Betreff
Gebührenkalkulation und Abwasserentsorgungsgebühren - Neue geänderte Rechtsprechung des OVG NRW zur kalkulatorischen Abschreibung und Verzinsung
Vorlage
365/22
Art
Kenntnisgabe öffentlich

Die Ausführungen der Verwaltung werden zur Kenntnis genommen.

 


Das OVG NRW hat mit dem als Anlage beigefügten Urteil vom 17.05.2022 (Az.: 9 A 1019/20) die seit dem Jahr 1994 geltende, ständige Rechtsprechung zur kalkulatorischen Abschreibung und Verzinsung von langlebigen Anlagegütern (wie z. B. öffentlichen Abwasserkanälen) im Rahmen der Kalkulation von Benutzungsgebühren (der Verfahrensgegenstand waren Abwasserbeseitigungsgebühren) aufgegeben und geändert.  Das Urteil hat weitreichende Auswirkungen für ganz NRW.

 

Zwischenzeitlich hat die beklagte Stadt beim Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) eine Nicht-Zulassungsbeschwerde gegen das Urteil des OVG NRW eingelegt, so dass dieses noch nicht rechtskräftig ist.

 

Der Städte- und Gemeindebund hat die neue Rechtsprechung des OVG NRW „auf der Grundlage einer ersten und nicht endgültigen Auswertung der Urteilsgründe“ zurzeit wie folgt zusammengefasst:

 

„1.   Abschreibung nach Anschaffungswert oder Wiederbeschaffungszeitwert

 

Das OVG NRW hat mit Urteil vom 17.05.2022 (Rz. 45 der Urteilsgründe) die kalkulatorische Abschreibung auf der Grundlage des sog. Wiederbeschaffungszeitwertes weiterhin als zulässig erachtet, weil das durch das OVG NRW eingeholte betriebswirtschaftliche Gutachten erwiesen hat, dass die Kombination von Abschreibungen (auch auf der Grundlage des Wiederbeschaffungszeitwertes) und Zinsen grundsätzlich betriebswirtschaftlich vertretbar ist, worauf das KAG NRW in § 6 Abs. 2 KAG NRW (sog. betriebswirtschaftlicher Kostenbegriff) abstellt.

 

Unzulässig ist allerdings die kalkulatorische Abschreibung von langlebigen Anlagegütern auf der Grundlage des Wiederbeschaffungszeitwertes und zugleich zusätzlich der Ansatz eines kalkulatorischen Nominalzinssatzes, weil hierdurch ein doppelter Inflationsausgleich erfolgt. Denn Nominalzinsen (Rz. 48 der Urteilsgründe) bestehen grundsätzlich aus dem eigentlichen Zinsgewinnanteil, dem Realzins und dem allgemeinen Inflationsausgleich (Ausgleich der Geldentwertung).

 

Insoweit gibt das OVG NRW seine bisherige, seit dem Jahr 1994 geltende Rechtsprechung auf. Der aus den §§ 75 Abs. 1, 77 Abs. 2 Nr. 1 GO NRW abzuleitende Kalkulationszweck lässt beim gleichzeitigen Ansatz von kalkulatorischen Abschreibungen und Zinsen in der Gebührenkalkulation nur die Betriebserhaltungskonzeptionen der realen Kapitalerhaltung oder der reproduktiven Nettosubstanzerhaltung zu, zwischen denen die Gemeinde ein Wahlrecht hat. […]

 

Insoweit dürfte es voraussichtlich bei einer kalkulatorischen Abschreibung nach dem sog. Wiederbeschaffungszeitwert grundsätzlich zumindest möglich sein, bei der kalkulatorischen Verzinsung zumindest den Zinssatz (nicht den Nominalzinssatz) in Ansatz zu bringen, den die Stadt bzw. Gemeinde bei einem Bankkredit realiter an die Bank zahlen muss, um ihre Kreditverpflichtungen gegenüber der Bank vertragsgemäß erfüllen zu können.

