Betreff
Interkommunales Gewerbegebiet Kinzweiler
Vorlage
128/23
Art
Beschlussfassung öffentlich

1.       Der aktuelle Sachstand zur Entwicklung des Gewerbeflächenpools in Kinzweiler wird zur Kenntnis genommen.

 

2.       Das Projektvorhaben soll weiter forciert werden.

 


Die Gestaltung des Strukturwandels und die Neuausweisung von Wohn- und Gewerbeflächen sind zentrale Bausteine für eine erfolgreiche Stadtentwicklung. Im regionalen Konsens wurde hierzu ein interkommunal abgestimmtes städteregionales Gewerbeflächenkonzept (siehe VV 115/19) erstellt, welches Flächenpotentiale für die gesamte Region bündelt. Mehrere Kommunen haben eine öffentlich-rechtliche Vereinbarung für den städteregionalen Gewerbeflächenpool geschlossen (VV 080/20), um gemeinsam mit der AGIT GmbH die Entwicklung der Poolflächen in Eschweiler, Herzogenrath und Würselen zu forcieren.

 

Für die Entwicklung des in Kinzweiler identifizierten Flächenpotentials von insgesamt rd. 73 ha wurde ein Projektfahrplan beschlossen (VV 328/20), der nunmehr fortgeschrieben wird.

 

Die Fläche ist wegen ihrer Größe und der idealen Lage die bedeutendste Flächenentwicklung innerhalb des Gewerbeflächenpools und von überregionaler Strahlkraft. Aus diesen Gründen ist eine prioritäre Förderung des Gebietes aus den Mitteln des Braunkohleausstiegs aus Sicht der Verwaltung die logische Konsequenz. Bereits im Dezember 2020 wurde für das Industrie- und Gewerbegebiet in Kinzweiler gemeinsam mit der AGIT beim Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) ein Antrag für das STARK-Programm (Stärkung der Transformationsdynamik und Aufbruch in den Revieren und an den Kohlekraftwerkstandorten) eingereicht. Ziel dieses Antrags war die Förderung der notwendigen Gutachten, der Ingenieurkosten und der personellen Aufwendungen für die Projektentwicklung. Laut Information der Stabsstelle Strukturwandel des Ministeriums für Wirtschaft, Industrie, Klimaschutz und Energie des Landes Nordrhein-Westfalen sollte der Antrag im April 2021 zurückgenommen werden, weil für die Förderung zunächst ein überregionaler Konsens hergestellt werden sollte. Demnach sei eine Förderung der Flächenentwicklungen erst im Regelprogramm Revier.Gestalten der Zukunftsagentur Rheinisches Revier (ZRR) möglich.

Folglich wurde im Rahmen des Förderaufrufs Revier.Gestalten im November 2021 die Projektskizze StädteRegionaler Gewerbeflächenpool (SRGEPool) eingereicht. Dieser Antrag umfasste die gesamte Gewerbeflächenentwicklung in Kinzweiler und wurde unterteilt in die Arbeitspakete Grunderwerb, Gewerbeflächenkonzept, Baureifmachung/Umsetzung, Positionierung/Strategie, Gewerbegebietsmanagement und Vermarktung.

 

Die Identifikation geeigneter Projekte soll über ein Auswahlverfahren durch den Aufsichtsrat der ZRR beschlossen werden, um einen überregionalen Konsens herzustellen und einen eindeutigen Förderzugang zu definieren. Im Anschluss an diesen Auswahlprozess wird der finale Förderantrag eingereicht. Der Antrag SRGEPool befindet sich derzeit in der zweiten Stufe des Auswahlprozesses, da er vom Aufsichtsrat der ZRR in seiner Sitzung am 16.09.2022 als substanzielle Projektidee eingestuft wurde. In Abstimmung mit der ZRR und der Bezirksregierung Köln erfolgt eine intensive Diskussion über die Weiterqualifizierung der Projektskizze.

Hierzu wurde gemeinsam mit der StädteRegion Aachen und der AGIT für das Projekt SRGEPool zunächst das Arbeitspaket Gewerbeflächenkonzept konkretisiert und zur Förderung vor den investiven Maßnahmen beantragt. Die Skizze mit einem Kostenvolumen von 300.000,00 € ist als Anlage beigefügt. Das bürokratische und langwierige Förderverfahren wirkt sich jetzt zunehmend kritisch auf das Gesamtprojekt aus und dies ist nicht nachvollziehbar, da das Gebiet innerhalb des Gewerbeflächenpools und auch in der gesamten Region Aachen den mit Abstand bedeutendsten Beitrag zu den dringend notwendigen Wirtschaftsflächen des Rheinischen Reviers leisten kann. Der hierdurch zu erwartende Beschäftigungseffekt beträgt 3.500 – 4.500 Arbeitsplätze und sichert damit die wirtschaftliche Basis der gesamten Region. Die hier entstehenden Arbeitsplätze sollen nicht vorwiegend in der Forschung und Entwicklung entstehen, sondern in den Bereichen Industrie und Produktion, also den Sektoren, in denen in Folge des Braunkohleausstiegs neue Beschäftigungsmöglichkeiten geschaffen werden müssen.

