Mit Schreiben vom 02.05.2021 reichten die CDU-Fraktion und die BASIS-Fraktion einen Fragenkatalog zur Haushaltssatzung 2021 ein. Zu diesem führte Stadtkämmerer Kaever wie folgt aus:

 

Zu Frage 1:

 

Unter Berücksichtigung des im Jahr 2020 auszugleichenden Gewerbesteuerminderertrages in Höhe von rund 500.000 € sowie des im Entwurf des Jahresabschlusses 2020 ausgewiesenen Überschusses von rund 600.000 € standen über die aus Bundes- und Landesmitteln erhaltene Gewerbesteuerausgleichszahlung von 9,1 Millionen € ca. 8 Millionen € als allgemeine Deckungsmittel für den Haushaltsausgleich 2020 zur Verfügung. Hiermit wurden insbesondere im Haushaltsjahr 2020 eingetretene Ertragsausfälle kompensiert. Beispielhaft seien genannt: geplante aber verschobene Erträge aus Grundstücksveräußerung - 3,6 Millionen €, fehlende Erträge aus der verschobenen Reform des Flüchtlingsaufnahmegesetzes - 2 Millionen €; Ertragsminderung bei den Elternbeiträgen in der Kindertagesbetreuung - 640.000 €; Baugenehmigungsgebühren - 508.000 €. Aufwandseitig waren ebenfalls gegenüber dem Planansatz entstandene Mehraufwendungen auszugleichen, zum Beispiel die um rund 2,2 Millionen € höheren Personalaufwendungen sowie Mehraufwendungen im Bereich der Flüchtlingskrankenhilfe von rund 220.000 €.

 

Die Beantwortung der Frage, ob der Haushalt 2020 ohne die geflossene Gewerbesteuerausgleichszahlung ein deutliches Defizit aufgewiesen hätte und wenn ja in welcher Höhe, setzt eine belastbare Einschätzung voraus, wie sich Gesellschaft und Wirtschaft im vergangenen Jahr entwickelt hätten, wenn es die Corona-Pandemie nicht gegeben hätte und welche Auswirkungen sich dann hieraus für die kommunale Finanzwirtschaft und den Haushalt der Stadt Eschweiler ergeben hätten. Eine solche Prognose, auch wenn ich sie für die Vergangenheit anstellen müsste, ist mir nicht möglich. Ich gehe aber in der Nachbetrachtung auch heute noch davon aus, dass der Haushalt des vergangenen Jahres wie geplant mit einem Überschuss in der Größenordnung des Planansatzes von rund 1 Million € hätte abgeschlossen werden können. Zumindest gab es bereits am Jahresanfang 2020 bis zum Eintritt der Corona Pandemie positive Signale, insbesondere bei den Steuererträgen, die eine deutliche Verbesserung der Jahresergebnisse gegenüber den Planansätzen erwarten ließen. Beispielhaft sei hier der Ansatz der Gewerbesteuererträge genannt, bei dem bereits im Februar 2020 die Sollstellung den Planansatz deutlich überschritt. Beleg hierfür ist auch der trotz Corona-Pandemie letztlich „nur“ um 500.000 € geringere Gewerbesteuerertrag.

 

Zu Frage 2:

 

Die im Haushaltsjahr 2020 geflossene Gewerbesteuerausgleichszahlung ist je zur Hälfte als Komponente der Steuerkraft in den Referenzzeiträumen zur Bemessung der Schlüsselzuweisungen für die Jahre 2021 und 2022 zu berücksichtigen. Unter Einbezug der zum Ende des vergangenen Jahres angepassten Orientierungsdaten für das Jahr 2021 ff. führt die hierdurch gestiegene Steuerkraft zu einer Ertragsreduzierung bei den Schlüsselzuweisungen von rund 5 Millionen € pro Jahr. Im Jahr 2022 kommt es zu einer negativen Überlagerung von gestiegener Steuerkraft auf der einen Seite und einem Einbruch bei der für die Schlüsselzuweisungen maßgeblichen Schlüsselmasse um 10 % auf der anderen Seite.

 

Zu Frage 3:

 

Die Gewerbesteuerausgleichszahlung eröffnet als Komponente des kommunalen Finanzausgleichs der Stadt Eschweiler keine Gestaltungsmöglichkeiten zur Vermeidung von belastenden Wirkungen im System der Gemeindefinanzierung.

