Betreff
Informationen a) zum Gesetz zur Verbesserung der Unterbringung, Versorgung und Betreuung ausländischer Kinder und Jugendlicher und b) über die Konsequenzen für die Stadt Eschweiler
Vorlage
336/15
Art
Kenntnisgabe öffentlich

Der Sachverhalt wird zur Kenntnis genommen.

 


Der Bundestag hat nun am 15.10.2015 das Gesetz zur Verbesserung der Unterbringung, Versorgung und Betreuung ausländischer Kinder und Jugendlicher verabschiedet, welches am 01.11.2015 -und damit wesentlich früher als erwartet- in Kraft tritt. Die Ausgangslage ist dabei bekannt: belastete Jugendämter und Kommunen an den Einreiseknotenpunkten von jungen Flüchtlingen und eine massive Zunahme insbesondere in den letzten Monaten sowie prognostisch auch in der Zukunft. Das Gesetz versucht nun durch ein bundesweites Verteilungsverfahren, die Problemlage in den Grenzregionen zu entschärfen und in die „Fläche“ zu verteilen. Das Primat der Jugendhilfe bleibt dabei bestehen. Weitere Bestandteile des Gesetzentwurfes sind zudem eine Verbesserung der Datenlage in Bezug auf unbegleitete minderjährige Flüchtlinge, die nun endlich vollzogene Anhebung der Altersgrenze zur Verfahrenshandlung nach dem Aufenthalts- und Asylverfahrensgesetz von 16 auf 18 Jahren und eine Klarstellung der Inanspruchnahmevoraussetzungen von Leistungen der Kinder- und Jugendhilfe durch ausländische Kinder und Jugendliche.

 

Besonders relevant für die Stadt Eschweiler sind die Regelungen des neu eingefügten § 42 a SGB VIII; die sogenannte „Vorläufige Inobhutnahme von ausländischen Kindern und Jugendlichen nach unbegleiteter Einreise“ (siehe auch Anlage 1- Gesetzessynopse des Deutschen Instituts für Jugend und Familienhilfe). Durch den Dienstsitz der Bundespolizei  im Stadtgebiet wird das Jugendamt Eschweiler für diese Aufgabe zuständig; die Stadt Eschweiler ist ein sogenannter Einreiseknotenpunkt.

 

Was bedeutet das konkret?

 

In einem Zeitraum von 7 Werktagen muss durch das Jugendamt ein sogenanntes Screeningverfahren durchgeführt werden, in dem u.a. folgendes geklärt wird (vgl. Anlage 2, Arbeitshilfe des Bundesfachverbandes unbegleitete minderjährige Flüchtlinge e.V. zur vorläufigen Inobhutnahme):

·         Würde das Wohl des Minderjährigen durch die Durchführung des Verteilungsverfahrens gefährdet, im Hinblick sowohl auf die physische als auch auf die psychische Belastung?

·         Halten sich verwandte Personen im Inland oder im Ausland auf?

·         Erfordert das Wohl des Minderjährigen eine gemeinsame Inobhutnahme mit Geschwistern oder anderen unbegleiteten ausländischen Kindern oder Jugendlichen?

·         Schließt der Gesundheitszustand des Minderjährigen die Durchführung des Verteilungsverfahrens innerhalb von 14 Werktagen nach Beginn der vorläufigen Inobhutnahme aus? Hierzu soll eine ärztliche Stellungnahme eingeholt werden.

 

Auf der Grundlage der Ergebnisse dieser Einschätzung entscheidet dann das Jugendamt über die Anmeldung des Kindes oder des Jugendlichen zur Verteilung oder den Ausschluss der Verteilung.

Grundsätzlich sind zudem u.a. die Alterseinschätzung und natürlich die Unterbringung in einer passenden Einrichtung durchzuführen. Zudem ist während der vorläufigen Inobhutnahme die rechtliche Vertretung sicherzustellen. Diese soll organisatorisch und personell eigenständig sein und wird daher durch die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen des Bereiches Vormundschaften ausgeübt. Das Gesetz sieht zudem vor, dass die jungen Flüchtlinge nach dem Abschluss des Verteilungsverfahrens zum neu zuständigen Jugendamt durch eine insofern geeignete Person begleitet und der Fachkraft des Jugendamtes dort übergeben werden.

 

Das Verteilverfahren selbst soll dann spätestens nach einem Monat abgeschlossen sein; danach ist auch keine Umverteilung mehr möglich. Das Jugendamt der vorläufigen Inobhutnahme bleibt dann dauerhaft zuständig.

Änderungen sieht das Gesetz auch im Bereich der Kostenerstattung vor; hier wird zukünftig für die Erstattungsansprüche nur noch das jeweilige Bundesland zuständig sein. Bislang wurde der überörtliche Kostenerstatter durch das Bundesverwaltungsamt bestimmt, was sehr unterschiedliche Abrechnungsmodalitäten und damit hohen bürokratischen Aufwand zur Folge hatte.

 

Die aktuelle Situation

Derzeit werden wöchentlich Jugendliche durch die Bundespolizei aufgegriffen und dem Jugendamt Eschweiler übergeben; oft am Wochenende im Rahmen des Bereitschaftsdienstes. Zwei Monate nach Betriebsaufnahme der Bundespolizeiwache in Eschweiler wurden somit bereits 52 unbegleitete, minderjährige Ausländer durch das Jugendamt Eschweiler Inobhut genommen (Stand 28.10.2015). Die Jugendlichen stammen oft aus Guinea, Eritrea, aber auch aus Syrien und Afghanistan und reisten in Gruppen von bis zu 9 Personen ein. Die Arbeitsbelastung im Jugendamt und insbesondere im Bereich der Abteilung 511 und der Vormundschaften hat damit, wie zu erwarten, stark zugenommen.

Problematisch ist zwischenzeitlich, dass keine Unterbringungsmöglichkeiten in Jugendhilfeeinrichtungen mehr zur Verfügung stehen. Teilweise sind daher Jugendliche in den Erstaufnahmeeinrichtungen untergebracht und werden dort ambulant betreut.

 

Weitere Handlungsschritte

Schwerpunkt der derzeitigen Aktivitäten ist die Schaffung neuer Unterbringungsplätze. Vor allem für den Aufgabenbereich der vorläufigen Inobhutnahme wird derzeit intensiv zusammen mit dem Haus St. Josef, Kinder- Jugend- und Familienhilfe an der Umsetzung eines entsprechenden Konzeptes gearbeitet; weitere Betreuungsplätze sind zudem in Planung.

 

Ein aktueller mündlicher Bericht zur Situation und den weiteren Aktivitäten sowie ergänzende Angaben zum Gesetz zur Verbesserung der Unterbringung, Versorgung und Betreuung ausländischer Kinder und Jugendlicher erfolgt in der Ausschusssitzung.

 

 


Die Haushaltsmittel für diesen Aufgabenbereich sind im Produktsachkonto 063630101- 53320800 (Aufwendungen unbegleitete minderjährige Flüchtlinge) veranschlagt. Im Haushaltsjahr 2015 wurden hierzu Mittel in Höhe von 2.501.500,- Euro eingestellt.

 


Aufgrund der gesetzlich normierten Fallzahlobergrenze sowie der neuen Tätigkeit der sogenannten „rechtlichen Vertretung“ im Rahmen der vorläufigen Inobhutnahme ergibt sich ein Personalbedarf im Bereich der Amtsvormundschaften (vgl. Vorlage 303/14).