Eine grundsätzliche Förderzusage für die Gesamtmaßnahme liegt bislang nicht vor, weshalb alle aktuellen Anstrengungen (Grunderwerb, Planungsrecht) Vorleistungen sind, deren (Teil-)Erstattung bislang nicht zugesichert wurde.

 

Zusammengefasst kann festgestellt werden, dass der Wechsel zwischen den beiden Fördersäulen (STARK und Revier.Gestalten) und das sehr träge Antrags- und Genehmigungsverfahren die dringend notwendige Entwicklung des Gewerbegebietes gefährden. Den steigenden Kosten für Grunderwerb und Erschließung stehen bislang lediglich unverbindliche Aussagen der ZRR und der beteiligten Behörden gegenüber.

 

Von der Förderung ausgenommen sind die Planungskosten und die hierzu erforderlichen Gutachten, da diese als hoheitliche Aufgaben von der Belegenheitskommune gefordert werden. Planungsrechtlich hat der Regionalrat Köln in seiner Sitzung am 25.06.2021 die Festlegung eines Gewerbe- und Industrieansiedlungsbereichs für zweckgebundene interkommunale Nutzung – GIBinterkommunal – beschlossen. Die vorgezogene 22. Änderung des Regionalplans für den Regierungsbezirk Köln Teilabschnitt Region Aachen auf dem Gebiet der Stadt Aachen und der Stadt Eschweiler wurde im Oktober 2021 bekannt gemacht. Nunmehr liegt der Fokus in 2023 und 2024 auf der Änderung des Flächennutzungsplans und der Erstellung des Bebauungsplans.

 

Gegenüber dem in 2020 beschlossenen Fahrplan sind in Bezug auf den Zeitplan und die Kostenkalkulation Änderungen zu verzeichnen. In Folge diverser Krisen und Herausforderungen der vergangenen Jahre konnten die Verhandlungen mit den über 20 Eigentümer*innen nicht in der ursprünglich geplanten Intensität vorgenommen werden. Die dynamische Entwicklung der Preise für landwirtschaftliche Flächen (insb. Ackerland) in Kombination mit der stark gestiegenen Inflation und der seit Februar 2022 vorherrschenden Situation auf dem Energiemarkt erschweren den Grunderwerb erheblich. Nach intensiven Verhandlungen können, vorbehaltlich der heutigen Zustimmungen zu den verschiedenen Vorlagen, rd. 25% der Fläche erworben werden. Da eine Entwicklung des Areals in mehreren Bauabschnitten denkbar ist, kann bei der Verfügbarkeit einer arrondierten Fläche von 30 – 50% des Gesamtareals eine (Teil-)Realisierung des Projektes stattfinden.

 

Die Erschließung und nachhaltige Gestaltung des Gewerbegebietes verursachen Kosten in Höhe von rd. 43,8 Mio. €, wobei diese Summe aufgrund der aktuellen Situation nur schwer kalkulierbar ist. In Bezug auf die Themen Mobilität und Energie bzw. Wärmeversorgung sind die Anforderungen an moderne Gewerbegebiete stark gestiegen, was unweigerlich mit gestiegenen Investitionskosten verbunden ist. Beispielhaft hierfür ist die Planung eines Mobilitätshubs als Schnittstelle zwischen ÖPNV, Pkw- und Radverkehr sowie integrierte E-Ladestationen.

Diese veränderten Rahmenbedingungen wurden dem potentiellen Fördergeber mitgeteilt und sind bei allen vergleichbaren Investitionsvorhaben zu erwarten.

 

 


Die finanziellen Auswirkungen können zum jetzigen Planungszeitpunkt nur sehr vorsichtig kalkuliert werden und sind von mehreren Variablen abhängig. Für die Erschließung der Gesamtfläche fallen Investitionskosten von rd. 43,8 Mio. € an, wobei diese bei einer möglichen Teilflächenentwicklung deutlich sinken können. Die Mittel für den Grunderwerb sind bereits im laufenden Haushalt vorgesehen. Die notwendigen Finanzmittel für die Realisierung des Gewerbegebietes sind in der mittelfristigen Finanzplanung einzuplanen. Zukünftig sind entsprechende Einnahmen durch Flächenverkäufe und sonstige Einnahmen (z. B. Stellplätze, Infrastruktur) möglich und mit eventuellen Fördergeldern zu verrechnen.

Ein Antrag auf Gewährung von Fördermitteln für die Gesamtmaßnahme konnte noch nicht gestellt werden; insofern kann ein Fördermittelbescheid derzeit noch nicht vorliegen. Ein Rechtsanspruch auf Förderung besteht nicht, so dass letztlich das Risiko eines gesamten und teilweisen Ausfalls der erwarteten Förderung bei der Stadt liegt. Unter diesen Voraussetzungen sind die notwendigen Mittel für die mittelfristige Haushaltsplanung haushaltsverträglich einzustellen. Dabei ist unter den jetzigen Rahmenbedingungen davon auszugehen, dass eine Berücksichtigung der Mittel einschneidende Maßnahmen für den Gesamthaushalt verursachen kann.