Betreff
Wiederaufbau Willi-Fährmann-Schule
Vorlage
221/22
Art
Beschlussfassung öffentlich

Der Rat der Stadt Eschweiler beschließt, dass die Willi-Fährmann-Schule abgerissen und am selben Ort wiederaufgebaut wird. Er beauftragt die Verwaltung weiterhin, den beschriebenen Umsetzungsprozess einzuleiten und mit dem Abbruch der Schule zu beginnen.

 


 

Veranlassung

 

Die Willi-Fährmann-Schule wurde im Hochwasser vom 14. und 15.07.2021 massiv geschädigt. Hierzu wurde unter der Vorlagen-Nummer 322/21 am 03.11.2021 bereits der Sachstand berichtet.

 

Im April dieses Jahres wurde der Wiederaufbauplan (WAP) durch das Ministerium für Heimat, Kommunales, Bau und Gleichstellung des Landes Nordrhein-Westfalen genehmigt, so dass die Förderung gemäß des aufgestellten WAP gesichert ist.

 

Die Stadt Eschweiler hat im Zuge der Schadensaufnahme ein Architekturbüro und einen Statiker beauftragt. Im Rahmen der statischen Untersuchung wurde festgestellt, dass es über die Ausbaugewerke hinaus zu Schäden an der tragenden Gebäudestruktur gekommen ist. Eine Untersuchung des Baugrundes und der Gründungen ergab Schädigungen und daraus resultierende Einschränkungen in der Tragfähigkeit der Gründungsbauteile. Der Gebäudekomplex besteht aus den Originalgebäudeteilen aus der Zeit der Ersterrichtung um 1960, sowie aus nachträglich errichteten Bauteilen von 2008.

 

Nach Schadensermittlung und abschließenden Untersuchungen wurde durch den Architekten und den Projektsteuerer in einer vergleichenden Variantenstudie ein Komplettneubau und eine Teil- bzw. Komplettsanierung betrachtet, wobei die Kosten für die drei Varianten zusammengestellt und verglichen worden sind:

 

 

Varianten

 

Variante 1

Komplettabriss / vollständiger Neubau

Variante 2

Teilabriss/ -neubau Altbaubereiche und Teilsanierung
Neubauteil

Variante 3

Komplettsanierung

Budget Baukosten

12.750.000,00 €

11.760.000,00 €

11.340.000,00 €

Zzgl. gesetzl. MwSt.

2.422.500,00 €

2.234.400,00 €

2.154.600,00 €

Brutto

15.172.500,00 €

13.994.400,00 €

13.494.600, 00 €

 

gerundet

15.200.000,00€

14.000.000,00 €

13.500.000,00 €

 

 

Das Ergebnis dieser Studie zeigt, dass die Baukosten für einen Komplettneubau die Baukosten für einen Teilabriss um ca. 8,5% und für eine Komplettsanierung ca. 11% überschreiten. Die Kosten sind im genehmigten Wiederaufbauplan enthalten.

Neben den reinen Baukosten müssen auch die Unterhaltskosten betrachtet werden. Hierbei ist davon auszugehen, dass die Unterhaltskosten bei einem reinen Neubau deutlich niedriger liegen werden als bei einer Teilsanierung oder Komplettsanierung. Auch wenn, wie unten ausgeführt in jedem Fall von einem kompletten Neubau der haustechnischen Anlagen auszugehen ist, werden die Einschränkungen, die sich aus dem Bestand ergeben, sich in einer geringeren Energieeffizienz und somit in höheren Unterhaltskosten darstellen.

 

 

Bautechnische und funktionale Belange

 

Weitere, detaillierte Untersuchungen, die von Bodengutachtern und Statikern vorgenommen wurden zeigen jetzt ein gravierendes Schadensbild.

Da das alte Indebett direkt unter dem Gebäude verläuft, ist im Rahmen des Hochwassers dort das Wasser ähnlich geflossen wie oberirdisch. Infolgedessen wurde der Boden ausgespült, der so seine tragfähige Struktur in Teilbereichen unterhalb des Gebäudes verloren hat. Die Absenkung von Boden und Fundamenten führte zu teilweise massiven Schäden an den Gebäuden. Lediglich der Anbau aus 2008 kann in seiner Tragstruktur als unbedenklich angesehen werden, da hier die Fundamente tiefer liegen als bei den anderen Bauteilen.