 

Zu Fragen 3 und 4:

 

Vor dem Hintergrund der enormen Auswirkungen der Corona-Pandemie auf die kommunale Finanzwirtschaft hat die Landesregierung NRW mit dem Covid-Isolierungsgesetz im vergangenen Jahr eine Grundlage dafür geschaffen, die pandemiebedingten Ertragsausfälle bzw. Aufwandssteigerungen separat zu erfassen, zu isolieren und über die sogenannte Bilanzierungshilfe ab dem Jahr 2025 maximal über einen Zeitraum von 50 Jahren abzuschreiben. Mit diesem Instrument soll das reihenweise Kollabieren der kommunalen Haushalte mit dem Rückfall in die Haushaltssicherung und in die Nothaushalte als Ergebnis der pandemiebedingten, sich dramatisch verschlechternden kommunalen Finanzsituation vermieden und die kommunale Handlungsfähigkeit erhalten werden.

 

Das Volumen der in die Isolierung einzubeziehenden Ertragsausfälle bzw. Aufwandssteigerungen ergibt sich, in einer vereinfachten Betrachtung, aus der Gegenüberstellung der vor der Corona-Pandemie geplanten Ansätze in den Haushaltsjahren 2020-2024 mit den coronabedingten Auswirkungen in den Ergebnissen bzw. Planungen in den vorgenannten Haushaltsjahren. Vor dem Hintergrund des langen Planungszeitraumes bis zum Jahr 2024 und der sich in der Pandemie bzw. auch nach deren Überwindung ändernden Planungsgrößen unterliegt diese Betrachtung größten Unschärfen hinsichtlich ihrer Belastbarkeit. Erst mit dem Überwinden der pandemischen Lage werden verlässlichere Prognosen bzw. Aussagen zur mittelfristigen Entwicklung der kommunalen Finanzwirtschaft, hier insbesondere zu den kommunalen Steuererträgen sowie damit korrespondierend den Erträgen im kommunalen Finanzausgleich möglich. Diese Stellgrößen beeinflussen maßgeblich, um nicht zu sagen fast ausschließlich, das Isolierungsvolumen im städtischen Haushalt.

 

Das Haushaltsjahr 2021 ist aus Finanzsicht daher meines Erachtens als pandemiebestimmtes Übergangsjahr anzusehen, in dem die städtische Haushaltswirtschaft weiterhin restriktiv zu führen ist und alle Möglichkeiten zu Ertragssteigerungen sowie Aufwandsreduzierungen ergriffen werden müssen. Die zwischenzeitlich in Rede stehende zusätzliche Kompensation des vorgenannt beschriebenen Volumens von rund 5 Millionen hätte in dieser Situation eine kaum zu bewältigende Kraftanstrengung bedeutet. Planerisch wäre dieser Kraftakt möglicherweise sogar gelungen, wenn Ertragsverbesserungen bzw. Aufwandsminimierungen in den Themen Personalkosten, Grundsteuern, Sach- und Dienstleistungen, Grundstücksverkäufe sowie Ausgleichsrücklage im internen und politischen Konsens hätten berücksichtigt werden können. Vor dem Hintergrund der tatsächlichen Umsetzbarkeit, unter anderem wegen des schon fortgeschrittenen Haushaltsjahres und der noch immer andauernden pandemischen Lage, sind hier aber berechtigte Zweifel angebracht.

 

Die Auseinandersetzung mit diesen Themen ist aber beileibe nicht vom Tisch. Mit dem Entwurf des nächstjährigen Haushaltes 2022 und der mittelfristigen Finanzplanung bis zum Jahr 2025 wird es entscheidend darauf ankommen die städtische Haushaltswirtschaft einerseits mindestens ausgeglichen zu gestalten, damit Kern und Zukunftsthemen wie zum Beispiel der Strukturwandel, die Digitalisierung, die Breitbandversorgung, der weitere Ausbau der Offenen Ganztagsschulen und der Kindertagesbetreuung sowie weitere Infrastrukturprojekte entsprechend finanziell gesichert sind, andererseits die pandemiebedingten Belastungen deutlich zu reduzieren. Dieser Prozess wird nicht ohne Einschnitte und Belastungen auskommen, die - so hoffe ich - wenn ich sie vorschlage, auch dann von all denen mitgetragen und mitverantwortet werden, die bereits heute danach rufen.

 

Bei allen eigenen Anstrengungen die wir uns vorgenommen haben, diese Ziele zu erreichen, und daran halte ich fest, bedarf es der flankierenden, substantiellen Unterstützung von Bund und Land über Entlastungen und/oder direkte Zuwendungen in diesem, wie auch im nächsten Jahr. Das ist nicht nur meine Meinung, sondern uneingeschränkter Konsens der gesamten kommunalen Familie in Bund und Land. Hier appelliere ich an Sie, uns bei dieser Forderung nach weiteren Rettungsschirmen nach Kräften zu unterstützen.