 

Allerdings sind die Urteilsgründe zu diesem Punkt nicht als eindeutig anzusehen (siehe Rz. 112 ff. der Urteilsgründe), wobei es im Grundsatz einer Kommune zugestanden werden muss, dass sie die „schlichten“ Bankzinsen über die Abwassergebühren refinanzieren kann. In diesem Zusammenhang wird sich in der Zukunft zeigen müssen, wie sich die geänderte Rechtsprechung des OVG NRW weiter entwickeln wird.“

 

  1. Höhe der kalkulatorischen Verzinsung:

 

„Die Zinsbasis bildete bislang in der Rechtsprechung des OVG NRW der Restbuchwert des langlebigen Anlagegutes auf der Grundlage des Anschaffungs-/Herstellungswertes abzüglich der Zuschüsse Dritter und der vereinnahmten Kanalanschlussbeiträge (sog. Abzugskapital). Dabei sind auf der Grundlage der ständigen Rechtsprechung des OVG NRW und mit Blick auf die in § 6 Abs. 2 Satz 4 KAG NRW geregelte, angemessene Verzinsung des aufgewandten Kapitals nicht die aktuellen Zinssätze entscheidend, sondern es sind die langfristigen Zinsentwicklungen während der gesamten Nutzungsdauer des langlebigen Anlagegutes zu berücksichtigen.

 

Bislang wurde durch das OVG NRW grundsätzlich ein Durchschnittszinssatz zugrunde gelegt, welcher auf einen Zeitraum von 50 Jahren berechnet wird und damit die Zinsenwicklungen bezogen auf die langjährige Nutzungsdauer eines Anlagegutes sowie dessen langjährige Refinanzierung über die kalkulatorische Abschreibung des Anlagegutes abbildet.

 

 

Nunmehr akzeptiert das OVG NRW in seinem Urteil vom 17.05.2022 die Berechnung eines Durchschnittzinssatzes auf der Grundlage des Anschaffungs-/Herstellungswertes über einen Zeitraum von 50 Jahren nicht mehr. Angemessen ist – so das OVG NRW – nur noch eine einheitliche Verzinsung bezogen auf den 10-jährigen Durchschnitt der Emissionsrenditen für festverzinsliche Wertpapiere inländischer öffentlicher Emittenten, und zwar ohne einen sog. Puffer-Zuschlag bei sog. Fremdkrediten (bislang bis zum 16.05.2022: 0,5 %). […]

 

Zur Bestimmung des Zinssatzes sind nach dem OVG NRW (Rz. 144 ff. der Urteilsgründe) zwei Wege möglich.

 

Einerseits kann ein gewichteter Mischzinssatz für das eingesetzte Eigenkapital und das Fremdkapital gebildet werden und zwar bezogen darauf, inwieweit das abwassertechnische Anlagevermögen durch Eigenkapital (z. B. 70 %) und durch Fremdkapital (z. B. 30 %) finanziert worden ist. Dabei ist es auch möglich, einen gewichteten Durchschnittszinssatz aus den Zinssätzen für Investitionskredite der Gemeinde zu einem bestimmten Stichtag (z. B. den 31.12. des Vorvorjahres des Veranlagungsjahres) zu ermitteln. Sind alle Investitionen zu einem bestimmten Prozentsatz fremdfinanziert, rechtfertigt dieses – so das OVG NRW – aus Gründen der Verwaltungspraktikabilität die Annahme, auch die Aufwendungen für Investitionen in die Abwasserentsorgungseinrichtung seien in diesem Umfang fremdfinanziert, und zwar zu einem Zinssatz, der sich aus den gewichteten, durchschnittlichen Konditionen aller Investitionen der Gemeinde ergibt (Rz. 160 der Urteilsgründe).

