Betreff
Sachstandsbericht zur Aufstellung eines Luftreinhalteplans in Eschweiler
Vorlage
257/15
Art
Kenntnisgabe öffentlich

 

Der Sachverhalt wird zur Kenntnis genommen.

 


 

Allgemeines zum Luftreinhalteplan:

 

Das Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz NRW (LANUV) unterhält landesweit vor allem in Ballungszentren ein Luftqualitäts-Überwachungssystem. Hierbei wird mit Messstationen und Passivsammlern die Luftqualität an besonders belasteten Orten erfasst. Um der großen Zahl von Verdachtsfällen auf Grenzwertüberschreitung nachgehen zu können, setzt das LANUV seit mehreren Jahren verstärkt Passivsammler ein – kleine Röhrchen, die ohne jede Energieversorgung Schadstoffe aufnehmen und anreichern können. Seit Januar 2010 führt das LANUV auch in Eschweiler Luftschadstoffmessungen über einen Passivsammler in der Indestraße (Standort: zwischen Kochsgasse und Langwahn, ca. 30 m östlich der Lichtsignalanlage Langwahn/Nordstraße) durch, da auf diesem relativ kurzem Abschnitt das höchste Verkehrsaufkommen in Eschweiler zu verzeichnen ist und durch Abgase erhöhte Schadstoffkonzentrationen (insbesondere Stickstoffdioxid) nicht ausgeschlossen werden können.

 

Nach Auswertung der monatlichen Messergebnisse 2010 wurde ein Jahresmittelwert für Stickstoffdioxid auf diesem kurzen Straßenabschnitt zwischen der Kochsgasse und dem Langwahn in Höhe von 49 µg/m3 ermittelt. Da der zulässige Grenzwert (40 µg/m3) damit überschritten wurde, wurde die Bezirksregierung Köln mit Erlass vom 20.04.2011 vom Ministerium für Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz NRW (MKULNV) aufgefordert, mit den Arbeiten zur Erstellung eines Luftreinhalteplanes für Eschweiler zu beginnen. Zuständig für die Aufstellung von Luftreinhalteplänen ist -bezogen auf Eschweiler- die Bezirksregierung Köln, die fachlich vom LANUV unterstützt wird. In einem Luftreinhalteplan werden geeignete Maßnahmen zur Verminderung von Luftverunreinigungen festlegt. Das in einem Luftreinhalteplan am häufigsten eingesetzte Instrument zur Verbesserung der Luftqualität ist eine Umweltzone (Fahrverbot für Fahrzeuge mit hohem Schadstoffausstoß). Da die Aufstellung eines Luftreinhalteplanes inhaltlich die Anstrengungen einer Vielzahl von Akteuren erfordert, werden diese von einer Projektgruppe, bestehend aus Vertretern der Stadt, Vertretern von Industrie- und Handwerksverbänden, Landesbetrieb Straßenbau NRW, StädteRegion Aachen, AVV, EVS, ASEAG, Polizei u.a. begleitet. Der Entwurf des so erarbeiteten Plans wird alsdann in einem vorgeschriebenen Verfahren öffentlich ausgelegt; die danach eingehenden Einwendungen werden mit der Projektgruppe erörtert und in der Endfassung des Plans berücksichtigt, der dann von der Bezirksregierung öffentlich bekannt gemacht und damit rechtsverbindlich wird.

 

Der Grenzwert für Stickstoffdioxid mit 40 µg/m3 ist seit dem 01.01.2010 gültig, wobei die Bundesrepublik Deutschland von der Möglichkeit Gebrauch gemacht hat, bei der EU eine Fristverlängerung bis ins Jahr 2015 zu beantragen. Nachdem die EU-Kommission weitere Fristverlängerungen über diesen Zeitpunkt hinaus abgelehnt hatte, drängen jetzt die zuständigen Bezirksregierungen auf eine rasche Umsetzung der Luftreinhaltepläne.  Konkret auf Eschweiler bezogen bedeutet dies, dass die Bezirksregierung Köln jetzt im Herbst mit der erforderlichen Öffentlichkeitsbeteiligung beginnen und Ende 2015 den Luftreinhalteplan für Eschweiler öffentlich bekanntmachen will.

 

Spezielle Situation in Eschweiler:

 

Betroffen von der Grenzwertüberschreitung ist im gesamten Stadtgebiet von Eschweiler einzig und allein der rd. 140 m lange Straßenabschnitt der Indestraße zwischen der Kochsgasse und dem Langwahn. Insofern unterscheidet sich die Situation in Eschweiler hinsichtlich der Größe des belasteten Gebietes von vielen anderen Städten, in denen oftmals große Teile der Innenstadt Grenzwertüberschreitungen aufweisen. Typischerweise treten Luftverunreinigungen in stark befahrenen Straßen mit beidseitig geschlossener, mehrgeschossiger Bebauung (Straßenschluchten) auf, in denen die Luftzirkulation deutlich gehemmt ist. Doch auch in diesem Punkt unterscheidet sich die Situation in Eschweiler von vielen Ballungszentren: Der kurze Straßenabschnitt zwischen der Kochsgasse und dem Langwahn ist nur einseitig bebaut und die Indestraße mit der parallel verlaufenden Inde mit einer Ost-West-Erstreckung fungieren darüber hinaus als Frischluftschneise.

