur Entwicklung eines „kommunalen Nachhaltigkeitsmanagements“ mit der Einrichtung der verwaltungsinternen und fachämterübergreifenden Arbeitsgruppe „Eschweiler 2030“ soll um das Projekt „Global Nachhaltige Kommune NRW“ erweitert und inhaltlich sowie strukturell angepasst werden.

Die Weiterentwicklung der ämterübergreifenden strategischen Planung auf Verwaltungsebene sowie die Einbeziehung der Öffentlichkeit und der Politik in den Prozess zur Entwicklung der Nachhaltigkeitsstrategie und des Handlungsprogramms sind dabei von besonderer Bedeutung und sollen über die Projektlaufzeit hinaus Wirkung zeigen. Mögliche Doppelstrukturen sollen dabei vermieden, bestehende Gremien und Arbeitsgruppen genutzt und parallele Arbeitsvorgänge gebündelt werden.

Die Aufbauorganisation des Projektes „Global Nachhaltige Kommune NRW“ basiert daher auf drei Säulen: Steuerungsgruppe, Kernteam und Organisationsteam. Auf die Bildung von Doppelstrukturen wurde dabei bewusst verzichtet, so dass die Arbeitsgruppe „Eschweiler 2030“ nahtlos in das Kernteam „Global Nachhaltige Kommune NRW“ übergeht. Abbildung 2 verdeutlicht die Aufbauorganisation und listet die Besetzung der drei Gremien in Eschweiler auf.


Steuerungsgruppe:

-          Aus Politik, Wirtschaft und Zivilgesellschaft zusammengesetzt

-          Aufgaben: Erarbeitung des Handlungsprogramms

Kernteam:

-          Verwaltungsinternes Arbeitsgremium = Arbeitsgruppe Eschweiler 2030

-          Aufgaben:

o   Vor- und Nachbereitung der Steuerungsgruppensitzungen

o   Inhaltliche Abstimmung der Nachhaltigkeitsstrategie (Leitbild, Leitlinien, Handlungsprogramm) unter Einbindung der Ergebnisse aus der Steuerungsgruppe

Koordination:

-          4 Verwaltungsmitarbeiter aus 3 Dezernaten

-          Aufgaben:

o   Organisation des Entwicklungs- und Umsetzungsprozesses der Nachhaltigkeitsstrategie

o   Inhaltliche Vorbereitung der Nachhaltigkeitsstrategie (Leitbild, Leitlinien, Handlungsprogramm)

o   Ergebnissicherung und Öffentlichkeitsarbeit

Abbildung 2: Aufbauorganisation (LAG 21 NRW; eigene Ergänzung)

 

Im ersten Schritt wird im Rahmen einer Bestandsaufnahme geprüft, welchen derzeitigen Zustand die Stadt Eschweiler hinsichtlich der nachhaltigen Entwicklung einnimmt. Neben allgemein verfügbaren statistischen Daten werden Konzepte, Projekte, Partnerschaften und politische Beschlüsse zusammengetragen und in einer Stärken-Schwächen-Chancen-Risiken-Analyse (SWOT) abgebildet. Darauf aufbauend soll im nächsten Schritt das Handlungsprogramm erarbeitet und auf Ebene der Steuerungsgruppe abgestimmt werden. Das Handlungsprogramm beinhaltet:

-          Thematische Leitlinien mit Schwerpunktsetzung in den einzelnen Themenfeldern

-          Strategische Ziele (langfristig orientierte, grobe Planung „WAS“ bis „WANN“)

-          Operative Ziele (kurz- bis mittelfristige, konkretere Planung)

-          Maßnahmen und Projekte

-          Ressourcen (personelle, finanzielle, zeitliche).

Die Schwerpunktsetzung der einzelnen Themenfelder soll im Rahmen einer Umfrage vorbereitet werden. Dazu werden die Globalen Nachhaltigkeitsziele (SDGs) und die für die kommunale Nachhaltigkeitsstrategie relevanten Unterziele in einem Fragebogen aufgelistet und dieser der Politik, den Akteuren innerhalb der Stadtverwaltung sowie einer Auswahl öffentlicher Akteure zugesandt. Das sich daraus ableitende „Meinungsbild“ soll zu einer ersten Schwerpunktsetzung der für Eschweiler wichtigen Themenfelder und Nachhaltigkeitsziele führen. Darauf aufbauend erfolgt die Erarbeitung strategischer und operativer Ziele sowie konkreter Maßnahmen und Projekte.

Der Entwicklungsprozess zur Erarbeitung der Nachhaltigkeitsstrategie sowie die Nachhaltigkeitsstrategie selbst werden zum Abschluss des Projekts in einem ersten Nachhaltigkeitsbericht zusammenfassend dargestellt und dem Rat der Stadt Eschweiler zur Beschlussfassung vorgelegt.

 


Die inhaltliche und organisatorische Betreuung der Stadt Eschweiler durch die LAG 21 und die SKEW bei der Erstellung des Handlungsprogramms bzw. der Nachhaltigkeitsstrategie sowie die Teilnahme an den Netzwerktreffen ist kostenlos und wird vollständig über den Projektträger LAG 21 im Rahmen des Projektes „Global Nachhaltige Kommune NRW“ abgedeckt.

Die Umsetzung einzelner Maßnahmen, soweit sie mit zusätzlichen finanziellen Mitteln verbunden sind, steht unter dem Vorbehalt der jährlichen Etat- und Konsolidierungsbeschlüsse des Rates.


Die interne Organisation und Durchführung des Projektes wird durch städtisches Personal erbracht, dabei werden die Aufgaben des Organisationsteams auf mehrere Organisationseinheiten verteilt.