 

Andererseits ist der Ansatz von getrennten Zinssätzen für das eingesetzte Eigen- und das Fremdkapital möglich (Rz. 146 ff. der Urteilsgründe). Dabei dürfte es (s. o.) bei dem eigenständigen Zinssatz für Fremdkapital grundsätzlich als möglich anzusehen sein, dass zumindest der effektive Kreditzinssatz angesetzt wird, welcher an die Bank gezahlt werden muss. Bei der Verzinsung des Eigenkapitals kann hingegen nur noch auf einen vom OVG NRW vorgegebenen 10-jährigen Durchschnittszinssatz abgestellt werden.

Dieser Zinssatz für das im abwassertechnischen Anlagevermögen gebundene Eigenkapital wird dadurch ermittelt, dass der 10-jährige Durchschnitt der Emissionsrenditen für festverzinsliche Wertpapiere inländischer öffentlicher Emittenten bis zum Vorvorjahr des Veranlagungsjahres ohne (pauschalen) Zuschlag von bis zu 0,5 Prozentpunkten zugrunde gelegt wird.

Die Notwendigkeit des Ansatzes von getrennten Zinssätzen kann sich insbesondere dann ergeben, wenn die Berechnung eines 10-jährigen Durchschnittszinssatzes die tatsächlichen Bank-Kreditkosten für ein langlebiges Anlagegut nicht mehr abdeckt, was wiederum anderenfalls zu Lasten des allgemeinen, kommunalen Haushaltes gehen und dem in § 6 Abs.1 KAG NRW geregelten Kostendeckungsprinzip nicht entsprechen würde.“

 

 

Auswirkungen des OVG-Urteils auf die Gebührenkalkulationen:

 

  • Bis einschl. 2022 lag den Gebührenkalkulationen der Stadt Eschweiler die seit dem Jahr 1994 geltende ständige Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts NRW zugrunde.

 

  • Die Berechnung der kalkulatorischen Abschreibungen erfolgte bislang auf Basis der Wiederbeschaffungszeitwerte und die Berechnung der kalkulatorischen Zinsen für das aufgewendete Kapital erfolgte mit Nominalzinssatz.

 

  • Die Berechnung des Nominalzinssatzes erfolgte auf Grundlage des 50-jährigen Durchschnitts der Emissionsrenditen für festverzinsliche Wertpapiere inländischer öffentlicher Emittenten. Der seinerzeit grundsätzliche Zinszuschlag in Höhe von 0,5 Prozentpunkten wurde von Seiten der Stadt Eschweiler nicht erhoben.

 

 

 

 

 

 

 

 

Bisher angesetzte kalkulatorische Verzinsung im Rahmen der städt. Gebührenkalkulation:

 

 

(max. zulässige Zinssätze lt. „Kommunal Agentur NRW“ und „GPA NRW“ - einschl. 0,5% Zinszuschlag -)

 

Vor diesem Hintergrund sind die Gebührenkalkulationen ab dem Jahr 2023 an die geänderte und neue Rechtsprechung anzupassen.

Ausgehend von der Beibehaltung der Abschreibung auf Grundlage des Wiederbeschaffungszeitwerts wird der anzuwendende Zinssatz neu zu ermitteln sein. In der Vergangenheit hatte die Gemeindeprüfungsanstalt NRW in einer Veröffentlichung den nach der einschlägigen Rechtsprechung höchstens zur Anwendung zulässigen Zinssatz (inklusive eines Pufferzuschlags) mitgeteilt. Dieser wurde, wie aus der vorstehenden Übersichtstabelle ersichtlich, in den hiesigen Kalkulationen – ohne Pufferzuschlag – zugrunde gelegt. Wenn die Berechnung künftig auf örtliche Verhältnisse abstellt (tatsächliche zu zahlende Durchschnittszinssätze der Investitionskredite; Anteil der Fremd- und Eigenfinanzierung), dann wird es künftig nicht mehr möglich sein, auf einen überörtlich ermittelten Zinssatz zurückzugreifen. Insoweit steigt der Verwaltungsaufwand und in gewissem Rahmen auch die Rechtsunsicherheit. Letztere ist ohnehin nach Aufgabe einer langjährigen Rechtssprechungspraxis nach Einschätzung der Verwaltung gegeben.