 

Insofern ist es zunächst verwunderlich, dass in Eschweiler trotz dieser günstigen Rahmenbedingungen Grenzwertüberschreitungen auftreten, die alleine durch das normale, tägliche Verkehrsaufkommen nicht zu erklären sind. Es steht zwar außer Frage, dass der Verkehr auf der Indestraße als Hauptverursacher der Grenzwertüberschreitungen angesehen werden muss, aber dennoch hat sich bei der Verursacheranalyse herausgestellt, dass den Bussen des nahe gelegenen Bushofs eine bedeutende Rolle zufällt. Darüber hinaus sind die immer wieder auftretenden Stauereignisse auf der BAB A 4 mit dem Ausweichverkehr durch die Innenstadt ein nicht zu vernachlässigender Immissionsfaktor, der ebenfalls zur Grenzwertüberschreitung beiträgt.

 

Die gemessenen Jahresmittelwerte für Stickstoffdioxid sind am „Hot Spot“ in der Indestraße seit Beginn der Messungen im Jahr 2010 mit 49 µg/m3 und in den Folgejahren (2011 mit 47 µg/m3, 2012 mit 46 µg/m3, 2013 mit 45 µg/m3 und 2014 mit 44 µg/m3) kontinuierlich zurückgegangen (5 µg in 4 Jahren). Diese Abnahme der Stickstoffdioxidbelastung  ist allgemein auf eine jünger werdende Fahrzeugflotte mit zunehmend besserer Verbrennungstechnik zurückzuführen und nicht nur in Eschweiler, sondern landesweit zu beobachten. Dies bedeutet aber auch, dass bei weiterhin positivem Verlauf in Eschweiler nach Auffassung der Verwaltung ohne jegliches Zutun bzw. ohne Luftreinehalteplan bzw. ohne Umweltzone der Grenzwert  (40 µg/m3) eventuell schon im Jahr 2017/2018 eingehalten werden könnte. Insofern ist die Situation hier in Eschweiler deutlich positiver als in vielen anderen Städten, in denen trotz Luftreinhalteplan bzw. trotz Ausweisung einer Umweltzone die Einhaltung der Grenzwerte nicht absehbar ist.

 

In den meisten Großstädten/Ballungszentren werden von den zuständigen Bezirksregierungen in den Luftreinhalteplänen die Umweltzonen als Hauptinstrument zur Verbesserung der Luftqualität eingesetzt/angeordnet. In diesem Zusammenhang darf aber nicht verkannt werden, dass die Wirkung von Umweltzonen (Gebiet, in dem der Zugang nur mit schadstoffarmen Fahrzeugen, z.B. mit grüner Plakette, möglich ist) seit Jahren kontinuierlich sinkt. Schon heute verfügen hier in der StädteRegion Aachen nahezu 95 % der Pkw über eine grüne Plakette; LkW und Busse ziehen ebenfalls rasch nach. Es kann somit kaum verwundern, dass gemäß einer Studie (Straßenverkehrstechnik 4/2014) neu eingerichtete Umweltzonen in Deutschland nur noch einen geringen und auf wenige Jahre begrenzten Beitrag zur Luftreinhaltung leisten können.

 

Vor diesem Hintergrund und unter gleichzeitiger Berücksichtigung, dass die Einrichtung einer Umweltzone in Eschweiler aufgrund der Netzstruktur kontraproduktiv wäre, da der durch die Sperrung des Kernbereichs von Eschweiler verdrängte emissionsintensive Verkehr dann auf sensible, meist von Wohnbebauung flankierte und wenig leistungsfähige Straßen verdrängt würde, stellt nach Ansicht der Verwaltung die von der Bezirksregierung Köln und vom LANUV für Eschweiler favorisierte Umweltzone kein geeignetes Instrument zur Verbesserung der Luftqualität dar. Vielmehr ist die Stadt Eschweiler der Ansicht, dass die in einem Luftreinhalteplan festzuschreibenden Maßnahmen direkt an der Quelle ansetzen sollten (u.a. Modernisierung der ASEAG-Busflotte, Umleitung des Verkehrs bei Stauereignissen auf der BAB A4 usw.).

 

Bezüglich des von der Verwaltung alternativ zu einer Umweltzone aufgezeigten Maßnahmenpakets wird auf das Schreiben an die Bezirksregierung Köln vom 01.06.2015 verwiesen (s. Anlage 1). Die dort aufgezeigten Argumente der Stadt wurden allerdings in der letzten Projektgruppensitzung am 11.06.2015 von der Bezirksregierung Köln und vom LANUV weitestgehend als nicht zielführend angesehen. Es bleibt abzuwarten, wie die Bezirksregierung Köln jetzt auf die jüngste Eingabe der Stadt Eschweiler (Stellungnahme vom 20.08.2015, Anlage 2) im Zusammenhang mit einem von hier beauftragten Gutachten zu den Auswirkungen von Verkehrsstaus auf die Stickstoffdioxid-Belastung am „Hot Spot“ reagieren wird.

 

Vorstehender Sachstandsbericht wird zur Kenntnis gegeben. Über den weiteren Fortgang zum Luftreinhalteplan wird die Verwaltung berichten.


Kosten für die Einrichtung einer Umweltzone sind im Haushalt 2016 und in den Folgejahren noch nicht eingeplant. Sofern die Umweltzone entgegen den Vorstellungen der Stadt von der Bezirksregierung angeordnet wird, müssten die erforderlichen Mittel für die Beschilderung bereitgestellt werden.


Sofern eine Umweltzone in Eschweiler angeordnet wird, muss Personal für Ausnahmegenehmigungen sowie Überwachung/Kontrollen der Umweltzone eingesetzt oder sogar neu eingestellt werden.

 

Die finanziellen und personellen Auswirkungen wurden noch nicht kalkuliert, da aktuell noch nicht bekannt ist, welche Maßnahmen im Luftreinhalteplan umgesetzt werden müssen.