Variante

1

2

3

"Komplettabriss /
vollständiger Neubau"

"Teilabriss / -neubau Altbaubereiche und
Teilsanierung Neubauteil"

"Komplettsanierung"
(soweit möglich)

Bauteil A "alt"

Abriss / Neubau

Abriss / Neubau

Sanierung
(Ausbau + Fassade + Gründung)

Bauteil A "neu"

Abriss / Neubau

Sanierung (Ausbau)

Sanierung (Ausbau)

Bauteil B

Abriss / Neubau

Sanierung (Ausbau)

Sanierung (Ausbau)

Bauteil C "alt"

Abriss / Neubau

Abriss / Neubau

Abriss / Neubau

Bauteil C "neu"

Abriss / Neubau

Sanierung (Ausbau)

Sanierung (Ausbau)

Bauteil D

Abriss / Neubau

Abriss / Neubau

Abriss / Neubau

Bauteil E

Abriss / Neubau

Abriss / Neubau

Sanierung
(Ausbau + Fassade + Gründung)

Mensa

Abriss / Neubau

Abriss / Neubau

Abriss / Neubau

1

 

Vor dem Hintergrund der festgestellten Schäden sowie der o.g. Gutachterlichen Betrachtungen ist also davon auszugehen, dass zum Wiederaufbau der Willi-Fährmann-Schule Teile des Gesamtkomplexes abgebrochen und wiederaufgebaut werden müssen. Eine Komplettsanierung ist ausgeschlossen. Hierbei kann man nur vom größtmöglichen Gebäudeerhalt sprechen.

 

Damit die wenigen Gebäudeteile in Variante 2 und 3 erhalten blieben, müssten die Fundamente unterfangen und unterseitig mit eingebrachten Presspfählen ertüchtigt werden. Des Weiteren sind besondere Schnittstellen zwischen Bestand und Neubau zu beachten. In der Abbruchphase besonders aber in der Rohbauphase, sind bei einem Teilabriss Schutzmaßnahmen und Zwischenbauzustände zu planen und herzustellen. Im weiteren Verlauf des Baus sind stets Schnittstellen zu definieren. Der Aufwand in Planung und Ausführung ist beträchtlich und wird sich als Kosten- und Terminrisiko in der Umsetzung darstellen.

 

Die Technik im Gebäude muss an die aktuellen gesetzlichen und normativen Anforderungen angepasst werden. In vielen Bereichen lassen sich die bestehenden Systeme nicht auf das geforderte Niveau anpassen. Daher ist im Bereich der Haustechnik von einem kompletten Abbruch und Neubau auszugehen.

 

Ebenso ist das Marktrisiko einer Teilsanierung oder Komplettsanierung zu betrachten. Der Markt für Sanierungs- und Umbauprojekte dieser Größenordnung ist eingeschränkt. Die Erfahrung zeigt weiterhin, dass potentielle Anbieter die Projektrisiken bewerten und von der Abgabe von Angeboten absehen, sobald die Auftragslage dies zulässt. Bei den Baufirmen ist auch weiterhin von einer sehr guten Auftragslage auszugehen. Es besteht somit das Risiko, dass sich nur wenige Firmen mit eher unattraktiven Preisen sich im Rahmen der Ausschreibungen auf Teilsanierung oder Komplettsanierung bewerben. Ein Neubauprojekt ist für die Anbieter attraktiver. Demnach ist im Rahmen von Ausschreibungen zu einem Neubauprojekt mit einer höheren Beteiligung und attraktiveren Preisen auszugehen.

 

Während also die Varianten Teilsanierung und Komplettsanierung wirtschaftlich, bautechnisch und funktional risikobehaftet sind, sind die Risiken bei einem vollständigen Abriss und Neubau überschaubar. Es ist also davon auszugehen, dass die geplanten Kosten- und Terminziele bei einem Neubauprojekt eher erreicht werden als bei einer Teil- oder Komplettsanierung.