 

Beim Ansatz von Fremdkapital-Zinsen muss von dem Nominalzinssatz des Kreditgebers die Inflationsrate in Prozentsatzpunkten abgezogen werden, wodurch sich im Regelfall ein negativer Zinssatz ergibt, so dass in der Kalkulation überhaupt keine Zinsen mehr angesetzt werden können.

 

Bei der Verzinsung des Eigenkapitals kann nur noch ein 10-jähriger Durchschnittszinssatz der Emissionsrenditen für festverzinsliche Wertpapiere angesetzt werden. Bei jedem Jahr der 10 Jahre ist die jeweilige Inflationsrate für das konkrete Jahr von der Emissionsrendite abzuziehen.

 

Der Pufferzuschlag von 0,5 % auf den Nominalzinssatz ist unzulässig.

 

 

Gesetzentwurf der Landesregierung NRW zum § 6 KAG NRW

 

Der Gesetzentwurf der Landesregierung NRW zum § 6 KAG NRW vom 21.09.2022 ist den Kommunen am 23.09.2022 zugegangen (Schnellbrief 464/2022 Städte und Gemeindebund NRW). Wesentlicher Inhalt:

 

  • Es kann nach Anschaffungs-/Herstellungswert oder Wiederbeschaffungszeitwert abgeschrieben werden (Wahlrecht);
  • Bei der kalkulatorischen Verzinsung kann bei dem Einsatz von Fremdkapital der durchschnittliche Fremdkapitalzins angesetzt werden (effektiver Jahreszinssatz – Nominalzinssatz der Bank ohne Abzug der allgemeinen Inflationsrate);
  • Bei dem Eigenkapital ist der Ansatz des Nominalzinssatzes zulässig, der sich aus dem 30-jährigen Durchschnitt der Emissionsrenditen für festverzinsliche Wertpapier ergibt (ohne Abzug der allgemeinen Inflationsrate); daraus würde sich für das Kalkulationsjahr 2023 ein Zinssatz in Höhe von 3,25 % ergeben;
  • Es ist eine Sonder-Abschreibung von vorzeitig abgängigen Anlagegütern als außerordentliche Abschreibung zulässig.

 

 

Mit dieser Gesetzesänderung würde insgesamt wieder die notwendige Rechtssicherheit geschaffen. Zu begrüßen ist auch die Einführung einer Sonder-Abschreibung für vorzeitig abgängige Anlagegüter, weil bedingt durch den Klimawandel und die zunehmenden Starkregenereignisse immer häufiger funktionstüchtige, öffentliche Abwasserkanäle vor Ablauf der mutmaßlichen Nutzungsdauer durch einen neuen, größeren öffentlichen Kanal ersetzt werden müssen, damit keine Überflutungen oder Überschwemmungen mit entsprechenden Folgeschäden auftreten. Die vorgesehene gesetzliche Regelung ermöglicht z. B., dass der ersetzte öffentliche Kanal weiter bis zum Ablauf der mutmaßlichen Nutzungsdauer abgeschrieben werden kann, was im Regelfall die gebührenverträglichste Lösung darstellt.

 

Es wird zurzeit davon ausgegangen, dass die Änderung des KAG NRW noch im Jahr 2022 in Kraft treten könnte, so dass eine Berücksichtigung bei der Gebührenkalkulation 2023 noch möglich ist.

 

Gleichwohl wird seitens des Städte- und Gemeindebundes empfohlen, die Kalkulation zunächst auf der Grundlage des Urteils des OVG NRW vom 17.05.2022 vorzubereiten.

 

 

Auswirkungen auf Abgabenbescheide:

 

Alle Bescheide, die in der Vergangenheit bereits mit Widerspruch angefochten wurden und insofern noch nicht bestandskräftig geworden sind, werden so bald wie möglich individuell überprüft und ggf. korrigiert.

 

Bereits während des laufenden Verfahrens wurden in 2021 gegen 21 Bescheide und in 2022 gegen zwei Bescheide, mit denen Abwassergebühren (Schmutz- und Niederschlagswasser-gebühren) festgesetzt wurden, Widerspruch erhoben. Die Verfahren sind aufgrund der seinerzeit noch anhängigen Verfahren sowie des jetzt noch nicht rechtskräftigen Urteils ruhend gestellt. Ferner mussten in 2021 insgesamt neun Widersprüche als verfristet zurückgewiesen werden.

 

Bislang bereits erlassene Bescheide, die nicht fristgerecht durch Widerspruch angefochten werden bzw. wurden und somit bestandskräftig werden oder schon geworden sind, haben weiterhin Bestand und werden aufgrund des Grundsatzes der Rechtssicherheit nicht erneut geprüft oder geändert. Zu bestandskräftigen Bescheiden teilt der Städte- und Gemeindebund folgendes mit:

 

Bestandskräftige Abgabenbescheide müssen nicht aufgehoben werden, weil gemäß § 12 Abs.1 Nr. 3 b KAG NRW i. V. m. § 130 Abs. 1 Abgabenordnung im Rahmen einer Ermessensausübung dem Prinzip der Bestandkraft eines Verwaltungsaktes der Vorrang vor dem Prinzip der materiellen Gerechtigkeit gegeben werden kann. § 130 Abs. 1 AO dient nicht dazu, die Folgen eines nicht eingelegten Widerspruchs auszugleichen.“

 

Aufgrund des Urteils vom 17.05.2022 wurden 17 Anträge auf Rücknahme eines rechtswidrigen Verwaltungsaktes abschlägig beschieden.

 

Zu aktuell zu erlassenden Gebührenbescheiden führt der Städte- und Gemeindebund NRW wie folgt aus:

 

„Städte und Gemeinden müssen auf der Grundlage der neuen Rechtsprechung des OVG NRW ihre Gebührenkalkulationen überprüfen und anpassen. Dieses nimmt denknotwendig Zeit in Anspruch.

 

In diesem Zusammenhang ist es grundsätzlich möglich, dass aktuell zu erlassende Gebührenbescheide gemäß § 12 Abs. 1 Nr. 4 Buchstabe b KAG NRW i. V. m. § 164 Abs. 1 Satz 1 AO bezogen auf das Urteil des OVG NRW vom 17.05.2022 unter den Vorbehalt der Nachprüfung gestellt werden.

 

Dennoch sind die festgesetzten Abwassergebühren fällig und der Gebührenschuldner ist verpflichtet, diese zu zahlen.

 

Der Vorteil für die Gebührenpflichtigen ist darin zu sehen, dass diese gegen den Gebührenbescheid wegen des Vorbehalts der Nachprüfung keinen Widerspruch einlegen müssen, wobei das Recht zur Einlegung eines Widerspruches immer gegeben ist.

 

Gemäß § 12 Abs. 1 Nr. 4 b KAG NRW i. V. m. § 164 Abs. 3 AO kann der Vorbehalt der Nachprüfung nach pflichtgemäßem Ermessen zeitlich später jederzeit aufgehoben werden.“

 

Nach eingehender Prüfung durch die Verwaltung werden die Bescheide über Grundbesitzabgaben, den Empfehlungen des Städte- und Gemeindebundes folgend, aufgrund von § 12 Abs. 1 Nr. 4 b KAG i.V.m. § 164 Abgabenordnung unter dem Vorbehalt der Nachprüfung erlassen, sofern mit dem jeweiligen Bescheid Schmutz- und/oder Niederschlagswassergebühren bis einschl. 2022 festgesetzt werden.