 

 

Hochwasserschutz

 

Analog zu allen Hochwasser geschädigten Gebäuden wurde auch für die Willi-Fährmann-Schule ein Gutachten zum Hochwasserschutz beauftragt. Die daraus resultierenden Maßnahmen können je nach Variante mehr oder weniger umgesetzt werden. Die Varianten 2 und 3 sind dabei von direkten Maßnahmen am Gebäude abhängig, beim Neubau hingegen könnte der Wasserstand vom Juli vergangenen Jahres bei der Gründung Berücksichtigung finden und somit den größten Schutz bieten.

 

 

Zukunftsorientierter Wiederaufbau

 

Bei einem vollständigen Neubau lassen sich die Aspekte des zukunftsorientierten Wiederaufbaus umsetzen. Im Gegensatz zu den Varianten Teilsanierung oder Komplettsanierung bestehen bei einem reinen Neubau keinerlei Einschränkungen in der Umsetzung der Projektziele zum zukunftsorientierten Wiederaufbau. So können neben der Nachhaltigkeit die Aspekte Materialität, Energieeffizienz und moderne Haustechnik uneingeschränkt umgesetzt werden.

 

Dies gilt auch für die Bereiche Digitalisierung, Smart City und Innenstadtentwicklung, die ebenfalls im Rahmen der Maßnahmen zum zukunftsorientierten Wiederaufbau betrachtet werden.

 

 

Barrierefreiheit

 

Ein wesentlicher Aspekt für eine Förderschule ist die barrierefreie Nutzung des Gebäudes. Aufgrund unterschiedlicher Setzungsverhalten zwischen Bestand und Neubau besteht in Variante 2 und 3 das Risiko der Höhenversätze zwischen den Bauteilen. Die möglichen qualitativen und funktionalen Einschränkungen könnten lediglich mit einem Komplettneubau umgangen werden.

 

 

 

Pädagogisches Konzept

 

Die größten Vorteile besitzt der Neubau gegenüber den anderen Varianten in der Möglichkeit das pädagogische Konzept in der Planung zu integrieren.

 

Im Bestand kann sich das pädagogische Konzept nur an den baulichen Gegebenheiten orientieren. Im Rahmen eines Neubauprojekts kann das pädagogische Konzept vollumfänglich mitgedacht werden, so dass gegenseitige Einschränkungen abgewogen und minimiert werden können.

 

 

Umsetzungsprozess

 

Mit der Zustimmung dieser Beschlussvorlage würde der weitere Prozess in einer Arbeitsgruppe „Wiederaufbau Willi-Fährmann-Schule“ angegangen. Diese Arbeitsgruppe würde auf Vorschlag der Verwaltung aus Schule, Verwaltung und ggf. unterstützenden Dritten bestehen. Eine personelle Besetzung wird zeitnah angestrebt. Schwerpunkt wird in diesem Personenkreis wird zu Anfang die Erarbeitung des Nutzungs- und Raumkonzepts darstellen, welches die Grundlage für die weiteren Planungsschritte zugrunde legt.

 


Der Wiederaufbauplan (WAP) zur Beseitigung der Hochwasserschäden und zur Wiederherstellung der öffentlichen Infrastruktur umfasst ein Volumen von rd. 161,5 Mio. Euro. Die Willi-Fährmann-Schule wurde im WAP auf Grundlage der Schadensgutachten berücksichtigt und durch das Ministerium für Heimat, Kommunales, Bau und Gleichstellung des Landes Nordrhein-Westfalen innerhalb des Gesamtvolumens genehmigt. Die Förderung erfolgt nach den Förderrichtlinien Wiederaufbau NRW

 


Unabhängig von der Unterstützung durch externe Dienstleister wird der Wiederaufbau erhebliche personelle Ressourcen nicht nur in den unmittelbar betroffenen, sondern in nahezu allen Fachdienststellen der Verwaltung binden, so dass es zu zeitlichen Verschiebungen bisher geplanter Maßnahmen kommen kann.