 

Die sich hierdurch ergebenden finanziellen Auswirkungen sind schwer berechenbar. Ausgehend von den Erfahrungen der Vorjahre dürfte das unter Vorbehalt der Nachprüfung in 2023 festzusetzende Gebührenvolumen rund 20.000.00 € betragen, so dass die möglichen Erstattungsbeträge in Summe unter 4.000,00 € liegen würden.

 

 

Auswirkungen auf den städt. Haushalt ab 2023:

 

Die Auswirkung auf den städt. Haushalt kann zum jetzigen Zeitpunkt nur überschlägig berechnet werden:

 

Grundsätzlich gelten die geänderten Regelungen durch das OVG Urteil bzw. der beabsichtigten Änderung des KAG NRW für alle Kalkulationen von Benutzungsgebühren (z.B. Abwasserbeseitigung, Friedhofs- / Bestattungsgebühren, Rettungsdienstgebühren).

Jedoch zeigt der kapitalintensive Bereich der Abwasserbeseitigung mit weitem Abstand die drastischsten Auswirkungen bei den Gebühren und damit auf den städt. Haushalt auf. Insoweit beschränken sich die nachfolgenden Beispielrechnungen zum jetzigen Zeitpunkt auf den Bereich der Abwasserbeseitigung.

 

Ansatzfähige Kosten Verzinsung nach OVG-Urteil:

Zum Zeitpunkt der Erstellung der Verwaltungsvorlage liegt der Realzinssatz bei -0,89 %. Insoweit wären Kosten aus der kalkulatorischen Verzinsung nicht anzusetzen. Damit würden die ansatzfähigen Gesamtkosten 2023 im Vergleich zu 2022 um rd. 3,4 Mio.  Euro sinken. Davon entfallen auf die städtische Straßenentwässerung bis zu 0,25 Mio. € und auf die Gebührenzahler bis zu 3,15 Mio. Euro. Der Gebührenbedarf sinkt demnach im Vergleich zum Vorjahr um 3,15 Mio. Euro. 

 

Ansatzfähige Kosten Verzinsung nach Gesetzesentwurf KAG NRW:

Bei einem zulässigen Nominalzinssatz von bis zu 3,25 % würden sich Kosten aus der kalkulatorischen Verzinsung in Höhe von 2,2 Mio. Euro ergeben. Im Vergleich zum Vorjahr ergibt sich auch hier eine Senkung der ansatzfähigen Gesamtkosten um rd. 1,2 Mio. Euro. Davon entfallen auf die Straßenentwässerung bis zu 0,16 Mio. Euro und auf die Gebührenzahler bis zu 2,04 Mio. Euro. Der Gebührenbedarf sinkt demnach im Vergleich zum Vorjahr um 1,11 Mio. Euro.

 

Unabhängig von weiteren Kostenveränderungen in 2023 im Vergleich zu 2022 werden sich die Erträge aus den Abwasserbeseitigungsgebühren demnach im Fall der Kalkulation nach dem OVG-Urteil um 3,15 Mio. Euro bzw. nach dem Gesetzesentwurf zum KAG NRW um 1,11 Mio. Euro verschlechtern.

 

Die vorgenannte Auswirkung bleibt in jedem Fall so hoch, dass die Verwaltung schon aus Gründen der Haushaltskonsolidierung gehalten sein wird, eine entsprechende Kompensation vorzunehmen. Naheliegend ist hier eine Anpassung der Grundsteuer B.

 


Siehe Sachverhalt.

 


Die Umsetzung der geänderten Rechtsprechung bzw. die Anpassung an die beabsichtigte Gesetzesänderung bindet insbesondere personelle Ressourcen sowohl bei der Kosten- und Leistungsrechnung als auch bei der Abteilung Steuern und Abgaben.